Du befindest dich hier: Home » News » „Ein Übersetzungsfehler“

„Ein Übersetzungsfehler“

Der Fragebogen (Quelle: FB)

Der Sanitätsbezirk Bozen sorgt mit der Verwendung der Kategorie „Rasse“ in einem Fragebogen an Mittelschullehrer für Empörung. 

von Thomas Vikoler

Gewisse Begriffe gehören weiterhin zum Sprachgebrach, obwohl sie wissenschaftlich längst überholt sind.

Zum Beispiel der Begriff „Rasse“, der auf der antiquierten und willkürlichen Einteilung der Menschheit in unterschiedliche „Rassen“ basiert.

Rassen gibt es nicht.

Um so mehr verwundert es, dass der Jugendpsychiatrische Dienst des Sanitätsbezirks Bozen in einem Fragebogen ein Kästchen eingefügt hat, in dem wörtlich steht:

„Rasse oder ethnische Gruppe des Schülers“.

Einige Lehrer, die den Fragebogen erhalten haben, informierten den Sanitätsbetrieb über die Wortwahl, blieben aber ohne Antwort. Nun sind sie damit (anonym) an die Öffentlichkeit gegangen. „Offensichtlich hält man das beim Sanitätsbetrieb für einen normalen Sprachgebrauch“, erklärten die Lehrer.

Doch die öffentliche Empörung über die Wortwahl im Fragebogen ist groß: Alessia Rotta, Abgeordnete des PD, richtete gestern eine dringende Anfrage an Gesundheitsministerin Giulia Grillo, von der sie Konsequenzen fordert. Die grüne Landtagsabgeordnete Brigitte Foppa schreibt in einer Landtagsanfrage: „An welche Rassen denkt der Sanitätsbetrieb in diesem Formular?“.

Am Nachmittag die erste Antwort des Sanitätsbetriebs: Umberto Tait, Verwaltungsdirektor des Sanitätsbezirks Bozen, antwortet auf eine Anfrage der TAGESZEITUNG:

„Ich kann nur sagen, dass ich von dem Vorgefallenen tief getroffen bin. Ich entschuldige mich dafür im Namen aller“.

Dann reagierte der Sanitätsbetrieb mit einer Aussendung und einer Stellungnahme von Generaldirektor Florian Zerzer. Der Begriff „Rasse“ im Fragebogen sei einem „Übersetzungsfehler“ des weltweit standardisierten Original-Fragebogens in Englisch geschuldet. Das Formular werde umgehend überarbeitet.

Der genannte Fragebogen entspricht der international anerkannten Child Behavior Checklist (CBCL) und ist eines der Bewertungsinstrumente im diagnostischen Prozess bei jungen Patientinnen und Patienten mit neuropsychiatrischen Beschwerden“, heißt es in der Stellungnahme des Sanitätsbetriebs. „Da diese Fragebögen in mehr als 60 Sprachen übersetzt werden, können interkulturelle Vergleiche vorgenommen werden. Fragen zur Herkunft und kultureller Herkunft der jungen Patientinnen und Patienten sind also nicht nur wesentlich für eine individuelle Behandlung, sondern auch für eine weltweite wissenschaftliche Vergleichbarkeit“.

Laut Zerzer hätte der englische Begriff „race“ niemals mit „Rasse“ übersetzt werden dürfen: „In Europa wird dieser Begriff anders verstanden und wahrgenommen als etwa in den USA. Im Namen des Südtiroler Sanitätsbetriebes entschuldige ich mich für die Verwendung in diesem Zusammenhang. Aber wie wir alle wissen, fallen, wo gehobelt wird, auch Späne und Fehler passieren leider“.

Das ist nett gesagt. Die Frage ist, mit welchen Begriffen der Sanitätsbetrieb „Rasse“ bzw. „Ethnie“ im Fragebogen ersetzt. Denn insbesondere in Südtirol ist die Erhebung von letzterer, historisch bedingt, eine heikle Angelegenheit.

 

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (3)

Lesen Sie die Netiquette und die Nutzerbedingungen

Kommentar abgeben

Du musst dich EINLOGGEN um einen Kommentar abzugeben.

2024 ® © Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH/Srl Impressum | Privacy Policy | Netiquette & Nutzerbedingungen | AGB | Privacy-Einstellungen

Nach oben scrollen