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Nichts gegen Critelli

Der verstorbene Flüchtlingsjunge Adan

Der Voruntersuchungsrichter hat entschieden: Das Strafverfahren zum abweisenden Umgang der Behörden mit dem später verstorbenen Flüchtlings Adan wird eingestellt.

Von Thomas Vikoler

Die zuständigen Landesbeamten haben sich keiner Amtsunterlassung schuldig gemacht. Und das umstrittene Dekret des damaligen Sozial-Ressortdirektors Luca Critelli zum Umgang mit Flüchtlingen war nicht Gegenstand der Bewertung.

Das ist, kurz gefasst, der Inhalt einer Verfügung des Bozner Voruntersuchungsrichters Emilio Schönsberg zu einem umkämpften Strafverfahren, das nun eingestellt wird.

Es geht um das Verhalten der Behörden mit dem im Oktober 2017 in Bozen verstorbenen Buben Adan Abdulrahman, der in Begleitung seiner Familie, von Schweden angereist war.

Gegen einen Beamten des Sozialassessorats waren dazu Ermittlungen wegen des Verdachts der Amtsunterlassung aufgenommen worden. Die Staatsanwaltschaft Bozen hatte am 19. November 2018 die Einstellung des Verfahrens beantragt. Dagegen stellte sich, unter dem Beistand des Roveretaner Anwalts Nicola Canestrini, der Vater des Verstorbenen.

Mit schweren Vorwürfen in mehrere Richtungen: Canestrini hielt der Staatsanwaltschaft in einem neunseitigen Schriftsatz vor, nicht gründlich ermittelt zu haben. 

Der Archivierungsantrag wurde damit begründet, dass der Beamte am 2. Oktober 2017 um 16.20 Uhr eine Mail verschickte, in dem von der Anwesenheit eines Minderjährigen im Rollstuhl die Rede war. Und dass die Familie den Abend im Krankenhaus verbracht habe. 

Doch es gab offenbar weitere Mails. Eine Mitarbeitern des Betriebs der Sozialdienste (BSB) antwortet dem Landesbeamten umgehend: „Wir sind uns der Situation extremen Verwundbarkeit bewusst, können die Familie Abdulrahman aber nicht aufnehmen, weil sie nicht unter die Kriterien des Rundschreibens fällt“. 

Gemeint ist das umstrittene Rundschreiben von Luca Critelli, Ressortdirektor der Abteilung Soziales, vom 27. September 2016.

Der Anwalt der Familie forderte den Richter auf, gegen Critelli Ermittlungen anzuordnen. Denn der Ressortdirektor las die genannte Beamten-Korrespondenz mit. Und verschickte um 17.52 Uhr selbst eine Mail an Luigi Gallo von der Caritas-Flüchtlingsberatung: Darin forderte er die strikte die Einhaltung seines Rundschreibens. „Für das Land Südtirol ist es jegliches System inakzeptabel, das einen Verlust der Kontrolle über die Ankünfte und Aufnahme bedeutet“, wird Critellis Schreiben im Schriftsatz zitiert. Aus übergangsmäßigen Lösungen, so mahnt der Ressortdirektor, würden „fast sicher definitive“ Lösungen. 

Doch Richter Schönsberg kommt nun zum Schluss, dass sich Critelli keiner strafbaren Handlung schuldig gemacht hat. Und folglich keine weiteren Ermittlungen notwendig seien. Und er stellt klar, dass der Inhalt des Dekrets nicht Gegenstand des Strafverfahrens sein könne. Der restriktive Umgang mit Personen von besonderer Verwundbarkeit sei eine politisch-administrative Vorgabe, an die sich der unter Ermittlung stehende Beamte der Sozialabteilung gehalten habe.

Gegen die Verfügung von Richter Schönsberg kann Kassationsbeschwerde eingelegt werden.

Weiter offen ist das Verfahren wegen fahrlässiger Tötung zum Ableben Adans im Bozner Spital. Hier kamen die Gerichtsgutachter zum Schluss, dass es einen Diagnosefehler gab. Und dafür kommen derzeit die zuständigen Anästhesisten des Krankenhauses in Frage.

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