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Die Sturz-These

Für die Verteidiger des Rittner Lift-Präsidenten Siegfried Wolfsgruber kann das Strafverfahren zum tödlichen Rodelunfall nur mit einer Archivierung enden. 

Von Thomas Vikoler

Unklare Beschilderung, schlechte Positionierung der gelben Hinweistafel unterhalb der Bergstation und versäumte Abgrenzung der Rodel- bzw. Fußgängerbahn zur Skipiste. So lässt sich das Ergebnis des Gerichtsgutachtens zusammenfassen, das der Trienter Skipisten-Experte Ernesto Rigoni kürzlich am Landesgericht präsentierte.

Ein Gutachten im Beweissicherungsverfahren zum tödlichen Rodelunfall der 38-jährigen Renata Dyakowska und ihrer achtjährigen Tochter Emily Formisano im Jänner am Rittner Horn.

Es belastet einen der beiden verbliebenen Beschuldigten, den Rittner Lift-Präsidenten Siegfried Wolfsgruber (die TAGESZEITUNG berichtete). Doch seine Verteidiger Andreas Agethle und Paride D’Abbiero sehen das etwas anders. Ihr Sachverständiger, der Trentiner Ingenieur Andrea Boghetto, teilt die Feststellungen des Gerichtsgutachters zur Beschilderung keineswegs. Am wenigsten die Behauptung Rigonis, die beiden Rodlerinnen könnten die gelbe Hinweistafel mit den Angaben zur Rodelbahn (einsprachig) und die schwarze Skipiste Schwarzsee II übersehen haben.

Unmöglich, sagt Boghetto, der in den nächsten Wochen im Beweissicherungsverfahren vor Richter Emilio Schönsberg aussagen wird.

Die Verteidiger haben in Rigonis Gutachten allerdings eine weitere Feststellung entdeckt, die dem Verfahren aus ihrer Sicht eine entscheidende Wendung geben wird. In Richtung Einstellung des Strafverfahrens zum Verdacht der fahrlässigen Tötung gegen Lift-Präsident Wolsgruber.

Der Gerichtsgutachter geht nämlich davon aus, dass Renata Dyakwoska und ihre Tochter im oberen Teil der Schwarzseepiste II gestürzt sein müssen. Und zwar in einer Linkskurve vor dem bis zu 60 Prozent steilen Abhang, an dessen Ausläufern die Rodel mit Mutter und Tochter gegen einen Baum prallte.

„Nicht einmal ein Olympiasieger hätte die Strecke sturzfrei mit der Rodel bewältigen können“, schreibt Rigoni in seinem Gutachten. Auch weil die Skiabfahrt an jenem Tag wegen des starken Windes vereist war. Und Renata Dyakowska absolut ungeeignete Schuhe trug: Leichte Winterschuhe mit dem (nachgemachten) Logo der Marke Fila.

Wolfsgrubers Verteidiger schleißen daraus, dass die Mutter trotz eines Sturzes fahrlässigerweise auf der steilen Skipiste weitergefahren ist. „Dadurch wäre der Kausalnexus zwischen einer hypothetisch unklaren Beschilderung und dem Ereignis unterbrochen“, sagt Anwalt D’Abbiero.

Dass die Verantwortlichkeit, wennschon, bei der einige Wochen nach dem Unfall verstorbenen Renata Dyakowska liegt, schließt er auch aus einer Zeugenaussage des ebenfalls unter Ermittlung stehenden Ehemannes Ciro Formisano. Dieser hatte erklärt, er habe seine Ehefrau davor gewarnt, mit der Rodel von der Bergstation abzufahren. „Non scendere“. Formisano selbst fuhr mit dem Sohn mit der Umlaufbahn talwärts.

 

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