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Die Schuldenfalle

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Im vergangenen Jahr haben über 1.200 Menschen Rat bei der Schuldnerberatung der Caritas gesucht. Die durchschnittliche Schuldenhöhe lag bei 50.700 Euro.

von Artur Oberhofer

Paolo Valente weiß aus nunmehr 20-jähriger Erfahrung: „Schulden können jede und jeden treffen, doch immer häufiger geraten Menschen mit niedrigem Einkommen in finanzielle Notlagen.“

Die Caritas Schuldnerberatung gibt es inzwischen seit 20 Jahren. 20.000 Menschen haben seit der Eröffnung des Dienstes Hilfe und fachlichen Rat erhalten. Im ersten Tätigkeitjahr hatten sich 441 Ratsuchende an die Schuldnerberatung gewandt, im Jahr 2018 waren es 1.250 Personen.

So wie Zeiten haben sich auch die Fallgeschichten verändert. In den Anfangsjahren des Dienstes waren vor allem der Erwerb des Eigenheims und/oder unsachgemäße Haushaltsführung die Auslöser für die Notlagen.„Ratenzahlungen, Daueraufträge, Kredit- und Bankomatkarten waren damals relativ neu, dadurch haben einige Menschen den Überblick über ihre finanzielle Situation verloren. Dazu kamen noch die schnell ansteigenden Kosten beim Kauf eines Eigenheims. Damit haben sich einige Familien finanziell übernommen“, erinnert sich Petra Priller, die fast seit den Anfängen in der Schuldnerberatung tätig ist.

Das Team der Schuldnerberatung der Caritas

Heute sind hauptsächlich ein zu niedriges Einkommen und/oder Arbeitslosigkeit die Gründe für die Verschuldung. „Seit der Wirtschaftskrise kommen immer mehr Menschen zu uns, die ihre Arbeit verloren haben, auf Arbeitssuche sind oder früher einen Betrieb hatten, den sie zusperren mussten. Viele der Ratsuchenden haben auch ein sehr niedriges Einkommen. Die Lebenshaltungskosten sind in den vergangenen Jahren enorm gestiegen, während die Löhne stagnieren. Dadurch geraten immer mehr Familien und Alleinlebende, vermehrt Rentner, unter Druck“, erläutert Petra Priller.

Das zeige auch die Tatsache, dass die Durchschnittshöhe der Gehälter in den vergangenen zwei Jahrzehnten relativ niedrig geblieben sind: 1999 verdienten die Ratsuchenden in der Schuldnerberatung im Schnitt 956 Euro, 2018 waren es 1.249 Euro. „Damit können sich Familien kaum das Notwendigste zum Leben leisten, geschweige denn Reparaturen oder dringend nötige Anschaffungen. Wenn unvorhergesehene Ausgaben dazukommen, oder Schicksalsschläge wie ein Todesfall oder eine schwere Krankheit, beginnt sich das Schuldenkarussell immer schneller zu drehen“, weiß Petra Priller.

Gestiegen sei  hingegen die durchschnittliche Schuldenhöhe von 35.700 Euro im Jahr 1999 auf 50.700 Euro im vergangenen Jahr.

Diese Veränderungen haben denn auch Auswirkungen auf die Arbeit in der Schuldnerberatung. „Die Beratungstätigkeit ist intensiver und komplexer geworden, der Weg aus der Schuldenspirale schwieriger. Wer kaum genug verdient, um die dringendsten Spesen zu begleichen, kann nur schwer Schulden zurückzahlen“, berichtet der Leiter der Caritas Schuldnerberatung, Stefan Plaikner.

Die Ratsuchenden stünden oftmals vor dem finanziellen und damit auch seelischen Zusammenbruch. „Finanzielle Not hat oft zur Folge, dass sich die Betroffenen schämen, sich zurückziehen, aufgrund des Geldmangels nicht mehr am sozialen Leben teilhaben können, vereinsamen und in Depression oder Suchtverhalten abdriften“, weiß Plaikner.

Genau das wollen die Schuldnerberater verhindern. „Wir suchen nicht kurzfristige Notlösungen, sondern wollen erreichen, dass die Menschen ihr Leben nachhaltig in den Griff bekommen. Es geht uns um langfristige soziale und finanzielle Stabilisierung und um lebenswerte Perspektiven“, erklärt Plaikner und lädt Betroffene ein, sich rechtzeitig Hilfe zu suchen. „Je früher die Ratsuchenden zu uns kommen, desto eher können Pfändungen und schwerwiegende soziale Folgen verhindert werden“, sagt Plaikner.

 

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