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Der Betriebsunfall

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Nach der peinlichen „Alto-Adige“-Polemik ist LH Arno Kompatscher darum bemüht, den Schreibkodex für die Landesgesetze zu reformieren. Es ist dies kein leichtes Unterfangen.

Von Matthias Kofler

Die Landesregierung hat am Dienstag auf die peinliche „Alto-Adige“-Affäre reagiert – und ein Ad-Hoc-Europagesetz verabschiedet.

Zur Erinnerung: Bei der Debatte zum Europagesetz ist es im Landtag zum Eklat gekommen. Die SVP hatte einen Abänderungsantrag der Süd-Tiroler Freiheit gutgeheißen, mit dem Artikel 1, Absatz 2, der das Außenamt des Landes in Brüssel regelt, abgeändert wurde. Myriam Atz Tammerle forderte die Ersetzung des Wortes „Südtiroler Territorialsystem“ durch „Südtirol“, denn „Territorialsystem“ komme aus den Zeiten des Absolutismus. Auch vom Amt für Sprachangelegenheiten gebe es Zustimmung zu dieser Vereinfachung. Der Landeshauptmann unterstützte den Antrag der Süd-Tiroler Freiheit. Er übersah aber, dass die deutsche und italienische Textfassung – wohl aus Absicht – nicht mehr übereinstimmen. Während im deutschen Text von „Südtirol“ die Rede ist, wurde in der italienischen Fassung „Alto Adige“ mit „Provincia di Bolzano“ übersetzt.

Gegen die Abänderung lief der Abgeordnete Alessandro Urzì Sturm. Auch Regionenminister Federico Boccia und der Koalitionspartner Lega forderten, die Abänderung umgehend rückgängig zu machen.

Nun hat die Landesregierung eine neue Textfassung vorgelegt. Brisant: Die SVP-Lega-Koalition ändert damit nicht nur den umstrittenen zweiten Absatz ab, sondern ersetzt auch beim ersten Artikel (der vom Plenum nicht abgeändert wurde) den Begriff „della provincia di Bolzano“ mit „altoatesino“.

Die Abgeordneten haben angesichts dieses Begriffs-Wirrwarrs den Überblick verlorenen. Selbst LH Kompatscher ließ sich von der allgemeinen Verunsicherung anstecken – und verwechselte bei der wöchentlichen Pressekonferenz nach der Sitzung der Landesregierung die Begriffe „Alto Adige“ und „provincia di Bolzano“ .

Gegenüber der TAGESZEITUNG stellt Kompatscher klar: „Meine Aussage in der Pressekonferenz bezog sich darauf, dass wir im Plenum des Landtages einen Antrag der STF angenommen haben, mit welchem im deutschen Text „breite Beteiligung des Territorialsystem Südtirols“ – und hier habe ich wohl fälschlicherweise von „Provinz Bozen” gesprochen – durch „Stärkung der Präsenz Südtirols“ ersetzt worden ist. Ich halte diese Entscheidung auch heute noch für richtig und nachvollziehbar. In der Tat ist es Ziel des Gesetzes, dass mit unserer Vertretung das Land Südtirol in seiner Gesamtheit stärker in Brüssel präsent ist. Der Begriff „Territorialsystem Südtirol“ trifft das nicht und ist außerdem zweifelhaftes Deutsch.“

Die Abänderung – ein reiner Betriebsunfall? Laut Kompatscher bestand der „Fehler“ allein darin, „dass wir mit dem Abänderungsantrag gleichzeitig eine italienische Version angenommen haben, die sprachlich nicht entsprechend ist“. Mit anderen Worten: „Wenn wir im Deutschen ,Südtirol’ schreiben, ist es nachvollziehbar, dass von italienischer Seite der analoge Begriff ,Alto Adige’ –und nicht „provincia di Bolzano“ – vorgeschlagen wird, auch wenn in der Vergangenheit das oft anders gehandhabt worden ist. Es gibt kein schlüssiges Argument das sich dagegen ins Feld führen ließe.“

Mit dem Ergebnis, den die Landesregierung am Dienstag verabschiedet hat, ist der LH aber auch nicht zufrieden. Auf Nachfrage gibt Kompatscher zu, dass darin ein holpriges Deutsch verwendet wurde: „Um eine Stärkung der Präsenz Südtirols in Brüssel zu fördern, unterstützt das Land über sein Außenamt in Brüssel die Beteiligung verschiedener öffentlicher und privater Akteure des Gebiets, auch durch spezifische jährliche Arbeitsprogramme.“ Ausgewiesene Rechtsexperten bezeichnen die Fassung als Kauderwelsch und als Politikese. Es ist davon auszugehen, dass diese Fassung noch nicht die Endversion sein– und die Polemik um die Begriffe noch einige Wochen andauern wird. Der Landtag wird sich im November erneut mit dem umstrittenen Europagesetz auseinandersetzen.

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