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„Südtiroler zuerst

Wien passt die Familienbeihilfen für Ausländer an den Lebensstandard der Herkunftsländer an. Die Lega will das österreichische Modell auch auf Südtirol übertragen.

von Matthias Kofler

Das österreichische Parlament hat eine Neuregelung der Familienbeihilfen beschlossen. Seit Jänner wird die Familienbeihilfe für Kinder im EU-Ausland den dortigen Lebenserhaltungskosten angepasst. Das ist laut Wien mit dem EU-Recht vereinbar. Laut Gleichbehandlungsgebot dürften ungleiche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden. Unterschiedliche Lebenshaltungskosten gleich zu behandeln wäre somit ein Verstoß gegen das Unionsrecht, meint Familienministerin Juliane Bogner-Strauß.

Im Europaparlament ist heftige Kritik an der Kürzung von Kindergeld für bestimmte Ausländer in Österreich laut geworden. Vor allem Abgeordnete aus Osteuropa kritisierten die Abstriche bei der Familienbeihilfe für ausländische Arbeitnehmer, deren Kinder im Ausland leben, als Diskriminierung und Verstoß gegen das EU-Recht.

Wien will dennoch an den Kindergeld-Kürzungen für Ausländer festhalten. Die österreichische Beihilfe betrage pro Kind 135 Euro – dies sei ein Viertel eines Durchschnittsgehalts in Rumänien. Die EU-Kommission hatte im Januar ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich eingeleitet.

Lob am Wiener Modell kommt von der Südtiroler Lega. „Wir sind keine Rassisten“, schickt Landesrat Massimo Bessone voraus. „Wir müssen aber bei der Vergabe von Sozialleistungen zuerst auf unsere Leute schauen. Wenn die Finanzmittel nicht ausreichen, ist es richtig, zuerst bei den Einwanderern zu kürzen, bevor man bei unseren Familien einspart.“ Die Anpassung der Sozialleistungen ans Herkunftsland sei der richtige Ansatz. Seine Partei werde überprüfen, inwieweit das österreichische Modell auch in Italien bzw. in Südtirol anwendbar ist.

Bessone verweist in dem Zusammenhang auf den Koalitionsvertrag mit der SVP, wonach das Land stärkere Aufmerksamkeit auf den Missbrauch von Sozialleistungen legen will. Im Fokus steht dabei vor allem die Verteilung der WoBi-Wohnungen an Nicht-EU-Bürger. Es brauche hier mehr Kontrollen, ist der Lega-Politiker überzeugt. Der „Carroccio“ wollte in diesem Bereich ein ähnliches Modell wie in Österreich vorsehen: Demnach soll das Land bei der Vergabe von WoBi-Wohnungen und Mietbeiträge an Ausländer zuvor deren Besitz und Vermögen in den Herkunftsländern überprüfen. Laut der Rechtsabteilung des Landes ist das aber aufgrund der fehlenden Daten nicht umsetzbar.

Die zuständige Soziallandesrätin Waltraud Deeg erklärt auf Nachfrage, dass man in der Landesregierung „gerne“ über das Thema sprechen könne. Aus den jährlichen Treffen mit ihren österreichischen Kollegen wisse sie aber, dass hierzulande die Situation eine andere sei als in Österreich. In Südtirol gebe es bei den Sozialleistungen eine fünfjährige Ansässigkeitsdauer bzw. die Pflicht, für eine bestimmte Zeit einen Arbeitsplatz nachzuweisen. Das Land müsse daher schauen, mit einer Gesetzesänderung nicht unnötige Bürokratie zu schaffen. „Wir sollten das Kind nicht mit dem Bade ausschütten“, appelliert Deeg. Zudem zahlten ausländische Arbeitnehmer und -geber in Südtirol die gleichen Steuern und Sozialabgaben wie die Einheimischen. Daher müssten sie auch die gleichen Sozialleistungen bekommen.

Günther Götsch, stellvertretender Direktor der Agentur für soziale und wirtschaftliche Entwicklung ASWE, stellt klar, dass für das Landesfamiliengeld und das Landeskindergeld schon jetzt als Voraussetzung gilt, dass die Kinder in Südtirol wohnhaft sind, mit der antragstellenden Person im gemeinsamen Haushalt leben sowie auf ihrem Familienbogen aufscheinen. Dies habe die Landesregierung im vergangenen Jahr vorgesehen.
Neben der Lega sprechen sich auch die Freiheitlichen für die Übernahme des Wiener Modells aus. „Wir haben hierzu schon mehrmals Beschlussanträge gestellt – bislang wurden diese von der Mehrheit stets abgelehnt“, erklärt die Landtagsabgeordnete Ulli Mair. Der Altersdurchschnitt sei bei Ausländern deutlich geringer als bei Einheimischen. In Bereichen, die altersabhängig sind, etwa beim Pflegegeld, verschlimmere sich dadurch die Situation auf absehbare Zeit auf Kosten der Einheimischen. Dem Sozialsystem drohe der Kollaps, schlägt Mair Alarm.

In einem Gesetzentwurf fordern die Blauen weiters, die Wohnsitzerfordernisse für Sozialleistungen an den staatlichen Standard anzupassen. Die italienische Regierung hat für das neue Bürgereinkommen die Begünstigten auf jene eingeschränkt, die seit zehn Jahren in Italien leben: Die Sozialleistungen des Landes sind hingegen im Regelfall mit einer fünfjährigen Ansässigkeitshürde verbunden. „Die niedrigeren Zugangsvoraussetzungen ermuntern Nicht-EU-Bürger zu einem Sozialtourismus zu Lasten der Südtiroler Steuerzahler. Das soziale Netz dient dann immer weniger den Einheimischen, sondern wird von den Einwanderern und deren Familien in fremden Staaten als Einnahmequelle angezapft. Denn für viele Einwanderer zählt nicht der heimische Arbeitsmarkt als Anreiz, sondern die ausbezahlten Sozialleistungen“, warnt Ulli Mair.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (26)

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  • echnaton

    Diese Reduzierung auch bei uns sofort umsetzten …..

  • noando

    im zuge der diskussion wurde in österreich passend nachgefragt: wenn ich in österreich gearbeitet habe, und in meiner pension mir ein billiges häuschen im ausland kaufe, wird dann meine pension an das dortige einkommensniveau angepasst? laut dem prinzip der kürzung, müsste die pension auch angepasst werden – würde aber ein riesen aufschrei geben. es riecht nach einer nicht ausgereiften idee, welche österreich höchstwahrscheinlich zurück nehmen wird. also, wenn schon, sollten die bedingungen für das anrecht auf beiträge überarbeitet werden, aber nicht an ausländische faktoren.

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