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„Bevölkerung wird angelogen“

SAD-Chef Ingemar Gatterer will die Justiz einschalten, wenn die SVP mit den Flughafen-Verkäufern verhandelt – und erhebt schwere Vorwürfe gegen die Landesregierung.

Tageszeitung: Herr Gatterer, Sie erklären in einem Brief an LH Kompatscher und LR Alfreider, dass die SVP nicht mit den Käufern der Flughafen-Gesellschaft ABD über die Zukunft des Flughafens reden bzw. verhandeln darf. Warum nicht?

Ingemar Gatterer: Sie dürfen über Gott und die Welt reden, aber sie dürfen nicht die Ausschreibungsmodalitäten diskutieren oder verändern. Sie können etwa nicht vereinbaren, dass man das Dekret, wonach die Million Euro pro Jahr für die Flughafen-Feuerwehr nach dem Verkauf von den Privaten getragen werden muss, abändert. Oder dass die Verlängerung der Landepiste jetzt nicht zu machen ist und man dafür womöglich einen öffentlichen Zuschuss kriegt. Diese Dinge würden die Ausschreibungskriterien verändern, wodurch die ABD neu auszuschreiben wäre.

Es hieß ja immer, dass der Käufer mit der Flugbehörde ENAC ohnehin einen neuen Masterplan verhandeln kann, wenn er mit dem aktuellen nicht zufrieden ist – etwa in Bezug auf die Landebahn…

Das wird schon sein, aber der Masterplan der ENAC war integrierter Bestandteil der Ausschreibung. Wenn er neu verhandelt oder abgeändert wird oder irgendwelche Begünstigungen ausgehandelt werden, wäre das eine Veränderung der Ausschreibung, sodass aus unserer Sicht neu auszuschreiben wäre. Wenn der Masterplan, der mit größeren Lasten verbunden ist, jetzt abgeändert wird, wäre dies eine Wettbewerbsverzerrung.

Sie sagen, man darf weder vor dem Verkaufsabschluss noch danach verhandeln?

Das kommt auf das Gleiche. Laut Gesetz darf das Ergebnis einer Ausschreibung nicht verhandelt werden. Sonst könnte man ja vor einer Ausschreibung politisch etwas ausmachen, um jemanden in eine begünstigte Situation zu bringen. Wir schauen uns das jedenfalls genau an – und sollte irgendein Beistrich in diese Richtung gehen, machen wir sofort eine Eingabe bei der Staatsanwaltschaft.

Die SAD würde an einer neuen Ausschreibung teilnehmen?

Natürlich. Denn laut unserer betriebswirtschaftlichen Rechnung wäre genau die Million Euro für die Feuerwehr durch Einsparungen und Effizienzverbesserungen nicht einbringbar. Würden diese Kosten jetzt erlassen, wäre es aufgrund anderer Ausgangsbedingungen ein lukratives Geschäft. Im jetzigen Spiel gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder die Käufer setzen den Masterplan um und der Flughafen kommt in die natürliche Gewinnzone. Dann hätte die Politik ein politisch-gesellschaftliches Problem. Oder die Käufer beugen sich einem politischen Kompromiss im Sinne von weniger Flugzeugen und hätten damit einen Verlust.

Vom genannten Erlass der Kosten für die Feuerwehr am Flughafen war ja nie die Rede…

Mir ist mitgeteilt worden, dass man darüber nachdenkt, die Last weiterhin beim Land zu belassen.

Belege haben Sie keine?

Nein, das waren rein verbale Aussagen.

Was täten Sie mit dem Flughafen, wenn Sie der Käufer wären?

Unter den bestehenden Bedingungen hätten wir nicht gekauft und haben wir auch nicht. Ich sage nur: Wenn jemand unter diesen Bedingungen kaufen will, muss er die im Vorfeld definierten Risiken auch tatsächlich übernehmen. Man muss auch sagen, dass der Landeshauptmann da nicht fair spielt und der Bevölkerung etwas vorlügt.

Inwiefern?

Eines ist die Umsetzung des Masterplans der ENAC: Ich kann die Piste auch um einen Kilometer verlängern – entscheidend ist aber, welche Kriterien bzw. welches öffentliche Interesse in Bezug auf den Flugbetrieb vorliegt. Solche Kriterien im öffentlichen Interesse hätte das Land – unabhängig von der Verlängerung – an die Abtretung der Quoten knüpfen können. Man hätte sagen können: Du tust verlängern, weil das der Masterplan vorsieht, aber unabhängig davon gestaltest du den Flugbetrieb so wie ich ihn dir vorschreibe, nach den von mir definierten Kriterien. Dann brauche ich nicht anschließend verhandeln, sondern schreibe es schon in der Ausschreibung fest. Wenn man jetzt verhandeln geht, um herauszuholen, was im öffentlichen Interesse steht, bedeutet das, die Leute anzulügen. Denn vor Monaten hätte man das schlicht und einfach an die Abtretung der Quoten knüpfen können.

Das Land hätte dazu wirklich die Zuständigkeit?

Das ist eine Vermischung von zwei getrennten Tatbeständen. Eines sind die Auflagen der ENAC, die eine Verlängerung vorsehen. Das andere ist der Flugbetrieb. Wenn das Land sagt, die Flieger dürfen nur bis 20.00 Uhr landen oder nur bis zu einer bestimmten Größe, hat das nichts damit zu tun, wie lang die Landebahn ist. Da vermischt man etwas, das an und für sich nicht vermischt gehört.

Halten Sie eine Landebahn-Verlängerung grundsätzlich für unerlässlich, damit der Flughafen funktioniert?

Ja. Wenn man in positive Zahlen kommen will, muss man verlängern und einen ordentlichen Flugbetrieb aufbauen. Wenn man dies politisch nicht will, muss man allen Akteuren die Wahrheit sagen – auch der Bevölkerung – und entsprechend agieren. Aber nicht irgendwelche Mittelwege finden, die nicht sauber und verwaltungsrechtlich nicht korrekt sind.

Interview: Heinrich Schwarz

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