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„Arno, deine Werte!“

Der grüne Ex-Parlamentarier Florian Kronbichler fragt: Wie oft seit den Wahlen hat der designierte Landeshauptmann seine eigenen Versprechen verleugnet?

In einem langen Posting auf Facebook setzt sich der ehemalige Grünen-Parlamentarier Florian Kronbichler mit dem SVP-Lega-Pakt auseinander.

Dabei fragt Kronbichler polemisch:

Wie oft seit den Wahlen hat der designierte Landeshauptmann seine eigenen Versprechen verleugnet?

Kronbichler schreibt außerdem:

Während bei den Grünen und dem PD die Gefahr bestand, dass sie womöglich mitregierten, lasse die Lega regieren. „Sie gibt die Stimmen und im übrigen Ruh“, so Kronbichler.

Unter dem Titel „Arno, deine Werte!“ schreibt Florian Kronbichler:

So er noch eine gehabt hat, mit dem Beschluss zum Regierungsbündnis mit der Lega hat der Landeshauptmann die Unschuld verloren. Dass es so enden würde, musste man wissen. Es gab aber manche, eine Minderheit, eine immer kleinere, die es bis zum Schluss nicht wissen wollte. Sie glaubten, besser gesagt, wollten glauben: Der Kompatscher tut’s nicht. Er will nur spielen. Einen Tag sagt er das, den nächsten nimmt er’s zurück, und er wird schon wissen warum.

Ich heiße diese Gutgläubigen die Kompatscher-Gebetsliga, und ich gehöre auch dazu: Leute, die ans Gute in ihm glaubten (im schreibe jetzt im Passatum) und überzeugt waren, dass er das nicht tut. Nicht ohne Not. Wir haben seinem Parteiobmann allen Opportunismus zugetraut, gewissen neuen Granden in seiner Partei sowieso, aber nicht ihm. „Ich lass mich nicht verbiegen“, hat er bei seinem Antritt als Landeshauptmann vor fünf Jahren erklärt. „Verbiegen“ – darunter verstand er alles, was die Lega an Werten und Politikstil vertrat. Wir vertrauten ihm.

Und war das jetzt kein „Verbiegen“? Und hat etwa eine Not bestanden? Im Gegenteil: Seit Jahrzehnten wieder hätte für ihn und seine Partei eine Wahlmöglichkeit bestanden. Er hätte nicht nehmen müssen, was zu vermeiden er versprochen hatte. Arno Kompatscher hat sich „verbogen“. Und das seit den Wahlen gleich vielfach. Es wird nämlich, was den Gesichtsverlust dieses Landeshauptmannes anlangt, das Entscheidende, das Bleibende, nicht das gewesen sein, was er angerichtet hat, nein, nicht das Ergebnis. Verheerend ist die Art, wie er es dazu hat kommen lassen.

Was hat der Mann uns nicht alles zugemutet die zwei Monate seit den Landtagswahlen! Zuerst die Beschönigung des Wahlergebnisses der Partei, dessen Spitzenkandidat er war. Als Wahlziel ausgegeben war die Rückeroberung der absoluten Mehrheit, geworden sind es weitere zwei Mandate weniger. Von 17 auf 15. Seither lautet die Sprachregelung: „über 40 Prozent – beste Volkspartei in Europa“. Dann das Bocksprüngl in der Flughafen-Bozen-Frage. Purzigagelen reihenweise. Ist der einst so auf verlässlich Tuende zum Zyniker geworden und setzt auf unser kurzes Gedächtnis? Im Sinn von: Wurscht, was wir jetzt tun, bis zu den nächsten Wahlen ist alles vergessen!

Für wen hält uns denn der Herr? An Adenauers legendäres „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern!“ sollte ich besser nicht erinnern. Sonst reißt es sich Kompatscher in seiner Erklärungsnot noch unter den Nagel. Nur weil seine Koalitionsverhandlungen eine einzige Widersprechungsparade waren, ist er noch lang kein Adenauer. Er ist auch kein Apostel Petrus aus der Leidensgeschichte Jesu. In dieser hat Petrus seinen Herrn in der Nacht, da er dem Hohepriester ausgeliefert wurde, zwar dreimal verleugnet, aber am Schluss, als der Hahn krähte, ging der Feigling Petrus „hinaus und weinte bitterlich“.

Wie oft seit den Wahlen hat der designierte Landeshauptmann seine eigenen Versprechen verleugnet? Und im Unterschied zum Jesu-Verleugner Petrus hat Selbstverleugner Arno nie Reue bekannt. Im Gegenteil: Von Verleugnung zu Verleugnung hat sich der anfängliche Zweifler zu einem nachgeraden Schlachtenbummler des neuen Regierungspartners gewandelt. Zu Anfang stand Kompatschers feierliches „Unsere Werte sind nicht verhandelbar“. Die Lega habe diese zu unterschreiben, „und zwar vor Verhandlungsbeginn, sonst setze ich mich gar nicht nieder“. Dann hat er sich doch gesetzt. Und die Lega unterschrieb gar nichts. Nichts vorher und nichts nachher. Anfangs bestand er drauf, alles schriftlich zu haben. Am Ende begnügte er sich mit Ehrenworten. Ehrenworte von Verhandlungspartnern, denen er keine Ehre zubilligt.

Die Südtiroler Lega-Mander sind schon blöd, aber der Landeshauptmann hätte wissen müssen, sie sind nicht blöd. Sie haben, was nicht vorgesehen war, ihm gezeigt, dass sie in Rom und in Mailand Leute haben, die sie fragen können. Die Episode mit der demütigend eingeforderten, dann souverän verweigerten Unterschrift (dass, sinngemäß, Lega-Leute auch Menschen sind) wird als die schallendste Ohrfeige in die Kompatscher-Biografie eingehen. Anfangs stand das Wort, die SVP verhandle nur mit Südtirols Lega, die gesamtstaatliche habe sich nicht einzumischen. Am Ende, zu Dreikönig, empfing die vereinigte SVP-Delegation, aufgestellt wie eine Ministrantenschar, den feisten Calderoli wie den Weisen aus dem Morgenland und bat ihn um den Segen. Nie wurde ein Landesregierungs-Abkommen würdeloser besiegelt.

Landeshauptmann und Partei entblödeten sich nicht einmal, vom winterurlaubenden Lega-Emissär ein Geschenk anzunehmen in Form eines versprochenen zusätzlichen Parteisenators. Auch das nur in Form eines ehrenwörtlichen Versprechens. Es reichte, um den Landeshauptmann aus seinem hochnotpeinlichen Säbelrassel-Theater zu retten, in das er sich hineingeritten hatte: Wegen des möglichen Verlusts eines Senatssitzes eine Staats- und Autonomie-Affäre zu inszenieren, von Österreich Mobilmachung zu fordern und gar mit dem europäischen Gerichtshof zu drohen, – auch das schlichteste Gemüt vermochte solcher Dramatisierung nicht zu folgen. Zum Schluss half Calderolis Ehrenwort (wer ist schon Calderoli?) dem Landeshauptmann die Gesichtswahrung, und darum ging es.

Jetzt gibt es diese „Regierungsvereinbarung“, von der es am häufigsten heißt, dass sie 58 Seiten umfasst (was uns Ehrfurcht abringen soll) und dass sie eine ökosoziale Ausrichtung habe. Das bescheinigen ihr jedenfalls namhafte Vertreter der Parteien, die unter ökosozial sich selber verstehen. Ist es damit gut? Ist Grünen und PD das Maul gestopft damit, dass ihr Programm fortan von der SVP allein administriert wird (Die Lega will nichts, außer dabei zu sein. Dafür wurde sie genommen.)?

Nein, denn es ist nicht das Gleiche, wenn zwei Verschiedene Gleiches tun. Man versteht jetzt, was SVP und Landeshauptmann meinten, als sie ständig von „Schnittmengen“ sprachen, die mit der Lega größer seien als mit Grünen und PD. Bei diesen bestand Gefahr, dass sie womöglich mitregierten. Die Lega „lässt“ regieren. Sie gibt die Stimmen und im übrigen Ruh. Das war Arno Kompatscher wert, „Werte zu verhandeln“. Oder ist „Lega con Salvini“ etwa nicht der schäbigste real existierende Wert?“

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (35)

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  • besserwisser

    Abgesehen davon dass er in vielen Punkten recht hat, würde in Anbetracht seines intellektuellen Anspruches ein gemäßigter und niveauvollerer Schreibstil der Sachen mehr dienen.
    So geschrieben wird nur gehetzt und gespalten. Also selber auch nicht besser als die über die hergezogen wird.

    • leser

      Besserwisser
      Eine rechtspopulistenpartei, die neben steuerhinterziehungsaffären, parteispenden, die zweifelhaftig sind und einregierungsprigramm, das hauptsächlich auf populistusche und feindlichkeit gegenüber dem schwächsten aufbaut, kann kein koallittionspartner für eine volkspartei sein
      Es schlägt halt wiedereinmal das südtiroler charaktäre durch, wenn dem eigenen fell gut tut dann überwindet man eben alle skrupel
      Kronpichler konnte es nicht treffender schreiben

  • andreas

    Ich schaffe es leider nie, diese pathetischen Ergüsse von Kronbichler zu Ende zu lesen, man muss wohl Fan sein, damit einem das Geschwafle zusagt. . 🙂 🙂

  • robby

    Man mag von Kronbichler und seinen Schreibergüssen halten was man will, aber unseren „Grinsekater“ und LH beschreibt er hier treffend.

  • prof

    Der Flor soll anstatt der Talfer entlang laufen,zu Schloss Rafenstein hinauf gehen,dann kann er wieder beim abwärts gehen sich was Neues zum schreiben ausdenken.Bei den Kunstrasen Plätze an der Talfer sieht er genug Grün.

  • josef.t

    Der „Wähler“ hat gesprochen und wie es in einer Demokratie üblich
    ist, stellt die Mehrheitspartei eben die Regierung, in Bozen wie in Rom !
    Dass das so „Einigen“ nicht passt, ist verständlich .
    „Verbiegen“ ? Zwischen Regierungsparteien wird es immer Kompromisse
    geben müssen, denn jede Parteien hat ihr eigenes Programm ?
    „Sollten mal schalten und walten“ und dann kann man kritisieren….
    Aber schon im „Voraus“ ?

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