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Die Mogelpackung

Das vom Regionalrat ausgeheckte Rentensystem erweist sich als wundersamer „Geldvermehrer“: Ein Abgeordneter bekommt das Fünffache dessen an Pension ausbezahlt, was er an Beiträgen eingezahlt hat. Und die Opposition schaut staunend zu.

von Matthias Kofler

Sepp Noggler will mit der großen Rentenreform, die in der kommenden Woche im Regionalrat behandelt wird, sein politisches Lebenswerk abrunden. Die Leibrenten der Politiker sollen auf neue Füße gestellt werden. Laut den Vorgaben Roms müssen die Pensionen der ehemaligen Abgeordneten nach dem beitragsbezogenen System neu berechnet werden. Genau das sieht der Gesetzentwurf des Regionalratspräsidiums, der am Montag von der zuständigen Gesetzgebungskommission abgesegnet wurde, auch vor.

Doch mit einigen Tricks stellt der Regionalrat sicher, dass sich – trotz Reform – für die Ex-Politiker finanziell rein gar nichts ändern wird. Sie dürfen nicht nur ihre höchstumstrittenen Vorschüsse behalten, sondern bekommen in den meisten Fällen auch weiterhin eine monatliche Leibrente von 4.127,27 Euro brutto (3.000 Euro netto) ausbezahlt. So wie bisher. Damit nicht genug: Die SVP hat einige Abänderungen am Ursprungstext vornehmen lassen, die das neue Rentengesetz für die Abgeordneten noch vorteilhafter machen als das Kompatscher-Rossi-Gesetz von 2014: So wird die 9.000-Euro-Obergrenze für parlamentarische Mehrfachrenten abgeschafft – zur Freude von Siegfried Brugger, Oskar Peterlini und Co.

Die Vorschüsse zugunsten der Abgeordneten, die erst in Pension gehen, werden auf der Grundlage einer aktualisierten Lebenserwartungs-Tabelle berechnet. Die Rente kann ohne Abzüge bereits mit 60 Jahren bezogen werden. Zudem werden die Solidaritätsbeiträge abgeschafft, die jene Altmandatare zahlen mussten, die sich bei der Thaler-Reform von 2012 gegen eine Kürzung entschieden hatten. Noggler argumentiert damit, dass die Staat-Regionen-Konferenz ein reines beitragsbezogenes System ohne Obergrenzen und ohne Solidaritätsbeiträge vorsehe. Daran halte sich der Regionalrat.

„Es kann nicht sein, dass wir die Altmandatare mit dem neuen System dort schädigen, wo wir sie schädigen können, während wir all das, was ihnen zugute kommt, nicht gelten lassen“, meint er. Was der SVP-Politiker unterschlägt: In keiner anderen Region wurden den Altmandataren Renten-Vorschüsse im sechsstelligen Bereich ausbezahlt – und das sofort, wenn sie in Pension gehen. Ein beitragsbezogenes System sieht vor, dass die Rente auf der Grundlage der Beiträge berechnet wird, die der Einzelne während seiner Arbeitsjahre eingezahlt hat. Beim neuen Rentengesetz werden aber sowohl die Vorschüsse als auch die bis dato schon ausbezahlten Pensionen nicht mitgezählt.

Eine Mogelpackung, da die Vorschüsse in den meisten Fällen die Beträge, die von den einzelnen Mandataren einbezahlt wurden, um ein Vielfaches übersteigen. Die Neuberechnung der Pensionen fußt auf der Mandatsdauer (zehn bis 40 Jahre) und dem Zeitraum der Bekleidung des Amtes. Bis in die 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts waren die eingezahlten Beiträge sehr gering: Im Jahr 1963 beispielsweise beliefen sie sich auf gerade einmal 180 Euro. Beim beitragsbezogenen Rentensystem stünde den Altmandataren der 60er Jahre nur eine Mini-Rente zu. Doch die in diesem Falle leidtragenden Politiker sind längst verstorben. Ab den 80er Jahren sind die eingezahlten Beiträge sukzessive gestiegen und erreichten bis zum Schluss ein Ausmaß von 30 Prozent (39.104,78 Euro pro Jahr).

Abgeordnete, die bis mindestens 2013 im Landtag saßen – Andreas Pöder, Rosa Thaler, Hanspeter Munter, Eva Klotz, Luis Durnwalder, Richard Theiner, Donato Seppi und viele mehr –, müssen nach der Neuberechnung ihrer Pension überhaupt keine Einbußen hinnehmen. Obwohl das neue Gesetz äußerst vorteilhaft für sie ist, fordern die Altmandatare weitere Nachbesserungen. So sollen für die Neuberechnung der Pensionen nicht die ersten, sondern die letzten acht Beitragsjahre berücksichtigt werden. Sie führen das Beispiel von Alt-LH Luis Durnwalder ins Feld, der 587.506,00 Euro an Rentenbeiträge eingezahlt hat. Laut dem beitragsbezogenen System stünde ihm eine Rente von 16.000 Euro im Monat zu, was ihm Noggler und Co. aber nicht gewähren wollen. Das Gesetz sieht eine Untergrenze von 1.300 Euro und eine Obergrenze von 4.127 Euro vor. Allerdings hat Durnwalder schon einen Vorschuss von 733.246,90 Euro erhalten.

Wenn man bedenkt, dass die Altmandatare 20, 30 eine Pension beziehn, dann wird ihnen unterm Strich das Vier- bis Fünffache dessen ausbezahlt, was sie selber eingezahlt haben. Das Noggler-System: Ein wundersamer Geldvermehrer. Und die Opposition schaut staunend zu. Ulli Mair, Alex Marini, Maria Rieder und Riccardo Dello Sbarba enthielten sich in der Gesetzgebungskommission der Stimme. Die Freiheitlichen und die Grünen, in deren Reihen einige Luxus-Rentner sitzen, wollen sich zur Problematik nicht äußern. Der Grillino Marini verweist darauf, dass der Regionalrat im Prinzip das umsetze, was der Movimento 5 Stelle in Rom vorgebe: den Umstieg auf das beitragsbezogene Rentensystem. Der TK-Politiker Paul Köllensperger, der von der Rentengeschichte stark profitiert hat und mit sechs Abgeordneten im Landtag sitzt, meint: „Wir haben gegen alle Abänderungsanträgen der SVP gestimmt.

Übrigens nur wir und der M5S. Die Rentenvorschüsse selbst werden im Gesetz nicht mehr behandelt. Der Umstieg auf ein beitragsbezogenes System ist prinzipiell richtig. Deshalb die Enthaltung.“ Diese ändere aber nichts an der Haltung seiner Bewegung zu den Vorschüssen – gegen diese sei er gerichtlich vorgegangen, habe ein eigenes Gesetz und eine Reihe von Abänderungsanträgen zum SVP-Gesetz von 2014 vorgelegt.

„Sobald der Regionalratspräsident uns eine Antwort auf meine Anfrage gibt, wird man klar sehen, dass die armen Altmandatare, die die SVP ja schützen wollte, mehr bekommen haben als eingezahlt. Aber dieses neue Gesetz greift nicht rückwirkend.“ Gegen die Vorschüsse, so ist Köllensperger überzeugt, habe das Team K „alle Möglichkeiten ausgeschöpft“.

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Kommentare (32)

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  • george

    NTZ wie oft wollt ihr denselben Brei noch aufwärmen. Besser wäre es, wenn ihr endlich einmal darlegen würdet, wie man gegen solche hintertückische Vorhaben vorgehen könnte, welche gesetzlichen Möglichkeiten es dazu gibt. Dass die Opposition nur zuschaut, ist auch nicht wahr, ihr könnt nur gegen sie polemisieren. Dadurch stützt ihr jene, die die hintertückische Vorgehen in die Wege leiten und bestimmen. Pfui!

  • pingoballino1955

    Die SVP soll sich merken: alte Sünden werfen l a n g e Schatten !!!! Das wird sich bei den kommenden Gemeinderatswahlen bemerkbar machen!!!

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