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„Es geht um unsere Existenz“

Für viele Obstbauern gilt die kritischste Nacht des Frühjahres als überstanden. Doch am Tag danach klagten viele Bürger über Rauch der Frostkerzen.

von Eva Maria Gapp

„Schöne Grüße vom Feinstaub“, „Riesen Schweinerei“ oder „sehr gesund… und das verbietet niemand“: So bezeichneten viele Südtiroler den Tag nach dem Frostalarm. Denn viele Bauern mussten Frostkerzen anzünden, um ihre Ernte vor der fatalen Kälte zu schützen. Denn sie helfen den Obst- und Weinbauern dem Frühjahrsfrost entgegenzuwirken. Aufgrund der vielen Kerzen im Land bildete sich Rauch in vielen Gegenden. Dieser war auch früh morgens noch weiterhin sichtbar. Laut Robert Wiedmer, Bereichsleiter Obstbau wurden pro Hektar rund 250 Kerzen angezündet. Für viele Bürger Grund genug, ihren Unmut in den sozialen Netzwerken Luft zu machen. Doch wie belastend war die Rauchentwicklung wirklich? „Die Paraffin-Kerzen bilden unweigerlich Rauch, dieser hat aber keine wesentlichen Auswirkungen auf die Jahresmittelwerte der Luftschadstoffe“, betonen die Experten der Landesagentur für Umwelt und Klimaschutz. Denn zahlreiche Bürger haben sich an die Agentur gewandt, da sie sich die Rauchentwicklung nicht erklären konnten. Auch Luca Verdi, Amtsdirektor des Labors für Luftanalysen und Umweltschutz kann dies bestätigen: „Die Feinstaubwerte waren in der Früh höher als am Tag zuvor, aber längerfristig gesehen, wirkt sich dies nicht auf die Exposition der Bevölkerung und deren Gesundheit aus“, sagt er. Laut Verdi waren die Werte rund sechs bis acht Stunden erhöht. Doch bereits am frühen Dienstagnachmittag waren die Werte im Normalbereich. Zudem sei der Einsatz der Frostschutz-Kerzen, auch Paraffin-Kerzen genannt, weil sie mit Paraffin gefüllt sind, nur auf wenige Wetterereignisse beschränkt und vom Landesgesetz zur Luftqualität vorgesehen. Denn durch das starke Absinken der Temperaturen in der Nacht sind in diesen Tagen die weinbaulichen Kulturen besonders gefährdet. Montagnacht war eine der kältesten Mainächte der vergangenen 30 Jahre. „Für die Landwirtschaft war sie die bislang kritischste des Frühjahrs“, betont Wiedmer.

Laut dem Weinbauer Andreas Huber, gab es deshalb nur die Möglichkeit, mit Frostkerzen und Wasser dagegen anzukämpfen. „Denn nur durch die Wärme dieser Kerzen kann die Temperatur in den Rebanlagen angehoben werden, um in der Folge Frostschäden zu vermeiden“, betont er. Denn wenn die Rebe anfängt zu treiben, „ist sie sehr sensibel und verträgt keine Minusgrade mehr“. Deshalb werden diese Paraffin-Kerzen verwendet. Zudem wird durch diesen Rauch, der dabei entsteht, eine Art Decke gebildet, die dann einen Wärmeverlust verhindert. So konnte er 90 Prozent seiner Ernte retten. „Denn man darf nicht vergessen, dass es hier um unsere Existenz geht. Würden wir keine Kerzen anzünden, hätten wir keine Lebensgrundlage mehr. Wir würden ein Jahr lang nichts mehr bezahlt bekommen“, betont er und fügt hinzu: „Wir Bauern machen das ja nicht aus Spaß“, sagt er. Denn nur eine kalte Nacht würde ausreichen, um seine Existenz zu verlieren. Die Paraffin-Kerzen gelten somit als Lebensretter. Sie können bis zu acht Stunden brennen. Paraffin wird dabei nicht nur als Brennstoff, sondern auch in der Pflege und Konservierung eingesetzt. So wird es zum Beispiel als Grillanzünder, beim Feuerspucken oder zum Tränken des Holzes von Streichhölzern genutzt.

Andere Möglichkeiten, um das Absinken der Temperaturen zu vermeiden, gebe es derzeit nicht. Das weiß auch Huber: „Ich würde gerne auf andere Methoden zurückgreifen, aber uns bleibt keine andere Wahl. Es gibt derzeit nichts Effizienteres auf dem Markt“, sagt er. Eine langfristige Lösung sei dies aber dennoch nicht. Es gebe zwar Heizdrähte, die elektrisch betrieben werden könnten, aber diese seien noch nicht marktreif. „Es gibt derzeit erst Versuche“, sagt Huber.

Die gröbste Phase müsste aber überstanden sein. Laut Günther Geier, verantwortlicher Leiter des Landeswetterdienstes, besteht keine Frostgefahr mehr. „So eine kalte Nacht, wie am Montag ist nicht mehr zu erwarten und wird auch voraussichtlich im Mai nicht mehr vorkommen“, so Geier.

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