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Gespaltene Mehrheit

 

In der Einwanderungs- und Sicherheitspolitik gehen die Vorstellungen von SVP und Lega weit auseinander. Eine Kostprobe dafür gab es gestern im Landtag.

Von Matthias Kofler

Im Hohen Haus herrschte gestern Vormittag dicke Luft: Lega-Fraktionssprecher Carlo Vettori beantragte eine Krisensitzung der Mehrheitsparteien, weil SVP und Lega Gefahr liefen, sich bei der Abstimmung zu einem Beschlussantrag des Abgeordneten Alessandro Urzì zu spalten. „Lasst nicht zu, dass euch die SVP ihre Einwanderungspolitik aufzwingt“, warnte die Freiheitliche Ulli Mair in Richtung der Lega-Bänke. Auch Urzì, der den Streit innerhalb der Koalition entzündet hatte, goss weiteres Öl ins Feuer: „Auch Ponsius Pilatus hat seine Hände in Unschuld gewaschen. Das Land hat eine moralische Verpflichtung gegenüber seinen Bürgern.“

Doch der Reihe nach.

Urzì forderte in seinem Beschlussantrag, jenen Bürgern eine Entschädigungszahlung zu gewähren, die Anfang des Jahres bei einem Gewaltakt in der Bozner Galvani-Straße zu Schaden gekommen waren. Der Verursacher, ein Migrant aus dem Togo, hatte zum besagten Zeitpunkt im Asylwerberzentrum des Landes im Ex-Alimarket-Gebäude Dienst geleistet. „Angesichts der immer zahlreicheren Vorfälle von Sachbeschädigung und Gewalt reicht es nicht mehr aus, auf die Solidarität der Bürger zu zählen”, erklärte der Abgeordnete von Alto Adige nel cuore. Der Vorfall in der Galvani-Straße müsse Anlass zur Einführung eines Systems zum Schutze der Bürger sein. Das Land habe das Ex-Alimarket-Gebäude für das Asylwerberzentrum zur Verfügung gestellt und sei daher auch moralisch für den Gewaltakt verantwortlich.

Der Grüne Riccardo Dello Sbarba ahnte, was Urzì mit dem Antrag beabsichtigte, nämlich die in Südtirol mitregierende Lega in Schwierigkeiten zu bringen und sie praktisch „rechts“ zu überholen. Es sei klar, dass der verurteilte Täter und nicht das Land für die Schäden aufkommen müsse.

Vettori verteidigte den Urzì-Antrag: Dieser sei „moralisch gesehen richtig“. Gleichzeitig kündigte er aber an, dass sich die Mehrheit der Stimme enthalten werde, da man noch das Urteil abwarten müsse.

Ulli Mair bezeichnete die Enthaltung der Lega als „merkwürdig“. Man höre fast täglich von eingeschlagenen Schaufenstern, Urin vor den Geschäften und ähnlichem. Ihre Friseurin, die seit 40 Jahren in Bozen arbeite, beklage ständig neue Schmierereien an ihrem Salon. Die Region Lombardei, in der ebenfalls die Lega mitregiere, unterstütze Bürger, die durch mutwillige Zerstörung Schäden erlitten hätten. In Südtirol habe sich hingegen Gleichgültigkeit breit gemacht, die Menschen fühlten sich nicht geschützt – trotz Regierungsbeteiligung der Lega.

Landesrätin Waltraud Deeg sagte, sie empfinde Solidarität mit den Betroffenen, aber auch Mitleid mit dem Täter, der jetzt in Betreuung sei. Das Rote Kreuz arbeite schon seit Jahren in diesem Bereich und habe berichtet, dass der Mitarbeiter sich bis dahin unauffällig verhalten habe. Die Verantwortlichkeiten seien rechtlich zu klären, nicht politisch. Das Gericht werde klären, wer Schadenersatz zu leisten habe.

Daraufhin beantragte Lega-Sprecher Vettori eine Sitzungsunterbrechung zur Beratung innerhalb der Mehrheit. Teilnehmer berichten von einer aufgeheizten Debatte, die eine gute halbe Stunde dauerte. Die Lega teilte der SVP mit, nun doch für den Urzì-Antrag stimmen zu wollen. Dies bestätigte LH Arno Kompatscher auch vor der Abstimmung im Plenum: „Es ist völlig normal, dass zwei Parteien unterschiedlich zu einem Antrag abstimmen“, sagte der SVP-Politiker. Ähnlich äußerte sich Landesrat Massimo Bessone: „Lega und SVP arbeiten für das Wohl unseres Landes zusammen, wir sind aber keine einheitliche Partei. In bestimmten Positionen unterschieden wir uns.“

Der Antrag wurde schließlich mit neun Ja (Lega, F, STF, AAnC), 17 Nein (SVP, PD, M5S, Grüne) und sechs Enthaltungen (TK) abgelehnt.

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