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Ohne Kind

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Die Verfassungsrichter verwehren einem Bozner Lesben-Paar den Kinderwunsch. Die Hintergründe.

von Artur Oberhofer

Teresa aus Bozen hat seit jeher einen ausgeprägten Kinderwunsch. Sie könnte Eizellen produzieren, wäre also genetisch in der Lage, Mutter zu werden. Aber Teresa leidet an einer Herzkrankheit. Eine Schwangerschaft – so sagen die Ärzte – wäre für Teresa lebensgefährlich.

Aber Teresa hat „Glück im Unglück“. Sie liebt Carla. Teresa und Carla sind seit Jahren ein Paar. Carla wäre froh, wenn sie sich die künstlich befruchteten Eizellen ihrer Partnerin einsetzen lassen und ein gemeinsames Baby zur Welt bringen könnte. Denn Carla selbst kann aufgrund einer unheilbaren Krankheit keine Eizellen produzieren.

Aber Teresa und Carla haben Pech: Der italienische Staat mit seinen Gesetzen erlaubt es den beiden Frauen aus Bozen nicht, Eltern zu werden.

Nachdem das Landesgericht in Bozen im konkreten Fall die Frage der Verfassungsmäßigkeit aufgeworfen hatte, musste sich der Verfassungsgerichtshof mit der Grundsatzfrage befassen, ob auch lesbische Paare ein Recht auf künstliche Befruchtung haben.

Der Verfassungsgerichtshof hat entschieden: Nein!

Es liegt noch keine Urteilsbegründung vor. Diese wird mit Spannung erwartet.

Der Anwalt des Bozner Lesben-Paares, Alexander Schuster, hatte unter anderem argumentiert, das Gesetz Nr. 40 aus dem Jahr 2004 sei diskriminierend und widersprüchlich.

Denn einerseits riskierte ein Arzt, der zwei Frauen, die aus Krankheitsgründen auf natürlichem Wege keine Kinder zeugen können, drakonischen Strafen. Andererseits aber seien für Reproduktionsmediziner, die heterosexuellen Paaren, bei denen keine Unfruchtbarkeit vorliegt, zu Kindern verhelfen, keine Sanktionen vorgesehen.

Dabei sei das Recht auf Gründung einer Familie in der Verfassung festgeschrieben.

Noch ist nicht bekannt, wie die Höchstrichter ihre Entscheidung, homosexuelle Paare nicht zur künstlichen Befruchtung zuzulassen, begründet haben. Es könnte auch sein, dass die Richter die Politik einladen, das umstrittene 40er-Gesetz zu überarbeiten.

Laut dem Anwalt des Lesben-Paares komme der Spruch der Höchstrichter nicht überraschend –„visto i tempo che corrono“.

Im entsprechenden Gesetz Nr. 40 von 2004 („Gesetz für die medizinisch unterstützte Fortpflanzung“) steht im Artikel 5:

Volljährige Paare, die unterschiedlichen Geschlechts sowie in potenziell fortpflanzungsfähigem Alter sind, verheiratet oder zusammenlebend, und bei denen beide Partner noch leben, können Zugang zu medizinisch unterstützten Fortpflanzungstechniken erhalten“.

Bei Verstößen, wenn also eine oder mehrere der genannten Bedingungen nicht gegeben sind, sieht das Gesetz Geldstrafen zwischen 200.000 und 400.000 Euro vor.

Es ist zu erwarten, dass der Fall des Bozner Homo-Paares vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte landet.

 

 

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