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Einsame Haufen

Die Drei Zinnen als touristischer Hotspot, aber es gibt ein Problem: Die großen Schutzhütten schließen bereits Ende September, gleichzeitig kommen an schönen Oktobertagen immer noch hunderte Besucher. Für all diese Menschen gibt es nicht nur keine Verpflegung, sondern auch keine Toiletten.

von Silke Hinterwaldner

Es war an einem dieser unvergleichlich schönen Herbsttage: Bereits auf dem Weg hinauf Richtung Drei Zinnen zeigte sich, dass oben am Ziel viel los sein würde. Wieder einmal. Denn auch jetzt noch, Mitte Oktober, zieht es bei schönem Wetter hunderte von Wanderern und Tagestouristen hinauf in das Weltnaturerbe.

Bergführer Christian* kennt das Gebiet wie seine Westentasche. In den warmen Monaten begleitet er drei oder sogar vier Mal die Woche eine Gruppe Wanderer in das Gebiet rund um die Drei Zinnen. Denn eines ist unbestritten: Ähnlich dem Pragser Wildsee sind die Drei Zinnen allerspätestens seit der Ernennung zum Unesco-Weltnaturerbe zu einem Hotspot geworden. Die Gäste kommen aus Asien, aus Amerika, es kommen viele Italiener, aber auch Deutsche, Holländer, Franzosen, Engländer, es zieht Besucher aus der ganzen Welt in diese einmalige Bergwelt. „Alles schön und gut“, sagt Christian, „die Drei Zinnen sind zu einem Wahrzeichen geworden, zu einem Magnet für den Tourismus in Südtirol. Aber, was bitteschön, sollen die ganzen Leute dort oben nach Ende September machen?“

Was er damit meint, ist in wenigen Worten erklärt: Sowohl die Drei-Zinnen-Hütte  als auch die Lavaredo-Hütte beenden ihre Sommersaison Ende September. Das bedeutet für tausende von Wanderern, die sich nach diesem Termin auf in die Berge machen, dass sie vor verschlossenen Türen stehen. „Sehr oft“, sagt der Bergführer, „trifft man oben bei der Drei-Zinnen-Hütte auf Leute, die fassungslos feststellen müssen, dass sie hier nichts bekommen, keinen Kaffee, kein Wasser, keinen Apfelstrudel.“ Aber das könnte man unter Umständen noch verkraften. Was in seinen Augen viel schwerer wiegt: Es gibt auch weit und breit kein Klo. Man mag sich das gar nicht vorstellen: Hier treffen an einem schönen Herbsttag bis zu 1.000 Leute zusammen, die nicht einmal die Möglichkeit haben, dieses Bedürfnis zu erledigen. Hinter beinahe jedem Stein, sagt deshalb Christian, der Bergführer, muss man deshalb aufpassen, dass man nicht irgendwo hineintritt.

Und er fügt noch hinzu: „Ich verstehe es einfach nicht: In Sexten und Toblach hat man unter großem Aufwand heuer die Bergsteigerjubiläen gefeiert, sogar Spiegel hat man in die Berge geflogen. Aber umgekehrt ist man nicht imstande, für die vielen Wanderer bei den Drei Zinnen nach dem 29. September zumindest ein Dixi-Klo aufzustellen.“ Dabei darf man eines nicht vergessen: Die Drei Zinnen sind nicht nur ein touristischer Hotspot, sondern auch eine Art Visitenkarte für die Dolomiten und für Südtirol. Wenn dort oben gewissermaßen vorsintflutliche Zustände herrschen fällt das auch auf den guten Ruf des Tourismuslandes Südtirol zurück. Ganz zu schweigen von den vielen Besuchern, die empört darauf reagieren, dass sie am Ziel ihrer Wanderung vor verschlossenen Türen stehen. Bergführer Christian spricht von chaotischen Zuständen.

In den vergangenen Jahren hat sich einiges geändert: Das Wetter ist im Herbst mittlerweile meist stabil, die Hotels halten länger offen und es kommen insgesamt sehr viel mehr Menschen, um die Drei Zinnen zu sehen. Aber dieser Entwicklung wird oben am Berg einfach nicht Rechnung getragen.

Dabei muss man wissen: Die Drei-Zinnen-Hütte gehört dem CAI Padua. Das Land Südtirol soll zwar versucht haben, dieses strategisch wichtige Haus zu erwerben, aber aus dem Geschäft wurde nichts. Das bedeutet nun: Die Hütte wird zwar mit Hugo Reider von einem Südtiroler geführt, aber dem Besucher wird schnell klar, dass hier die Infrastruktur längst nicht mehr die Masse an Touristen fassen kann, die täglich aus unterschiedlichen Richtungen dieses Ziel anpeilt. Die Hütte ist in die Jahre gekommen, oft bilden sich lange Schlangen, weil die Menschen auf etwas zu Essen oder zu Trinken warten und eben auf die Toilette müssen. Die Drei-Zinnen-Hütte hält meist genau drei Monate lang offen: vom 29. Juni bis zum 29. September. Sowohl in der Zeit vorher als auch in der Zeit danach gibt es keine Versorgung in diesem Gebiet.

Man kann den Hüttenwirt oder die Besitzer der Hütte freilich nicht dazu zwingen, länger offenzuhalten, sagt auch der Bergführer, aber im Sinne der vielen Wanderer sollte man nach einer Lösung suchen und zumindest eine Art Notfallplan anbieten: Ein Klo, vielleicht eine kleine Bar, einen Unterschlupf. Er sagt: „Man kann doch nicht auf der einen Seite Werbung machen mit den Drei Zinnen und auf der anderen Seite bietet man nicht einmal ein Minimum an Service und zumindest sanitäre Anlagen.“

Bergführer Christian ist heuer im Oktober besonders oft zu den Drei Zinnen hoch. Das Wetter war gut, es war warm und wirklich schön, sagt er. An solchen guten Tagen zählte er bis zu 500 Autos allein am Stellplatz bei der Auronzohütte, dazu kommen viele mit Startpunkt im Fischleintal oder auch aus anderen Richtungen. Oben bei der Drei-Zinnen-Hütte war es denn auch keine Seltenheit, dass sich bis zu 1.000 Leute aufhielten, obwohl das Haus geschlossen hatte. „Das sind mehr“, sagt Christian, „als es bei anderen Hütten an den besten Tagen in der Hochsaison gibt. So etwas muss man sich vorstellen.“   Dasselbe gilt auch vor dem Start in die Sommersaison Ende Juni: Sobald es schönes Wetter gibt, zieht es die Besucher hinauf auf die Zinnen. Aber in dieser Zeit, im Frühsommer und im Spätherbst kann einem das Wetter auch einen Strich durch die Rechnung machen. Wie heuer, als oben auf den Bergen länger als üblich viel Schnee lag. Auch das gehört zu einem Leben auf der Schutzhütte, nur zwischen Ende Juni und Ende September ist das Wetter in den Bergen zumindest halbwegs stabil.

*Name von der Redaktion geändert

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (8)

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  • george

    Ihr habt die Geister gerufen, meist des Geldes willen, das ihr geglaubt habt, dass es nicht stinkt. Jetzt werdet ihr die Geister nicht mehr los und müsst noch dazu in ihre Sch….e treten und jetzt stinkt es euch doch. Aber den Dreck aufräumen, den sie euch hinterlassen, sollten andere sorgen und zahlen.

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