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„Unter die Arme greifen“

Der Fall des Mannes, der für seine 36-jährige Tochter 75.000 Euro Unterhalt bezahlen soll: Wann die Verjährungsfrist startet. Und warum der Fall von Herrn A. kein Einzelschicksal ist.

von Silke Hinterwaldner

Die Rechnung ist im Grunde ganz einfach: Herr A. sollte im Nachhinein monatlich 400 Euro an Unterhalt für seine Tochter bezahlen müssen. Aufgerechnet auf 18 Jahre kommt so die stattliche Summe von 86.400 Euro zusammen, die die Mutter 2015 forderte. Das Gericht entschied sich schließlich für die Zahlung von 60.000 Euro, hinzu kommen Anwaltsspesen und andere Kosten, die Herr A. zu erstatten hat.

Aber wie ist es möglich, dass so hohe Ansprüche nach über 30 Jahren noch geltend gemacht werden können? Es gibt zwar eine Verjährung nach fünf Jahren für derlei Ansprüche, aber diese beginnt er ab der tatsächlichen Feststellung der Vaterschaft – also mit dem Vaterschaftstest. Diesen hat Herr A. erst 2015 gemacht.

Dass Herr A. kein Ausnahmefall ist, weiß auch Guido Osthoff, Leiter der Männerberatungsstelle bei der Caritas. Er hat einen ganz ähnlich gelagerten Fall, der schließlich mit einem Vergleich endete und dem leiblichen Vater rund 40.000 Euro gekostet hat. „Grundsätzlich“, sagt er, „müssen die Männer die Verantwortung für ihr Tun übernehmen. Das ist klar. Aber umgekehrt sollte auch die Mutter den Vater sofort über die Schwangerschaft informieren. Schließlich bekommt der Mann sonst keine Möglichkeit sich um das Kind zu kümmern, insofern er das möchte.“

Sowohl bei der Männerberatungsstelle als auch bei der Schuldnerberatung der Caritas werden immer wieder Eltern – meist Männer – vorstellig, die wegen Unterhaltszahlungen in finanzielle Not geraten. „Manche“, sagt Osthoff, „geraten in enorme Schwierigkeiten, weil das Gehalt nicht mehr ausreicht, um alle Rechnungen und eventuell auch noch die Miete für die eigene Wohnung zu bezahlen.“ Und: „Es gibt immer wieder Überlegungen, wie man diesen Männern unter die Arme greifen könnte, schließlich ist niemandem geholfen, wenn sie irgendwann auf der Straße landen.“

 

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