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„Für Idealisten kein Platz“

Michael Raffl, Leiter der Orthopädie am Krankenhaus Schlanders, verlässt den Südtiroler Sanitätsbetrieb. Im Gespräch mit der Tageszeitung erklärt er weshalb.

von Karin Gamper

13 Jahre lang war der auf Prothetik spezialisierte Facharzt Michael Raffl für den Gesundheitsbezirk Meran tätig – nun ist Schluss. Er kehrt dem Sanitätsbetrieb den Rücken. Vor drei Monaten hat Michael Raffl als Leiter der Orthopädie am Krankenhaus in Schlanders gekündigt, in der Nacht auf den gestrigen Freitag absolvierte er seine letzte Dienstschicht. Wer sein Nachfolger wird, steht noch nicht fest. Raffl wird künftig in der Privatklinik St. Anna in Meran-Obermais tätig sein sowie seine Unterrichtstätigkeit an der Fachschule für Gesundheitsberufe Claudiana fortsetzen. „Vielleicht eröffne ich zusätzlich eine Privatpraxis“, lässt sich Raffl weitere Optionen offen.

Damit verzeichnet der Südtiroler Sanitätsbetrieb erneut den Abgang eines erfahrenen Facharztes. Im Gespräch mit der Tageszeitung erklärt Michael Raffl, warum er das Handtuch wirft. „Das soll jetzt keine Generalabrechnung werden“, schickt der Arzt voraus. Dennoch: eine gewisse Enttäuschung über seinen bisherigen Arbeitgeber und über das Gesundheitssystem generell schwingt in jedem seiner Worte mit.

Er erzählt:

„Ich habe von 1997 bis 1998 für den Gesundheitsbezirk gearbeitet und bin dann für acht Jahre ins Ausland, wo ich an mehreren Kliniken meine Facharztausbildung absolviert habe. 2006 bin ich mit meiner Familie nach Südtirol zurückgekehrt. Ich hatte den Auftrag bekommen, die Orthopädie-Abteilung am Krankenhaus Schlanders aufzubauen. Das hat am Anfang wunderbar geklappt und ich war mit großem Eifer und Engagement dabei. Aber dann kam Sand ins Getriebe. Ich habe bemerkt, dass irgendwann die Unterstützung und das Wohlwollen geringer geworden sind und ich hatte deshalb das starke Gefühl, dass man eine allzu effiziente Orthopädie-Abteilung gar nicht haben wollte. Mir fehlte die Wertschätzung von oben und ich hatte aufgrund verschiedener Episoden immer häufger den Eindruck, dass Ärzte, die sich im Gesundheitsbetrieb überdurchschnittlich einbringen und etwas voranbringen möchten, nicht gern gesehen sind. Vielmehr kam es mir so vor, als ob keine Spitzenmedizin, sondern Mittelmäßigkeit gefördert würde und dass es verbeamtete Ärzte leichter haben“. 

Auch habe die Kontinuität gefehlt: „Unter Landesrat Richard Theiner sollte am Krankenhaus Schlanders ein Zentrum für Prothetik aufgebaut werden, seine Nachfolgerin Martha Stocker wiederum wollte das Spital de facto schließen und der jetzige Landesrat Thomas Widmann will Schlanders wieder stärken“, sagt er. Unter solchen Umständen könne kein engagierter Arzt arbeiten: „Eine Abteilung aufzubauen geht nicht von heute auf morgen – dafür braucht es zehn bis 20 Jahre und somit konstante Rahmenbedingungen“. Landesrat Widmann hält er dessen Pragmatismus zugute: „Thomas Widmann hat bisher nicht viel gesagt. Was er jedoch von sich gegeben hat, klingt gut“, meint Raffl.

Bleiben wird er dennoch nicht. „Für Idealisten ist im Südtiroler Sanitätsbetrieb kein Platz – zu unflexibel, keine Visionen und zu wenig Unterstützung“, winkt er ab. Statt den steigenden Herausforderungen durch die demografische Entwicklung und erhöhte Patientenströme mit mehr Effizienz zu begegnen, würde an Ressourcen und Personal gespart. „1997 gab es an der Orthopädie in Meran drei Abteilungen und drei Operationssäle, heute sind es eine Abteilung und ein OP-Saal“, blickt Michael Raffl zurück.

Trotz aller Enttäuschung: „Ich gehe nicht mit Verbitterung“, stellt Raffl klar. Er habe im öffentlichen Gesundheitswesen auch viel Positives erlebt. „Ich konnte in Schlanders die Orthopädie-Abteilung etablieren und gute Erfolge einfahren“, betont Raffl. So seien nur dort minimalinvasive Prothesenimplantate durchgeführt worden. „Ein Meilenstein“, wie der Orthopäde betont, „genauso wie die eingeführten Standards für die Infektabklärung“. Zudem sei er auch Mitbegründer des landesweiten Prothesenregisters gewesen.

Nun eröffnet sich im Berufsleben von Michael Raffl ein neues Kapitel: „Ich bin jetzt 49 Jahre alt und das ist eine gute Zeit um noch einmal etwas Neues zu beginnen. Arbeit gibt es genug“.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (8)

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  • pingoballino1955

    Wiedereinmal ein Beweis wie FEHL AM PLATZ Marta Stocker in der Sanität war. Als Macherin geht sie sicher nicht in die Geschichte des Südtiroler Sanitätswesen ein,eher als BREMSERIN,ist ja auch kein Wunder,was will man von einer nichtausgebildeten Person bezüglich Sanität auch verlangen??? Schauen wir mal was Herr Widmann richtet?????

    • meintag

      Stocker wurde letzthin als Historikerin bezeichnet. Damit ist klar dass Sie für die Sanität eine totale Fehlbesetzung war. Hoffen Wir dass der Landwirt Widmann Einiges wieder gerade bekommt, denn wenn man einem Bauern Macht und Geld in die Hand gibt hat Er oft gute Ideen. Mal schauen wofür Er das Geld bis Ende diesen Jahres ausgibt.

  • andreas

    Wer glaubt eigentlich, dass die Stocker dieses Vorgehen allein entschieden hat?
    Die SVP hat gemerkt, dass die Bevölrkerung es so nicht mitmacht und schwenkt nun um, was ich als Fehler sehe, aber mich fragt ja keiner.

    Ich würde mal schätzen, er verdient nun das Doppelte mit weniger Arbeit. Es spricht wenig dafür, nicht zu wechseln.

  • bernhart

    Schade um den Dr: RAFFL, er ist ein super Arzt,aber wenn es seine Entscheidung ist den Sanitätsbetrieb zu verlassen, dann muss man Ihm Glück wünschen bei seiner neuen Arbeit. Er bleibt uns ja erhalten in der St. Anna Klinik. danke für deine Arbeit in Schlanders.

  • meinemeinung

    es fällt auf ,das nie der Generaldirektor genannt wird ,immer die Politik ,schaffen die immer direkt an, bei jedem Chefarzt ?

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