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„Bin gerne restriktiv“

Landesrat Philipp Achammer verteidigt seinen Hardliner-Kurs in der Integrationspolitik: „Wer Sozialleistungen des Landes in Anspruch nehmen will, muss eine Landessprache erlernen.“

Tageszeitung: Herr Landesrat, wer ist der Ideengeber für Ihren Beschluss: Matteo Salvini oder Sebastian Kurz?

Philipp Achammer (lacht): Keine Sorge, wir haben schon eine eigenständige Position. Es geht darum, welche Vorstellung wir von Integration haben. Wenn mir einer sagt, es sei einerlei, ob ausländische Mitbürger die Landessprachen beherrschen, dann bin ich sehr gerne restriktiv. Ansonsten lassen wir sehenden Auges zu, wie sich in Südtirol Parallelgesellschaften bilden. Das wäre dramatisch. Integration kann nur gelingen, wenn es auch ein Bewusstsein, ja eine Verpflichtung zum Erlernen von mindestens einer der Landessprachen gibt.

Allerdings haben Sie schon oft angekündigt, Zusatzleistungen des Landes an Integrationsauflagen zu knüpfen. Wollen Sie damit auf der Salvini-Welle mitschwimmen?

Die Debatte um die Islam-Broschüre, die nach Erscheinen unmittelbar zurückgezogen wurde, hat mir gezeigt, dass der Wille des Landes noch nicht ausreichend kommuniziert wurde. Im Zusammenhang mit der Broschüre wurde uns vorgeworfen, wir würden uns den anderen anpassen. Doch unser Wille ist ein anderer. Wir haben bewusst entschieden, dass das, was der Staat macht, für uns zu wenig ist. Uns geht es nicht um Assimilierung. Wir sind aber der festen Überzeugung, dass Menschen, die zu uns kommen und Zusatzleistungen des Landes in Anspruch nehmen, die lokalen Gegebenheiten kennen und respektieren müssen. Dafür sind diese Integrations- und Sprachkurse notwendig.

Was sehen diese Kurse vor. Und würde ein Durchschnitts-Südtiroler die Prüfung bestehen?

Es geht bei den Integrationskursen um die Kenntnis von lokalen Gegebenheiten, aber auch um ganz elementare Dinge wie die Mülltrennung oder die ärztliche Versorgung. Die genauen Inhalte werden derzeit erarbeitet. Die Sprachkurse hingegen zielen bevorzugt darauf ab, dass die Eltern jene Landessprache erlernen, in der ihre Kinder den Kindergarten oder die Schule besuchen. Die Landesregierung hat entschieden, dass die Integrationskurse mit 1. Januar 2020 starten sollen.

Im vergangenen Winter haben Sie angekündigt, dass das Prinzip „Integration durch Leistung“ bereits mit Jahresbeginn 2019 starten würde …

Das gebe ich unumwunden zu. Ich bekomme ständig Anfragen von Menschen, die wissen wollen, wann es denn endlich losgeht. Auch mir wäre ein früherer Start lieber gewesen. Allerdings handelt es sich um eine komplexe Angelegenheit, die anfangs durchaus umstritten war. Uns geht es darum, die Fachabteilungen bestens darauf vorzubereiten und die notwendigen informationstechnischen Schnittstellen zu schaffen, um sicherzustellen, dass die Integrationsbedingungen dann auch kontrolliert werden können. Es dürfen nicht nur leere Vorgaben sein. Am 1. Januar 2020 werden wir nun definitiv damit beginnen müssen. Ansonsten machen wir uns unglaubwürdig.

An welche Zielgruppe richten sich die Kurse? Und wie viele Menschen sind davon betroffen?

Es ist nicht möglich, eine genaue Zahl zu nennen. Die Kurse richten sich an alle Nicht-EU-Bürger. Inwieweit auch Flüchtlinge betroffen sind, hängt von deren Aufenthaltstitel ab. Uns ist die Botschaft wichtig: „Willst du Zusatzleistungen des Landes in Anspruch nehmen, dann ist ein Nachweis der Sprachkenntnisse und des erfolgreichen Bestehens des Integrationskurses erforderlich.“ Es wird immer Parteien geben, die meinen, dass diese restriktive Schiene der falsche Weg sei. Doch man muss die Regeln des Landes kommunizieren und auf die Einhaltung derselben pochen, sonst kann Integration nicht funktionieren.

Das Knüpfen von Sozialleistungen an den Schulbesuch der Kinder steht aber im Widerspruch zur staatlichen Regelung?

Es gibt hier in der Tat eine Gesetzeslücke auf staatlicher Ebene, Senator Meinhard Durnwalder hat einen diesbezüglichen Änderungsantrag inzwischen eingebracht. Der Staat sieht Sanktionen nur im Fall der Nichterfüllung der Grundschulpflicht vor. Wir wollen, dass die Sanktionen für die gesamte Dauer der Schulpflicht gilt.

Was verstehen Sie unter Zusatzsozialleistungen?

Es gibt dafür keine genaue Definition. Im Grunde sind es alle Leistungen des Landes, die über die Grund- und Kernleistungen — sprich medizinische Versorgung und Lebensminimum – hinausgehen und die sich zwischen den einzelnen Regionen unterscheiden. Wir wollen, dass dies extensiv ausgelegt wird, das Familiengeld beispielsweise ist zentral. Letztlich muss aber ein Gericht im Zweifelsfalle feststellen, was eine Zusatzleistung ist und was nicht.

Interview: Matthias Kofler

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