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Die Wellentänzerin

Die 25-jährige Greta Marchegger liebt es auf den Wellen zu gleiten – auch im Winter. Die Marlingerin gehört zu den besten Windsurferinnen Europas. Seit gut einem Jahr lebt sie in Barcelona, um ihrer Leidenschaft noch näher zu sein.

Tageszeitung: Frau Marchegger, Sie sind bereits seit 12 Jahren professionelle Windsurferin und haben Ihr Hobby zum Beruf gemacht. Wie sind Sie zum Windsurfen gekommen?

Greta Marchegger: Durch meinen Vater. Er war in seinen jungen Jahren Profi-Athlet und hat in den goldenen Jahren des Windsurfens, also in den 80er Jahren, damit angefangen. Mittlerweile surft er bereits seit etwa 40 Jahren und arbeitet auch heute noch in der Windsurfbranche. Ich bin also mit dem ganzen aufgewachsen und war schon von klein auf immer dabei. Mit acht Jahren habe ich dann meine ersten Surferfahrungen gesammelt. Die meiste Zeit habe ich dann im „Circolo Surf Torbole“ am Gardasee verbracht, das ist einer der professionellsten und größten Windsurfclubs Europas. Dort habe ich sehr viel gelernt und trainiert.

Also wurde Ihnen das Windsurfen in die Wiege gelegt…

Ja, das kann man so sagen. Von meinem Vater habe ich die Leidenschaft, die Liebe und die Disziplin erhalten, die es für diesen Sport braucht.

Können Sie sich dann noch an Ihren ganz ersten Wettkampf erinnern?

Ja, da war ich 12 Jahre alt. Es fand eine Regatta am Gardasee statt und es ging wirklich alles schief, was nur schiefgehen konnte (lacht). Ich bin viel zu spät gestartet und ein anderer Teilnehmer hat mein Segel abgekriegt. Es ist aber zum Glück alles gut ausgegangen. Es ist immer wieder ganz lustig, wenn ich daran zurückdenke. Vergessen werde ich das sicher nicht. Mit der Zeit wurde ich dann aber immer besser und seitdem ich 13 Jahre alt bin mache ich jetzt schon professionelle Wettkämpfe und Fotoshootings für Surf-Marken.

Was waren Ihre bislang größten Erfolge?

Ich bin mehrfache Italienmeisterin und Vizeeuropameisterin in der Kategorie Slalom. Bei dieser Disziplin geht es vor allem um Schnelligkeit. Zudem hab ich mehrere nationale, wie auch internationale Contests gewonnen. Diese Erfolge geben mir natürlich sehr viel und machen mich auch stolz, weil ich auch wirklich sehr viel investiert habe. Ich habe pausenlos trainiert und nie aufgegeben. Gewinnen ist aber nicht nur das Wichtigste, sondern vielmehr, dass man es mit Liebe macht.

Wenn es so kalt ist, wie jetzt, machen Sie dann eine Pause oder suchen Sie sich einen wärmeren Ort, an dem Sie surfen können?

Pausen gibt es bei uns Windsurfern nicht (lacht). Die Wettkampfsaison ist zwar zwischen März und Oktober, aber ich bin eigentlich immer unterwegs und trainiere. Im Winter fahre ich zum Surfen an wärmere Orte. Ich fahre zum Beispiel nächste Woche zwei Wochen nach Brasilien, um dort zu trainieren und zu surfen. Beliebt unter Windsurfern sind sonst auch Südafrika oder die Kanaren. Dass ich so viel unterwegs sein darf ist eine der schönsten Eigenschaften an diesem Sport. Windsurfen ist einfach meine absolute Leidenschaft.

Wie sieht dann ein Trainingstag bei Ihnen aus?

Das Brett und die Segel werden am Strand oder im Surfclub aufgebaut. Dann gibt es Trainingseinheiten im Wasser als auch im Trockenen im Freien. Im Wasser werden vor allem Wettkämpfe simuliert, was sehr effektiv ist und sonst trainiere ich auch alleine. Zum Trockentraining gehören vor allem Fitnessübungen, wie auch Krafttraining, die Muskeln aufbauen und einem nicht gleich müde werden lassen.

Neben dem Windsurfen arbeiten Sie seit etwa einem Jahr im Marketing für eine Windsurf-Marke in Barcelona. Kann man vom Windsurfen alleine nicht leben?

Ja, ich lebe und arbeite seit November 2017 in Barcelona. Es hat sich bei mir so ergeben, dass ich bei einer Windsurfe-Marke im Marketing einsteigen konnte. Das ist auch die Marke, von der ich immer gesponsert wurde und mit der ich auch viel unterwegs bin. Ich kann somit meine Leidenschaft fürs Surfen in jeglicher Hinsicht ausleben und zum Beruf machen. Durch die Arbeit im Marketing kann ich jetzt auch hinter den Kulissen mitwirken. Aber es stimmt, Windsurfen ist kein Sport, wie etwa Golf oder Tennis, bei dem sehr große Summen zirkulieren und man schnell ausgesorgt hat. Das heißt: Es gibt wenige Sponsoren, die viel Geld in diese Sportart investieren. Das macht das Überleben natürlich schwieriger. Nur sehr wenige können wirklich davon leben. Das sind dann meist einzelne Superstars, die durch das Sponsoring von bekannten Marken leben können. Zudem ist es für Frauen nochmals schwerer, da Windsurfen eher eine Männersportart ist.

Warum ist das Windsurfen eher eine Männerdomäne?

Das ist eine gute Frage. Es ist sicherlich ein Sport, bei dem man von Anfang an sehr viel Geduld und Durchhaltevermögen braucht. Man muss sehr oft die Zähne zusammenbeißen. Zugleich ist es ein Sport, bei dem man immer den Elementen der Natur ausgesetzt ist, wie etwa dem Wasser oder dem Wind. Diese sind unberechenbar und sollten nicht unterschätzt werden. Das macht es zugleich auch sehr herausfordernd. Windsurfen gehört auch zu den eher schwer erlernbaren Sportarten. Es dauert etwa zwei bis drei Jahre, bis man wirklich gut Windsurfen kann. Ich glaube, deshalb lassen es auch viele bleiben, bevor sie es überhaupt gut beherrschen.

Hinzukommen wird, dass Windsurfen generell in den Medien wenig präsent ist und somit auch weniger Aufmerksamkeit bekommt…

Ja genau. Das ist eines der negativen Aspekte an diesem Sport. Windsurfen gehört zu den Wassersportarten, die meist weit draußen im Meer stattfinden. Dadurch ist es schwieriger, diese Sportart medial zu übertragen. Beim Tennis oder Fußball zum Beispiel hat man dieses Problem nicht. Zudem gilt Windsurfen als eine Randsportart und kriegt deshalb weniger Aufmerksamkeit. Das führt dazu, dass es insgesamt weniger Menschen praktizieren. Zudem ist es auch länderabhängig: In Deutschland oder Frankreich ist Windsurfen deutlich mehr vertreten, als etwa in Italien. In Frankreich wird Windsurfen sogar in manchen Schulen unterrichtet. Ich glaube, Windsurfen als Sportart müsste generell stärker daran arbeiten, wie sie medial besser verbreitet werden könnte. Hier gibt es sicher noch Aufholbedarf.

Interview: Eva Maria Gapp

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