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28 Mal den Zug verpasst

Sie müssen täglich von Sterzing nach Bruneck in die Schule pendeln: Insgesamt 28 Mal sind fast drei Dutzend Schüler im ablaufenden Semester zu spät gekommen, weil sie den Anschlusszug in Franzensfeste verpasst haben. Die Hintergründe.

von Silke Hinterwaldner

Wenn Klaus* um 6.27 Uhr am Bahnhof in Sterzing den Zug nimmt, dann ist es noch stockdunkel. Der Schüler hat noch einen weiten Weg vor sich: Er muss rechtzeitig zu Schulbeginn in Bruneck sein. Das heißt: Der Trenitalia-Zug, der in Sterzing die Schüler aufnimmt, muss punktgenau um 6.44 Uhr in den Bahnhof in Franzensfeste einfahren, damit all jene, die nach Bruneck weiterfahren, ihren Anschluss schaffen. Der Zeitplan ist eng: Im Normalfall haben die Schüler sechs Minuten Zeit, um vom Bahnsteig durch die Unterführung zu laufen und den Anschlusszug Richtung Bruneck am Stumpfgleis zu erreichen.

Das Problem aber ist: Immer wieder bremst der Trenitalia-Zug aus Sterzing kurz vor der Ankunft im Bahnhof Franzensfeste und kommt dann einige wenige Minuten zu spät. „Dann“, sagt Klaus, „kommt es vor, der der SAD-Zug nach Bruneck gerade die Türen zumacht und losfährt. In diesem Fall schaffen wir es nicht mehr rechtzeitig zu Schulbeginn.“ Die Schüler müssen auf den nächsten Zug warten, der eine halbe Stunde später startet. In der vergangenen Woche ist das mehrmals vorgekommen. Klaus hat Buch geführt und ist zum Schluss gekommen, dass der Zug aus Sterzing im nun zu Ende gehenden Semester 28 Mal zu spät gekommen ist.

„Manche Lehrer“, sagt der Schüler, „zeigen in solchen Fällen durchaus Verständnis dafür, dass wir mit einigen Minuten Verspätung im Klassenzimmer erscheinen. Aber mittlerweile ist das nicht mehr selbstverständlich.“ Insgesamt zwei, vielleicht drei Dutzend Schüler machen sich jeden Tag in aller Frühe von Sterzing Richtung Bruneck auf, weil sie dort eine der Oberschulen besuchen. Für sie alle sind die Zugverspätungen mehr als unangenehm. Klaus hat mittlerweile auch versucht herauszufinden, warum der Zug vor Franzensfeste zum Stillstand kommt. Auf ein Protestschreiben  hat die SAD (Betreiber der Züge im Pustertal) erklärt, dass ihr Zug nicht auf die Schüler aus Sterzing warten kann, weil sonst alle Fahrpläne auf der Strecke durcheinander kommen. Trenitalia allerdings hat auf den Protest des Schülers nicht reagiert.

Die TAGESZEITUNG hat Roger Hopfinger, Direktor von Trenitalia in Südtirol, danach gefragt, warum es immer wieder zu diesem leidigen Problem kommt. Hopfinger macht sich denn auch umgehend die Mühe und studiert sämtliche Verspätungen entlang der Linie in den vergangenen Monaten. Auch er kommt zum Schluss: Leider hatte der Zug aus Sterzing durchschnittlich vier Mal im Monat einige Minuten Verspätung. Mit den bekannten Folgen für die Schüler, die nach Bruneck weiterfahren müssen.

„Sobald es Interferenzen auf der Linie gibt“, erklärt Hopfinger, „kann der Zug nicht in den Bahnhof Franzenfeste einfahren. Die Ampel steht dann auf rot. Der  Zug muss warten – etwa auf einen Cargo-Zug, der sich außertourlich auf der Strecke aufhält.“

Im Großen und Ganzen funktioniere der Bahnverkehr in Südtirol – auch auf der Strecke zum Brenner – recht gut. Aber Hopfinger zeigt durchaus Verständnis dafür, dass diese spezielle Situation für die Schüler zur Belastung werden kann. Er sagt: „Das Problem besteht ursächlich darin, dass die Züge mittlerweile sehr eng und sehr dicht getaktet sind. Da bleibt nicht viel Zeit und nicht viel Spielraum.“ Die Zahl der SAD-Züge, der Fernverkehrszüge, der Trenitlia-Züge und der Güterzüge ist in den vergangenen Jahren immer weiter gestiegen. Wenn den Schülern nur sechs Minuten zum Gleiswechsel und zum Umsteigen bleiben, dann ist das zu wenig. Nur: Mehr Zeit gibt es nicht, weil umgekehrt auch der Taktverkehr auf der eingleisigen Strecke im Pustertal sehr eng ist. „Wir haben jetzt keine schnelle Lösung zur Hand“, sagt Hopfinger, „aber wir werden in Zukunft darauf achten, dass genau dieser Zug pünktlicher in Franzensfeste einfährt.“

Roger Hopfinger hat im Februar einen Termin im Oberschulzentrum in Bruneck, weil Trenitalia nach Auszubildenden sucht. Dabei soll auch über die von den Schülern unverschuldeten Verspätungen gesprochen werden.

 

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (2)

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  • sougeatsnet

    Ich bin letzten Sommer für kurze Zeit von Mühlbach nach Bruneck gependelt und habe genau diese Situation mitbekommen. Kollegen haben mir gesagt, dass dies vorwiegend vom Zugführer der SAD Richtung Bruneck abhängt. Dieser kann getrost auf den Trenitalia-Zug warten, bis Bruneck hat er dann die Verspätung leicht wieder aufgeholt. Mit etwas gutem Willen ließe sich das Problem leicht lösen, wenn man aber mehr auf den Punkt als auf das i schaut, dann sind dies die Folgen. Ein Hoch auf die unvernünftige Bürokratie.

  • sigmundkripp

    Kann es sein, dass tränitalia Softwareprobleme hat?

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