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Die verurteilte Ärztin

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Eine Südtiroler Ärztin wird rechtskräftig dafür verurteilt, dem Land 54.476 Euro an Zinsen für nicht eingehaltene Facharzt-Verpflichtungen zu zahlen. Wegen fehlender Rechtfertigung.

von Thomas Vikoler

Nicht wenige Südtiroler Ärzte ziehen es vor, im Ausland zu bleiben. Auch nachdem sie dort – auf Landeskosten – ihre Facharztausbildung absolviert haben und daraufhin eigentlich für fünf Jahre in einem Südtiroler Spital arbeiten müssten.

Sie ziehen es vor, so wie im entsprechenden Landesgesetz vorgesehen, bis zu 70 Prozent des Landesbeitrages für die Facharztausbildung zurückzuzahlen. So wie es im Jahre 2012 eine gebürtige (italienischsprachige) Bozner Ärztin getan hat, die in Graz zur Kinderärztin ausgebildet worden war.

Sie zahlte „freiwillig“ 70 Prozent der 97.816,94 Euro zurück, die ihr vom Land in Raten überwiesen worden waren.

Nach der erfolgten Rückzahlung erhielt sie im Jahre 2013 vom Land Südtirol ein Schreiben, mit dem sie aufgefordert wurde, weitere 54.476,88 Euro zu zahlen: Die gesetzlichen Zinsen, die zwischen der Auszahlung der einzelnen Raten und deren 70-prozentigen Rückzahlung angereift waren.

Gegen das entsprechende Dekret zog sie vor Gericht. Zunächst mit Erfolg. Das Bozner Zivilgericht hob es mit der Begründung auf, dass die gesetzlichen Zinsen nicht automatisch zu entrichten wären. Die Landesverwaltung habe laut Gesetz einen gewissen Ermessensspielraum bei der Berechnung der Zinsen. Etwa sei die Rechtfertigung der Antragstellerin für die Nicht-Erfüllung ihrer Verpflichtung zur fünfjährigen Rückkehr nach Südtirol mit zu berücksichtigen.

Das Oberlandesgericht Bozen kehrte das Urteil um und verurteilte die Ärztin zur Zahlung der gesamten 54.476,88 Euro. Die Entscheidung des OLG wird nun von einem Spruch der Kassation bestätigt.

Demnach hat die Landesverwaltung bei der Berechnung der Zinsen keinen Ermessensspielraum – aber allein dann, wenn sich die Antragsteller für die Nicht-Einhaltung ihrer vertraglichen Verpflichtung nicht gerechtfertigt haben. Etwas indem sie erklären, sie seien aus familiären Gründen oder fehlendem Zweisprachigkeitsnachweis nicht nach Südtirol zurückgekehrt.

Die Bozner Ärztin hatte diese Rechtfertigung verabsäumt – auch weil sie die 70 Prozent des Landesbeitrages freiwillig zurückzahlte.

Der Spruch der Kassation gründet u.a. auf einem Urteil des Europäischen Gerichtshof aus dem Jahre 2017 zu einem Fall eines Arztes, der dem Land – neben der Förderung für die Facharzt-Ausbildung in Höhe von 68.515 Euro – 51.418 Euro an Zinsen zahlen musste.

 

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