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Das Bürgermeister-Register

Die Region führt ein Verzeichnis der „tüchtigen“ Altbürgermeister ein, die nie wegen Vergehen gegen die öffentliche Verwaltung verurteilt wurden. Der Gemeindenverband sieht darin „Vorteile für die Bevölkerung“.

von Matthias Kofler

Der Regionalrat hat Ende Juli den Nachtragshaushalt verabschiedet, der eine umstrittene Neuerung enthält: Demnach wird die Regionalregierung dazu ermächtigt, ein „Verzeichnis der emeritierten Altbürgermeister“ anzulegen. In das Verzeichnis, das auf der Website der Region veröffentlicht wird, werden die aus dem Amt geschiedenen Bürgermeister eingetragen, die nie wegen Vergehen gegen die öffentliche Verwaltung verurteilt wurden und der Eintragung zugestimmt haben.

Die Regionalregierung hat die Modalitäten für die Führung des Verzeichnisses und die Aufnahme in dasselbe genehmigt. Dies teilt der zuständige Gemeinden-Assessor Claudio Cia mit.

Zweifel an der Sinnhaftigkeit des Bürgermeister-Registers äußert Paolo Ghezzi. Der Trentiner Oppositionspolitiker wollte in einer Anfrage in Erfahrung bringen, wie viel das Verzeichnis die Steuerzahler kosten wird – und auf welches „von der Zivilgesellschaft vorgetragene Bedürfnis“ sich diese Maßnahme beruft.

Die Genehmigung erfordere einen „minimalen Arbeitsaufwand“ in Form von „wenigen Arbeitsstunden eines einzigen Beamten“, antwortet Assessor Cia. Die Suche nach den Namen der aus dem Amt geschiedenen Bürgermeister werde keine Kosten nach sich ziehen, da diese Daten schon beim Wahlamt der Region vorlägen.

„Wir gehen davon aus, dass die Kosten zur Kontaktaufnahme der Bürgermeister gering sein werden, da man auf die Mitarbeit der Gemeinden und der Vereinigung der ehemaligen Bürgermeister zählen kann“, betont Cia. Ebenso werde die Zusammenarbeit mit den Gerichtsämtern es ermöglichen, die Arbeit für die Kontrolle über die Verurteilungen wegen Vergehen gegen die öffentliche Verwaltung auf ein Minimum zu reduzieren.

Für die Einführung des Verzeichnisses der Altbürgermeister werde weder jetzt noch in Zukunft zusätzliches Personal aufgenommen und es werde auch keine eigens dafür zuständige Struktur eingerichtet, verspricht der Assessor.

Mittels Stichproben will die Region – genau genommen das Amt für öffentliche Körperschaften – überprüfen, ob die eingetragenen Ex-Gemeindenchefs tatsächlich die notwendigen Voraussetzungen erfüllen, um den Titel „Emeritierter Bürgermeister“ tragen zu dürfen. Ansonsten werden sie aus dem Register gestrichen.

Auf die Frage nach „Angemessenheit“ und „Kosten-Nutzen-Verhältnis“ der Maßnahme geht der Assessor nicht ein. Die von der Opposition gestellte Frage deute auf „keine große Sensibilität für die immateriellen Werte, die durch diese kleine, aber nicht unbedeutende Initiative des Verzeichnisses der Altbürgermeister gepflegt werden sollen, hin“, ärgert sich Cia.

Mit der Schaffung des Verzeichnisses wolle man „jenen Anerkennung zollen und Dankbarkeit ausdrücken, die sich ihrer Gemeinschaft ein oder mehrere Jahrzehnte lang zur Verfügung gestellt haben, den Bürgern den Weg des verwaltungspolitischen Einsatzes aufzeigen und vielen Beispielen des zivilen Einsatzes im Alltag die richtige Bedeutung beimessen“.

Das Verzeichnis mit den „Emeritierten Bürgermeistern“ sei in keiner Weise unnütz, sondern bringe zum Ausdruck, dass die Ex-Gemeindeoberhäupter ihrer Arbeit „mit Disziplin und Ehre, getreu der Verfassung“ nachgegangen seien. Artikel 54 der Verfassung verpflichte die mit öffentlichen Aufgaben betrauten Bürger, diese „pflichtgetreu und gewissenhaft“ zu erfüllen, erläutert Cia.

Doch nicht nur bei der Trentiner Opposition, sondern auch in Südtirol sorgt der Plan der Region, die tüchtigen Bürgermeister zu registrieren, für Stirnrunzeln. Landtagspräsident Sepp Noggler betont, dass die Schaffung eines solchen Verzeichnisses in der letzten Legislaturperiode, als er selbst Gemeinden-Assessor war, „nie Thema“ gewesen sei. Auch innerhalb der SVP sei darüber bislang nicht gesprochen worden.

Daher geht der Landtagspräsident davon aus, dass es sich um einen alleinigen Einfall der Trentiner handelt. „Ich finde diese Maßnahme nicht besonders schlau. Aber bitte, wenn wir sonst keine anderen Probleme haben …“, meint Noggler.

Positiv bewertet hingegen der Südtiroler Gemeindenverband die Maßnahme. Wie Präsident Andreas Schatzer erläutert, wollten die Trentiner ursprünglich den Ehrentitel „Emeritierter Bürgermeister“ einführen, um jene Bürgermeister auszuzeichnen, die „den Rang und die Würde eines Amtes beibehalten, das sie nicht mehr bekleiden“. „Das wollten wir nicht“, betont der Gemeindenverbands-Chef.

Ein „rein informelles Verzeichnis ohne Titel“ erachte man aber für sinnvoll, weil es Vorteile für die Bevölkerung mit sich bringe. „Derzeit kann man nirgends nachschauen, wer Bürgermeister in Plaus war“, macht Schatzer ein konkretes Beispiel.

Dass verurteilte Bürgermeister nicht eingetragen werden können, sei nicht weiter schlimm, da in Südtirol nur wenige Ex-Bürgermeister davon betroffen sind. „Auch wenn Fehler in der Amtszeit passieren können“, so Schatzer.

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