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Die Lohn-Debatte

Die Landesregierung will mit steuerlichen Maßnahmen deutlich höhere Löhne garantieren und stellt den Sozialpartnern ein Ultimatum. Aber klappt es wirklich mit baldigen Lohnerhöhungen?

von Heinrich Schwarz

Die Debatte um die Steuerreform der Landesregierung, die für höhere Löhne in der Privatwirtschaft und geringere Mieten sorgen soll, ist endgültig gestartet. Nachdem die Regierung am Dienstag den Sozialpartnern ihre Pläne zu IRPEF, IRAP und GIS präsentierte (siehe Infokasten mit den Details), ist der Ball jetzt bei den Wirtschaftsverbänden und Gewerkschaften. Sie müssen der Landesregierung im September ihre gemeinsamen Vorschläge mitteilen. Beim nächsten Treffen am 26. September wird die Landesregierung dann einen konkreten Entwurf für den Landeshaushalt 2020 vorlegen.

In Sachen IRPEF und GIS scheinen die Sozialpartner grundsätzlich einverstanden zu sein, auch wenn noch kleine Abänderungsvorschläge eintrudeln dürften. Der Knackpunkt ist – wie erwartet – die geplante Koppelung der IRAP-Reduzierung an die Zahlung von (deutlich) höheren Löhnen, die an die Lebenshaltungskosten in Südtirol angepasst sind. Sowohl die Wirtschaftsverbände als auch die Gewerkschaften betonten gegenüber der Landesregierung, dass Kollektivverträge die Zuständigkeit der Sozialpartner seien.

„Das sagen die Sozialpartner schon seit langem. Aber von Lohnerhöhungen habe ich bisher wenig gesehen“, erklärt Landeshauptmann Arno Kompatscher. Er hat bewusst Druck auf die Sozialpartner ausgeübt mit der Message: Wenn ihr nicht bald imstande seid, Verträge abzuschließen, werde ich selbst festschreiben, dass für die IRAP-Reduzierung ein angemessenes Lohnniveau erreicht werden muss.

Kompatscher hat sich mit den Sozialpartnern darauf geeinigt, dass diese im September einen gemeinsamen Vorschlag vorlegen, wie sie das Ziel von höheren Löhnen erreichen.

„Es geht nicht um die Methode, sondern um die Zielerreichung. Wenn die Sozialpartner einen besseren Lösungsvorschlag ausarbeiten, bin ich sehr erfreut“, so der Landeshauptmann.

Er betont gleichzeitig: „Ich möchte konkrete Schritte sehen. Das bedeutet, dass ich bis zum 26. September mehr als nur eine Absichtserklärung haben will. Dass man bis dahin noch nicht fertige Verträge hat, ist klar, aber es braucht ein ernsthaftes Konzept, das in einem vernünftigen Zeitraum umgesetzt wird.“

Das plant die Landesregierung

• IRAP-Senkung/-Erhöhung: Die seit Jahren auf 2,68 Prozent reduzierte Wertschöpfungssteuer IRAP soll an eine angemessene Entlohnung der Arbeitnehmer geknüpft werden. Wer nicht mehr zahlt als der nationale Kollektivvertrag vorsieht, soll 2,90 Prozent an IRAP zahlen. Arno Kompatscher schlug vor, dass die Löhne 20 Prozent höher sein müssen als der jeweilige nationale Kollektivvertrag vorsieht. Die Sozialpartner wollen einen eigenen Vorschlag vorlegen.

• IRPEF-Senkung/-Erhöhung: Der regionale Zuschlag auf die Einkommensteuer IRPEF beträgt 1,23 Prozent. Der Freibetrag soll von 28.000 auf 35.000 Euro angehoben werden. Gleichzeitig sollen höhere Einkommen ab 75.000 Euro stärker besteuert werden. Durch den höheren Freibetrag würde man aber erst ab 92.000 Euro effektiv mehr zahlen müssen.

• GIS-Senkung/-Erhöhung: Die Gemeindeimmobiliensteuer GIS soll für jene Wohnungen gesenkt werden, die zum Landesmietzins an Ansässige vermietet werden. Gleichzeitig will die Landesregierung leerstehende Immobilien und an Nicht-Ansässige vermietete Wohnungen höher besteuern.

Klar scheint: Wenn die Sozialpartner Zusatzverträge aushandeln, kann das dauern. Also würde es mit höheren Löhnen im Jahr 2020 eher schwierig. Womöglich kommt derweil die nächste Wirtschaftskrise und die Wirtschaft ist dann nicht mehr bereit, höhere Löhne zu zahlen.

Arno Kompatscher meint: „Die nächste Wirtschaftskrise ist nicht vor der Haustür. Zudem setzen wir gezielt antizyklische Maßnahmen. Wir legen ein großes Investitionspaket auf – Seniorenbetreuung, Breitband, Verkehrsinfrastrukturen –, um in zwei bis drei Jahren, falls es kritisch werden sollte, öffentliche Aufträge anbieten zu können.“

Und der Landeshauptmann fügt hinzu, dass auch sein IRAP-Vorschlag nicht höhere Löhne für 2020 garantieren könne, weil Betriebe auch freiwillig den höheren Steuersatz zahlen könnten. Seine Aufgabe, die Sozialpartner zum Handeln zu drängen, damit auch die Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft am wirtschaftlichen Erfolg partizipieren, sieht er jedenfalls erfüllt. Für die öffentlichen Bediensteten habe das Land bereits ein 310-Millionen-Euro-Paket auf den Tisch gelegt.

„Wir verschließen uns nicht“

Ob die Wirtschaft bereit ist, über die Koppelung der IRAP-Reduzierung an höhere Löhne zu diskutieren?

Wirtschaftsring-Präsident Hannes Mussak sagt: „Wir haben der Landesregierung erklärt, dass es Aufgabe der Sozialpartner ist, jegliche Vorschläge auszuarbeiten und Verhandlungen zu führen – und nicht der Politik. Der Wirtschaft ist es aber ein Anliegen, das Land mitzugestalten. Wir sind für Gespräche bereit und verschließen uns nicht. Die Gewerkschaften haben unseren Vorschlag, einen runden Tisch zu eröffnen, angenommen. Wir wollen uns noch im August treffen, um an einer gemeinsamen Lösung im Interesse aller zu arbeiten und diese im September der Landesregierung vorzubringen.“

Landeszusatzverträge als Ziel? „Das ist alles offen. Wir wollen uns zuerst treffen und schauen, was auf dem Tisch liegt. Vielleicht findet man in einigen Punkten eine Einigung“, so Mussak.

Ob es realistisch ist, dass die Arbeitnehmer 2020 mehr in der Lohntüte haben, sei schwierig zu sagen. „Man muss berücksichtigen, dass es auf dem Markt über 300 Verträge gibt. Wichtig ist es, sich an einen Tisch zu setzen und Knackpunkte anzugehen. Danach kann man beurteilen, was realistisch ist. Noch gibt es zu wenige Details“, erklärt Hannes Mussak.

Dieter Mayr vom SGB-Cisl ist zuversichtlich, mit der Wirtschaft konstruktiv diskutieren zu können. Wie Hannes Mussak sagt er aber auch, dass für die vielen Vertragsverhandlungen einige Zeit einzukalkulieren sei. „Irgendwann 2020 könnte schon etwas gehen“, meint Mayr.

Bei IRPEF und GIS zeigt sich die Wirtschaft offen für eine Reform, sie möchte aber noch einen eigenen Vorschlag ausarbeiten.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (4)

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  • sabine

    Man ist der Wirtschaft letzthin sehr entgegengekommen, aber diese weigert sich, diesen Reichtum an die Gesellschaft weiterzugeben. Allerdings ist das aber nicht so problematisch wie im öffentlichen Dienst, denn in einem gesunden Betrieb wird ein guter Arbeiter immer leistungsgerecht entlohnt; und das im Interesse desselben Betriebes; Im öffentlichen ist der Verlust eines guten Angestellten hingegen weniger tragisch, leider……

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