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„Sollen wir die Kinder einsperren?“

Fotos: SBB

Mehr als 1500 Bäuerinnen und Bauern machten am Samstag in Sterzing gegen den Wolf mobil.

Mit Plakaten und Glocken ausgerüstet, forderten sie bei der Großkundgebung des Südtiroler Bauernbundes lautstark den Schutz der Berg- und Almwirtschaftund ein „wolffreies Südtirol“. Bauernbund-Obmann Leo Tiefenthaler überreichte Landwirtschaftslandesrat Arnold Schuler ein Manifest.

Nach dem Protestzug mit Traktoren am Mittwoch in Bozen ging der Aufmarsch der ländlichen Bevölkerungfür ein Südtirol ohne Wölfe heute in eine eindrucksvollezweite Runde: Mehr als 1500 Teilnehmer versammelten sich bis gegen 10 Uhr am Parkplatz der Rosskopf-Seilbahn, um gegen den Wolf zu demonstrieren.

Neben Bäuerinnen und Bauern, Jungbauern undKleintierhaltern, die aus allen Landesteilen nach Sterzing kamen, waren auch zahlreiche bäuerliche Familien bei der Kundgebung dabei. Dazu gesellten sichDelegationen von Tierhaltern aus den Nachbarregionen Tirol, Salzburg und Trentino.

Ausgerüstet mit Schildern und Spruchbändern machte sich der Protestzug kurz nach zehn Uhr in Richtung Innenstadt auf. Mit Kuhglocken und Schellen wurde lautstark ein Südtirol ohne Wölfe gefordert. Zwei selbstgezimmerte Holzsärge symbolisierten die zu Grabe getragene Almwirtschaft. Angeführt wurde der mehrere hundert Meter lange Menschenzug von den Mitgliedern des Landesbauernrats mit Landesobmann Leo Tiefenthaler, Bezirksobmann Daniel Gasser und Bergbauernsprecher Alberich Hofer.

Vorbei an Stadtplatz und Theater ging es über Untertorplatz und Neustadtgasse zurück zum Stadtplatz, wo anschließend die Kundgebung mit mehreren Rednern stattfand.

„Die enorme Beteiligung zeigt, wie sehr das Thema unter den Nägeln brennt“, rief Bezirksobmann Gasser. Er brachte die Problematik auf den Punkt: „Mit dem Wolfwird es die Berg- und Almwirtschaft wie wir sie kennen, in Zukunft nicht mehr geben.“ Landesobmann Tiefenthaler betonte, dass in Südtirol die Almen noch beweidet und der ländliche Raum dicht besiedelt sind:„Bei uns hat der Wolf deshalb einfach keinen Platz!

Klare Worte kamen auch von Bergbauernvertreter Hofer. „Der Wolf bedroht die Berglandwirtschaft. Diese können wir in Südtirol aber nicht wegdenken und wir wollen sie auch nicht wegdenken.“

Hofer betonte die Leistungen, die mit der Berg- und Almwirtschaft verbunden sind: „Wir produzieren hochwertige Lebensmittel und nicht Industrieware, wir pflegen eine Landschaft, um die wir überall beneidet werden und die Erholungsraum für uns und unsere Tiere ist. Das alles wollen wir auch in Zukunft haben. Deshalb geht der Wolf nicht allein die Bauern, sondern die ganze Gesellschaft etwas an.“

Landwirtschafts-Landesrat Arnold Schuler begrüßte, dass so viele Bäuerinnen und Bauern zur Kundgebung kamen: „Es ist notwendig, dass man die Stimme derjenigen hört, die am meisten vom Wolf betroffen sind.“ Schuler erklärte das Ziel der Landesregierung, die traditionelle Almwirtschaft unter Schutz zu stellen. „So wie Schweden, wo große Gebiete mit Rentierhaltung wolffrei bleiben können.“ Bis dahin sei allerdings Herdenschutz notwendig, so der Landesrat, „auch wenn wir wissen, dass er nicht die Lösung ist.“

Andrea Staudacher, Bäuerin aus dem Jaufental, die kürzlich zwölf Schafe bei einer Wolfsattacke verlor, betonte, dass der Wolf auch eine Gefahr für die Familien in der Peripherie bedeute: „Wir brauchen nicht auf die Alm zu gehen, um einen Wolf zu sehen, er kommt inzwischen schon bis vor unsere Haustür. Sie fragte sich, wer die Verantwortung für die Kinder übernehme, wenn sie draußen sind. „Oder sollen wir unsere Kinder den ganzen Tag einsperren?“

Als betroffene Züchterin sprach Irene Stafler. Sie rief alle Mitbürger dazu auf, die Sorgen der Bauern zu verstehen. „Wenn es so weitergeht, zwingt der Wolf die Berglandwirtschaft in die Knie und mit ihr den Tourismus und in der Folge das Handwerk.“ Sie fragte: „Ist es wirklich wert, dass der Wolf auch in Südtirol verbreitet sein muss?“

Die Landtagsabgeordneten Franz Locher und Manfred Vallazza appellierten zu mehr Mut, die Alm- und Berglandwirtschaft zu schützen.

Zu einem gemeinsamen Einsatz in der Wolfsproblematik riefen Nationalrat Hermann Gahr und der Präsident der Landwirtschaftskammer Tirol, Josef Hechenberger, auf: „Wenn der Wolf heute in Südtirol ist, ist er morgen in Nord- und Osttirol, sagte Hechenberger.

Bauernbund-Landesobmann Tiefenthaler überreichte abschließend an Landesrat Schuler und die anwesenden politischen Vertreter das „Manifest für ein wolffreies Südtirol“, in dem die Forderungen des Bauernbundes zum Schutz der Almwirtschaft zusammengefasst sind: Senkung des Schutzstatus des Wolfes auf EU-Ebene, damit eine Regulierung der Populationen und die Entnahme von Wölfen möglich wird; die Anerkennung der besonderen Rolle des Südtiroler Berg- und Almgebiets für Landschaftsbild und Artenvielfalt und die Möglichkeit, dass diese sensiblen Gebiete wolffrei bleiben können, was letztlich auf ein wolffreies Südtirol“, so das Hauptanliegen, hinausläuft.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (31)

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  • bernhart

    Super Veranstaltung,allen Teilnehmer-innen ein grosses Kompliment, Alle sehen die Notwendigkeit Wolf und Bär aus unserer Heimat zu vertreiben,denn schon unsere Väter haben die Raubtiere vertrieben , sie haben es bewusst gemacht,damit die Almwirtschaft und die Bevölkerung wurde.
    Ein Kompliment auch Alt-Landeshauptmann für sein dabei sein.Ich wäre auch gerne dabei gewesen,leider konnte ich beruflich nicht.
    Ich würde vorschlagen die Wolf Befürworter Staffler- Gasser – Foppa und Co sollten den Sommer auf den Almen verbringen und unser Vieh beschützten von dem wir leben.
    Lr Schuler muss sich um die Anliegen der Bauern kümmern, denn es kann nicht sein ,dass ein Menschleben und Haustierleben mehr wert ist als ein Raubtier.

    • george

      Herr ‚bernhart‘, Herr ‚mannik‘ und wie diese Gscheidredner hier alle sich so recht anonym darstellen:
      ich war viele Sommer auf einer Alm im Defreggental um die Weidetiere, vor allem Schafe u. Ziegen zu beschützen, besonderns gegenüber dem „Lämmergeier“, der sich immer wieder junge Schafe und Zicklein geholt hat. Wir hatten auch manchen Schaden, der uns damals nicht vergütet wurde. Glauben Sie, dass wir damals deswegen einen solchen Aufruhr gemacht haben und den „Lämmergeier“ gänzlich vertrieben oder abgeschossen haben? Weit gefehlt! Wir haben Schutzmaßnahmen getroffen, die ein Nebeneinander im witesten Sinne möglich gemacht hat und haben jeden Tag nach dem Rechten geschaut.
      Ihr habt euch heutzutage viel zu weit von der Natur und vom Verständnis des >Miteinander< und des Ausgleichs entfernt und glaubt immer alles sofort erledigen zu können/müssen und dabei schadet ihr euch selbst irgendwann am meisten.

  • bernhart

    Das einzige Problem ist : DER WOLF MUSS WEG:

  • heinz

    Die Entnahme von Problemwölfen ist nur möglich, wenn nachgewiesenerweise vorher konsequenter Herdenschutz betrieben wurde. Daran wird sich auch nichts ändern. Die Zuständigkeit für den Sachverhalt liegt auch nicht beim Land, sondern bei Staat bzw. der EU. Die Forderung nach einem wolfsfreien Südtirol sind schon insofern irrational, als dass wir keine Insel sind und man Südtirol nur schwerlich einzäunen kann. Die Almbeweidung wird sich, wie so vieles, ändern müssen. Die gängige Viehaltung wird sowieso nicht zuletzt wegen klimarelevanter Fragen immer mehr abnehmen

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