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Der Bürger-Master

Der ehemalige Bürgermeister von Sand in Taufers bekommt von der Gemeinde 7.000 Euro an Reise- und Aufenthaltsspesen für einen umstrittenen Master-Lehrgang in St. Gallen. Dabei schuldet Helmuth Innerbichler  der Gemeinde umgekehrt weit mehr Geld.

von Silke Hinterwaldner

Das Ergebnis zuerst: Die angepeilte Zusammenführung der Gemeinde-Gesellschaften ist nie über die Bühne gegangen. Helmuth Innerbichler hat den Versuch gar nicht unternommen. Die Schwimmbad-Gesellschaft Sportcenter GmbH, die Fernwärme-Gesellschaft Taufer GmbH und das Tauferer Elektrowerk TEW sind nach wie vor unabhängig voneinander agierende Gesellschaften.

Dabei war die Zusammenführung das erklärte Ziel des ehemaligen Bürgermeisters Innerbichler: Im Sommer 2013 ließ er seinen Gemeindeausschuss einen Beschluss fassen, der damals schon für Aufregung sorgte. Dabei stimmte der Ausschuss zu, dem Bürgermeister Reise- und Aufenthaltskosten im Rahmen eines Master-Lehrgangs im Schweizer St. Gallen zurückzuerstatten: eine Summe über 15.000 Euro (Übrigens: Die Fortbildung  hat Innerbichler selbst bezahlt. Sie hat 60.000 Euro gekostet).

Die Gemeinderäte der Opposition reagierten empört. In einer Pressemitteilung stellten Haymo Laner und seine Mitstreiter die Frage: „Geht es hier um persönliche finanzielle Interessen, die auf dem Rücken der gesamten Gemeindebürger ausgetragen werden?“ Der damalige Bürgermeister Innerbichler wehrte sofort ab und drohte mit Klage.

Damit hatte ein Spießrutenlauf für alle Beteiligten begonnen. Auf eine anonyme Mitteilung hin, hat der Staatsanwalt am Rechnungshof, Robert Schülmers, mit seiner Arbeit begonnen.

Am 4. September 2014 forderte er Gemeindesekretär Hansjörg Putzer und die Mitglieder des Gemeindeausschusses Andreas Bacher, Günther Früh, Wolfgang Mair, Marianna Forer Oberfrank, Meinhard Fuchsbrugger und Walter Weger auf, für einen entstandenen Schaden über rund 6.500 Euro gerade stehen zu müssen. Schülmers führt in seiner Klageschrift an, dass sie zum Nachteil der Gemeinde den Beschluss zur Rückerstattung der Reisekosten an den Bürgermeister gefasst hätten. In der Begründung heißt es:

„… da der Zusammenhang zwischen den institutionellen Funktionen des Bürgermeisters und seiner Teilnahme an einem Lehrgang für Betriebsmanagement nicht mit der erforderlichen Unmittelbarkeit und Klarheit hervorgeht“.

Robert Schülmers argumentiert damit, dass eine derartige Fortbildung  in Südtirol oder zumindest in Italien kostengünstiger besucht hätte werden können. Außerdem sei fraglich, ob der Lehrgang in der Schweiz über die rechtlichen Grundlagen in Italien aufklärt.

Roberto Schülmers

Die Richter am Rechnungshof schmettern diese Klageschrift ab. Am 12. Februar 2014 fällten sie ihr Urteil, in dem es heißt, dass der Staatsanwalt „keinen detaillierten Grund“ genannt und „keine Argumente geliefert“ habe, um den Beschluss des Gemeindeausschusses für nicht angebracht erklären zu können. Vielmehr habe Innerbichler Jahrzehnte lang Erfahrung als Gemeinderat, Referent und Bürgermeister in Sand in Taufers. Außerdem sei keine kostengünstigere und passende Fortbildung in Südtirol angeboten worden. Und die Zusammenführung der Gesellschaften hätte der öffentlichen Hand durchaus zum Vorteil gereichen können.

Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Urteils im Juni 2015 war dies aber längst kein Thema mehr: Wenige Monate zuvor war Sigfried Steinmair zum neuen Bürgermeister der Marktgemeinde gewählt worden. Es sollte von nun an seine Aufgabe sein, die Geschicke der finanziell angeschlagenen Gemeinde so zu lenken, dass es wieder aufwärts geht.

Trotzdem blieb nach dem Urteil des Rechnungshofes einiges offen: Demnach schuldet die Gemeinde dem ehemaligen Bürgermeister noch rund 7.000 Euro an Spesenvergütung.

Aber warum hatte man so lange damit zugewartet, diese zu begleichen?

Das hat einen einfachen Grund: Helmuth Innerbichler hat umgekehrt noch weit höhere Rechnungen offen. Es klingt unglaublich, aber selbst während seiner Zeit als Bürgermeister hat Innerbichler ab dem Jahr 2012 in seiner eigenen Gemeinde weder Immobiliensteuer GIS noch Müllgebühr bezahlt. Da läpperte sich einiges zusammen: Für sein Wohnhaus und die mittlerweile aufgelassene Malerfirma Innerbicher GmbH kommen offene Rechnungen über mehr als 20.000 Euro zusammen (Stand: März 2018).

„Im Rahmen des Liquiditätsverfahrens“, sagt Bürgermeister Steinmair, „werden wir unsere Forderungen stellen und hoffen, dass dafür Geld zur Verfügung steht.“

Für die GIS aus dem Jahr 2012 läuft das Mahnverfahren. Die folgenden Jahre sind in Vorbereitung. Dazu kommt: Nach einer Erweiterung seines Wohnhauses hätte Helmuth Innerbichler bereits vor Jahren die Erschließungskosten und die Baukostenabgabe für diese Arbeiten leisten müssen. Aber das hat er nie getan, weshalb er umgekehrt keine Benützungsgenehmigung dafür beantragen konnte. Mittlerweile ist das Haus versteigert worden, der Käufer hat die bis dahin noch offenen Rechnungen sofort beglichen.

Offen ist  indes noch eine andere Rechnung: Für den Bau des Hallenbades hatte sich seinerzeit der so genannte Freundeskreis Cascade gegründet. Ziel dieses Freundeskreises war es, mit eigenen Mitteln über einen Dienstleistungsvertrag etwas beizusteuern.

Im Gegenzug bekamen die Freunde vergünstigte Eintritte in das Hallenbad oder Werbeflächen zuerkannt. Während alle anderen Mitglieder im Freundeskreis ihren zugesicherten Anteil mittlerweile entrichtet haben, fehlt noch jeder der Innerbichler GmbH. Zu zahlen sind über 20.000 Euro. Gewissermaßen als Beweis dafür, dass Helmuth Innerbichler den Bau des Bades finanziell unterstützen sollte, hängt im Foyer des Bades eine große Ehrentafel. Die sollte dort auch hängen bleiben, sagt Bürgermeister Steinmair, um nicht zu riskieren, dass die Ansprüche erlöschen. In dieser Angelegenheit hatte es einen Briefwechsel mit dem Anwalt Innerbichlers bereits 2015 gegeben. Diese Maßnahme blieb allerdings wirkungslos.

Ohne Konsequenz blieb zumindest vorerst auch ein Mahnschreiben der Gemeinde aus dem Dezember 2017, in dem die GIS-Beiträge für das Jahr 2012 eingefordert werden.

Kurz gesagt: Die Gemeinde zahlt ihre offenen Rechnungen. Helmuth Innerbichler nicht.

 

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (31)

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  • andreas

    Forderungen lassen sich nicht eigenmächtig mit Guthaben verrechnen, also bringt es nichts, wenn er der Gemeinde etwas schuldet.
    Wenn die Gemeinde also nicht zahlt, riskiert sie eine Klage, dreist wie der anscheinend ist, ist es ihm zuzutrauen.

    Warum sich die Gemeinde aber von jemanden so über den Tisch ziehen lässt und ihn nicht bis zur Pfändung verklagt, ist etwas eigenartig. Würde für die Gemeinde zwar voraussichtlich in einem Nullsummenspiel enden, doch so wirken sie etwas unbedarft.

  • ostern

    Wo bleibt hier eine Machtwort der Partei
    für die er „gearbeitet“ hat?

  • jennylein

    @andreas

    Da bist du aber schlecht informiert. Wenn es sich um das selbe Rechtssubjekt handelt kann man selbstverstandlich Forderungen und Verbindlichkeiten verrechnen. Der Autor des Artikels macht leider keinen Unterschied zwischen der Firma von Innerbichler und ihm als Person. Auch der „Freundeskreis Cascade“ und die Gemeinde sind sicherlich zwei verschiedene Rechtssubjekte.

    Nachdem die GIS und die Baukostenabgabe des Wohnhauses inzwischen gezahlt wurden, gibt es wohl keine Verbindlichkeiten der Privatperson Innerbichler gegen die Gemeinde mehr und es wurde wohl deshalb bezahlt. Alles andere wäre Veruntreuung und ein weiterer Fall für den Rechnungshof.

    Sollte die Forderung des „Freundeskreis Cascade“ gegen die Privatperson Innerbichler gelten, so hat man vielleicht nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft. Könnte sein, dass eine Forderungsabtretung an die Gemeinde und eine Verrechnung möglich gewesen wäre.

    • andreas

      Man kann Forderungen nicht einseitig mit Verbindlichkeiten verrechnen.

      • jennylein

        Natürlich kann man das. Man kann auch Forderungen ohne Einverständnis abtreten, man muss es dem Schuldner lediglich mitteilen.

        Hättest in Rechtskunde halt aufpassen müssen 😉

        • andreas

          Dann mach mal, es handelt sich um 2 verschiedene Rechtsgeschäfte, deshalb kann man sie nicht vermischen. Wenn ich z.B. als Unternehmen meinem Vermieter etwas verkaufe und er dieses reklamiert und deshalb nicht bezahlt, kann ich die Summe nicht einfach von der Miete abziehen. Aber wenn Recht haben willst, mir soll es egal sein.

          Unabhängig davon, dass er Forderungen als Bürgermeister und die Gemeinde an ihn als Privatperson oder sein ehemaliges Unternehmen hat..

        • jennylein

          Habe ich schon öfters gemacht und auch in Rechtskunde auf der Uni gelernt. Habe das ganze auch schon mit Forderungsabtretungen erfolgreich durchgeführt. Also akzeptiere mal, dass du hier kein Fachmann bist und einfach Behauptungen aufstellst.

  • morgenstern

    Ein Paradiesvogel wie er im Buche steht, im Land der unbegrenzten Möglichkeiten, wenn man beim richtigen Haufen ist.

  • perikles

    Es kann kein Verständnis geben für einen Bürgermeister, der seine Gemeindesteuern nicht begleicht, diese aber vom Bürger pünktlich einfordert. Gerechterweise muss man aber schon auch sagen, dass Sand in Taufers, sicher auch dank Innerbichlers Aktionismus zu den attraktiveren Gemeinden im Land gehört. Allerdings scheint mir, die Gemeinde ist von einem Extrem unter Innerbichlers teils übertriebenem Tatendrang unter dem neuen Bürgermeister Steinmair in einen sanften Tiefschlaf gefallen. Entwicklung lässt sich jedenfalls keine feststellen.

  • sabine

    ein Paradebeispiel von Politiker, der das Amt (grösstenteils) zur Wahrung seiner eigenen Interessen nutzt. Der Nutzen für die Allgemeinheit ist da oft nur ein kollateraler Effekt.
    Kann nicht nachvollziehen, weshalb die Bürger dieser Gemeinde so lange tatenlos zugesehen haben……

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