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Der Airbnb-Protest

Airbnb wird Langzeitsponsor der Olympischen Spiele – auch 2026 in Italien und Südtirol. In Paris hat der Hotelverband die Zusammenarbeit ausgesetzt. Auch HGV-Präsident Manfred Pinzger ist verärgert.

von Heinrich Schwarz

Die Unterkunfts-Vermittlungsplattform Airbnb und das Internationale Olympische Komitee IOC haben eine Sponsoring-Vereinbarung für fünf Olympische Spiele bis zu den Sommerspielen 2028 in Los Angeles bekanntgegeben. Sie sprechen von einer innovativen Partnerschaft, um die Spiele effizient und nachhaltig durchzuführen.

Ziel sei es, durch die Bereitstellung von Betten den Bedarf an Neubauten und damit Kosten zu reduzieren (und der Bevölkerung Einnahmen zu ermöglichen) sowie den Sportlern neue Marketing-Kanäle zu eröffnen.

Doch die Partnerschaft sorgt für heftige Kritik – insbesondere in Paris, wo die Olympischen Sommerspiele 2024 stattfinden. Die Stadtverwaltung kritisiert, dass Airbnb-Vermietungen den Wohnungsmangel verschärfen und die Mietpreise in die Höhe treiben.

Und der französische Hotelverband hat aus Protest seine Teilnahme an den Vorbereitungen für die Spiele ausgesetzt. Er zweifelt daran, dass Airbnb die gleichen Regeln befolgen muss wie das Hotelgewerbe, und er kritisiert, dass Airbnb in Frankreich überhaupt keine Steuern zahle. „Das ist kein einfacher Ärger mehr, das ist nackte Wut“, wird der Hotelverbands-Präsident in den Medien zitiert.

Das Airbnb-Sponsoring betrifft auch die Olympischen Spiele 2026 in Italien und Südtirol. Die TAGESZEITUNG hat mit Manfred Pinzger, Präsident des Hoteliers- und Gastwirteverbandes, gesprochen.

Tageszeitung: Herr Pinzger, wie hat der HGV die Partnerschaft zwischen den Olympischen Spielen und Airbnb aufgenommen?

Manfred Pinzger: Grundsätzlich haben wir einen freien Markt, wo Angebot und Nachfrage entscheidet. Wir haben aber einen großen Dienst geleistet, um ein ausreichendes Kontingent an Betten zusammenzubekommen, damit Italien überhaupt den Zuschlag kriegen konnte. Von Airbnb habe ich da weit und breit nichts gesehen, während sich unsere Mitgliedsbetriebe und Funktionäre bewegt und auch für Cortina Betten bereitgestellt haben. Deshalb waren wir schon sehr verwundert, dass jetzt dieser Sponsorvertrag mit Airbnb abgeschlossen worden ist. Wobei dieser Vertrag für uns – gerade im Hochpustertal – operativ bei Olympia nicht unbedingt eine Rolle spielt. Aber für Airbnb ist es eine Imagefrage und eine weitreichende Investition. Wir sind schon sehr überrascht und können es nicht ganz nachvollziehen.

Sie haben es angesprochen: Der HGV musste Hotelzimmer zu vordefinierten Preisen zusammenkratzen, damit der Olympia-Zuschlag überhaupt möglich wurde. Kann man jetzt sagen, dass Airbnb der gemütliche Teil bleibt und die Einnahmen der Hotels sinken könnten?

Ja, sicher – wobei ich die Initiative von Airbnb nicht direkt mit den Olympischen Spielen in Verbindung bringe, weil Airbnb das Angebot nicht hat. Wir haben das Angebot und werden die Betten weiterhin liefern. Nur für Airbnb ist es eben eine weitreichende, mittel- und langfristige Prestigewerbung. Da hat man uns als Gesamthotellerie nicht den Vorbedingungen entsprechend behandelt. Deshalb sind wir – das kann man ganz klar sagen – sehr enttäuscht.

Hat das Konsequenzen auf das zukünftige Verhalten hinsichtlich Olympia?

Wir haben das Thema Dienstag letzter Woche in Rom anlässlich einer Ausschusssitzung des Dachverbandes Federalberghi behandelt. Generaldirektor und Präsident haben schon erste Gespräche in Rom aufgenommen, aber nachdem das Thema hochaktuell ist, habe ich noch keine Rückmeldung.

Wie lautet Ihre Position?

Unsere Position ist folgende: Wir haben alle Register gezogen und geholfen, dass wir Olympia 2026 zustande bringen – und müssen jetzt feststellen, dass sich nach außen hin ein für unsere Begriffe unseriöser Partner, der relativ wenig zum Entstehen und Funktionieren der Spiele beigetragen hat, in Form eines Sponsorings vorzeigt. Das hätten wir auf staatlicher Ebene mit allen Regionen sicher auch gemacht. Jetzt nimmt man es zur Kenntnis und ist natürlich schon sehr enttäuscht.

Es bleibt somit beim verbalen Ärger ohne konkrete Folgen?

Wir sind ja insgesamt froh, dass die Spiele stattfinden. Was bleibt uns übrig? Uns bleibt in dieser Situation nicht viel anderes übrig als den Entscheidungsträgern auszudrücken, dass wir sehr enttäuscht sind. Dass wir unseren Job gemacht haben und beigetragen haben – auch für Cortina –, dass die Vorverträge für die Betten zusammenkommen. Diese Sponsorvereinbarung stört uns jetzt natürlich.

Der Pariser Hotelverband hat die Zusammenarbeit ausgesetzt und möchte erst einmal von den Verantwortlichen wissen, ob Airbnb die gleichen Regeln befolgen muss wie das Hotelgewerbe…

Das ist klar. Zwischen der Zahlung der Ortstaxe bis hin zu den verschiedensten Auflagen müssen wir viele Dinge erfüllen. Wir haben überhaupt kein Problem mit neuen, modernen Unterbringungsmöglichkeiten, aber die Auflagen müssen entsprechen. Das ist halt nicht der Fall, weshalb wir die ganze Vorgangsweise absolut unseriös finden. Uns lässt man die Drecksarbeit machen und dann macht man so eine Vereinbarung. So etwas kann einem nur in Italien passieren und gibt es in normalzivilisierten Staaten wahrscheinlich kaum.

Wie lauten Ihre allgemeinen Kritikpunkte zu Airbnb?

Airbnb-Vermietung muss natürlich von den einzelnen Gemeinden kontrolliert werden. Aber sie haben leider Gottes alle kein besonderes Rückgrat. Dabei wäre die gesetzliche Norm klar. Aber kontrolliert wird immer nur auf einer Seite. Dort, wo eigentlich zu kontrollieren wäre und wo es zu Ungereimtheiten kommt, drückt man beide Augen zu. Deshalb ist meine Position ganz klar: Auch in Südtirol – abgesehen von wenigen Ausnahmen – drücken die Gemeinden die Augen zu und akzeptieren unlautere Situationen. Das ist sicherlich mehr als falsch.

Das hieße: Wenn jede Unterkunft auf Airbnb gemeldet ist, regulär Steuern und Ortstaxe zahlt und die Standards einhält, wäre das überhaupt kein Problem?

Ja, natürlich. Das ist eine neue Form des Wettbewerbs, der man sich stellen muss. Aber es darf keine unlautere Situation geben.

Bleibt auch noch die Kritik, dass die Internetkonzerne kaum Steuern zahlen…

Auch dieses Thema verfolgen wir aufmerksam und reagieren entsprechend.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (6)

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  • tiroler

    Pinzger, mal langsam, bei allem Verständnis für die Gastwirte, die ja sehr viel Steuern zahlen:
    Schau dir doch mal die ganzen Ferienwohnungen der Landwirte an:
    voll bezuschusst, minimale Gis, Null Steuern(bestes Beispiel Alfreider, Deeg, Leiter Reber)
    Aber gegen diese Lobby bleibt auch Schwergewicht Pinzger still

    • meintag

      Pinzger, der seine politische Tätigkeit in seiner Heimatgemeinde begonnen hat weiss dass er gegen die Landwirtlobby kein negatives Wort verlieren darf. Sein Landhotel war früher einmal „die“ Bar Treffpunkt der Bauern Politik.

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