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Unklare Beschilderung

Wende in der Ermittlung zur Rodel-Tragödie am Rittner Horn: Laut Gerichtsgutachter entsprach die Beschilderung nicht den staatlichen Normen, die Rodelbahn hätte mit einem Netz abgetrennt werden müssen. Und: Sprache ist unerheblich.

Von Thomas Vikoler

Die Touristin Renata Dyakowska und ihre Tochter Emily Formisano waren sich möglicherweise nicht bewusst, auf welches Abenteuer sie sich einließen. Weil sie nicht auf Anhieb verstehen konnten, ob sie auf einer Rodelbahn oder auf einer Skipiste abfuhren.

Die Ursache: Die mutmaßlich unklare Beschilderung im Bereich der Bergstation.

Das ist das Ergebnis eines Gerichtsgutachtens, das nun im Rahmen eines Beweissicherungsverfahrens am Bozner Landesgericht vorgestellt wurde. Es stammt von Ernesto Rigoni, Experte für Skipisten-Bau aus Trient.

Er sollte im Auftrag von Richter Emilio Schönsberg herausfinden, ob die Beschilderung und Pistenabgrenzung den staatlichen Normen entsprach oder nicht. Die Antwort: Nein. Rigoni kommt zum Schluss, dass sie unklar und dazu geeignet war, die Rodler in die Irre zu führen. Nicht nur das: Die Rodelbahn, welche die Mutter und die Tochter wohl ansteuerten, von einem Sicherheitsnetz von den beiden Skipisten hätte abgegrenzt werden müssen.

Zur Erinnerung: Am 4. Jänner dieses Jahres kam es auf der Piste Schwarzsee II zu einer Tragödie. Renata Dyakowska, 38, und ihre Tochter Emily Formisano, rasten mit einer geliehenen Rodel über die als gefährlich (schwarz) eingestufte Piste und prallten gegen einen Baum. Das Mädchen verstarb an der Unfallstelle, die Mutter nach einigen Monaten in einem Krankenhaus in Reggio Emilia, wo die Familie wohnte.

Die Staatsanwaltschaft beantragte die Einstellung des Verfahrens zum Verdacht der fahrlässigen Tötung gegen zwei Personen: Siegfried Wolfsgruber, dem Präsidenten der Rittner Liftgesellschaft, und Ciro Formisano, dem Ehemann/Vater der beiden Verstorbenen. Zweiterer stellte sich mit einer Beschwerde gegen den Antrag auf Einstellung des Verfahrens, Vorverhandlungsrichter Emilio Schönsberg ordnete ein Beweissicherungsverfahren zur Klärung der Sicherheitslage im Bereich der Bergstation an.

Sein Gutachter Ernesto Rigoni schreibt nun in seinem Gutachten, dass die Beschilderung nicht ausreichend war. Die Skifahrer/Rodler mussten sich nach dem Ausstieg aus der Bahn für eine der drei möglichen Abfahrten entscheiden. Zwei Skipisten, eine Rodelbahn, die zunächst auf einer kurzen Distanz gemeinsam verliefen. Dann folgte das Schildergestell mit dem Hinweis auf die Pisten des Gebiets und die Rodelbahn. Ein Symbol mit der einsprachigen Aufschrift Rodelbahn, die nach der Rode-Tragödie für ethnopolitische Diskussionen sorgte. Die Rodlerinnen könnten wegen der Einsprachigkeit der Aufschrift die Einfahrt in die Rodelbahn verfehlt haben.

Zu diesem Ergebnis kommt Gutachter Rigoni nicht. Die Sprach-Frage ist für ihn unerheblich, die Schilder sind für ihn zu weit in Richtung Tal platziert. „Die Benutzer erfahren zu spät, wohin die Fahrt geht“, schreibt Gutachter Rigoni. Die Schilder hätten also näher zur Bergstation aufgestellt werden müssen.

Die zweite wichtige Feststellung: Die Rodelbahn, die mit einer Kurve vom gemeinsamen Bereich abzweigt, hätte mit einem Sicherheitszaun von den Skipisten abgetrennt werden müssen. Dadurch wäre der tödliche Irrtum, zumindest hypothetisch, vermieden werden können.

Das Rigoni-Gutachten wird nun auf einer weiteren Verhandlung von den Sachverständigen der beiden Beschuldigten diskutiert. Dann gehen die Akten zurück an die Staatsanwaltschaft.

Eines lässt sich bereits jetzt sagen: Die prozessuale Position von Lift-Präsident Wolfsgruber hat sich durch das Gerichtsgutachten verschlechtert.

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