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Caselattis Eigentor

In der Causa „Gregoretti“ gegen Ex-Innenminister Matteo Salvini wirft Julia Unterberger der Senatspräsidentin Maria Casellati vor, „mit absurden Theorien die Überparteilichkeit über Bord geworfen zu haben“.

Von Matthias Kofler

Ex-Innenminister Matteo Salvini droht ein Prozess wegen Freiheitsberaubung. Ein Gericht in Catania reichte im Senat einen Antrag zur Aufhebung der Immunität des Lega-Chef ein, damit ein Prozess gegen ihn wegen im Zusammenhang mit den Migranten an Bord des Schiffes der italienischen Küstenwache Gregoretti im vergangenen Juli beginnen kann. Weil Salvini die im Mittelmeer geretteten Migranten vier Tage lang an Bord des Schiffes festgehalten hat, wirft ihm die Staatsanwaltschaft Freiheitsberaubung und Amtsmissbrauch vor.

Bevor die Aula über den Fall entscheidet, gibt die Wahlbestätigungskommission innerhalb von 30 Tagen hierzu ein Gutachten ab. Für die SVP sitzt Meinhard Durnwalder in der Kommission. Der Pusterer vertritt die Auffassung, dass Salvini nicht im Eigeninteresse, sondern im Interesse des Staates gehandelt habe. So argumentiert auch die Mitte-Rechts-Opposition. Der Innenminister habe demnach die Häfen geschlossen, weil ein Notstand geherrscht habe und sich untern den Einwanderern auch Terroristen befinden hätten können, welche die Sicherheit Italiens gefährdet hätten.

Da die Fraktionssprecher beschlossen hatten, dass in der Woche vor den Wahlen in der Emilia-Romagna und in Kalabrien keine Tätigkeit des Senats und der Kommissionen stattfindet, war die Mehrheit der Auffassung, dass auch die für Montag anberaumte Sitzung der Wahlbestätigungskommission stattfinden könne. Im Vorfeld der Wahlen will die Mehrheit Salvini nicht den Gefallen machen, sich als Märtyrer aufzuspielen. Die Opposition hingegen vertrat die Auffassung, die Wahlbestätigungskommission sei nicht mit normalen Kommissionen gleichzusetzen. Daher berief Senatspräsidentin Maria Caselatti (Forza Italia) zur Klärung dieser Frage die Geschäftsordnungskommission ein. Diese Kommission hatte sie auf Druck der Mehrheit kurz zuvor auf zwölf Mitglieder aufgestockt. Um alle Fraktionen zu vertreten, wurde Senatorin Julia Unterberger als neues Mitglied nominiert. Die SVP-Politikerin ist überzeugt, dass ein Gericht über den Fall Salvini entscheiden müsse. Sie bezweifelt, dass von den „armen Haschern und schwangeren Frauen“ eine konkrete Gefahr ausgegangen sei. Deshalb habe sich auch Minister Salvini an die Gesetze halten müssen.

Vor diesem Hintergrund wurde die gestrige Sitzung der Geschäftsordnungskommission mit Spannung verfolgt. Zur Überraschung der Mehrheit brachte Senatspräsidentin Caselatti zunächst den Antrag ein, dass die 30-Tage-Frist, in der die Wahlbestätigungskommission ihr Gutachten abgeben muss, bindend ist. Dieser Antrag wurde einstimmig gutgeheißen – mit der Folge, dass noch am selben Tag ein Gutachten zu Salvini hätte abgegeben werden müssen. Ansonsten hätte man die Entscheidung ohne Gutachten direkt an die Aula weiterleiten müssen. Gleichzeitig wurde auf Antrag der Mehrheit beschlossen, dass die Wahlbestätigungskommission mit allen anderen Kommissionen gleichgestellt wird. Das heißt: Sie darf in der Woche vor den Wahlen nicht zusammengekommen.

„Casellati hat gemerkt, dass sie mit ihrem Antrag ein gigantisches Eigentor geschossen hat“, berichtet Unterberger. Aufgrund der gefällten Beschlüsse hätte die Aula erst nach den Wahlen – und nicht am Montag, wie ursprünglich geplant – die Wahlbestätigungskommission über Salvinis Immunität entscheiden dürfen, wodurch dem Lega-Chef die Möglichkeit genommen wurde, sich bei den Wahlen als Märtyrer zu präsentieren. „Die Senatspräsidentin hat jedoch ihre Überparteilichkeit aufgegeben und mit absurden Theorien durchgesetzt, dass die beiden Beschlüsse, die im Bezug auf den konkreten Fall getroffen wurden, für den konkreten Fall nicht gelten“, ärgert sich die SVP-Politikerin.

Daher erachtet die Mehrheit, dass die Wahlbestätigungskommission am kommenden Montag widerrechtlich einberufen wurde und wird vermutlich aus Protest an der Sitzung nicht teilnehmen, kündigen die Fraktionssprecher der Mehrheit an. Somit wird die Kommission mit den Stimmen der Opposition zwar ein negatives Gutachten ausstellen – der Fall kommt später aber ins Plenum des Plenum des Senats und die Entscheidung dürfte dann wohl anders ausgehen. In jedem Fall wird diese Entscheidung erst nach den Wahlen in der Emilia-Romagna fallen. Meinhard Durnwalder wird voraussichtlich bei der Sitzung am Montag nicht erscheinen, weil er sich beim Schifahren einen Kreuzbandriss zugezogen hat.

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