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Kapitalflucht ins Ausland

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Immer mehr Italiener und Südtiroler transferieren ihre Ersparnisse ins Ausland. Grenznahe Banken berichten von einer steigenden Anzahl von Anfragen.

von Heinrich Schwarz

Die Regierungsparteien Lega und 5-Sterne-Bewegung betonen zwar, dass ein Euro-Austritt für sie nicht in Frage kommt, allerdings waren in den letzten Jahren immer wieder ganz andere Töne zu hören. Und weil der Staat jetzt im Streit mit der EU steht und in finanzielle Nöte geraten könnte, ist die Unsicherheit bei vielen Italienern derzeit groß.

Es häufen sich die Medienberichte, dass immer mehr Italiener ihre Ersparnisse aufgrund der Instabilität sicherheitshalber ins Ausland bringen, um etwa im Falle eines Euro-Austritts keine Entwertung ihrer Einlagen zu riskieren. In Grenzgebieten – etwa in der Schweiz in Bezug auf Nordwestitalien – ist von einer Zunahme italienischer Kunden die Rede.

Die TAGESZEITUNG hat sich umgeschaut und umgehört, wie das Phänomen Geldflucht in den Südtiroler Grenzgebieten wahrgenommen wird.

Auf der Suche nach einer österreichischen Bank hinter der Grenze fällt gleich die Raiffeisenbank Sillian im Osttiroler Pustertal ins Auge. Diese hat auf ihrer Website einen eigenen Bereich in italienischer Sprache. Dort erhalten Italiener Informationen über die Kontoeröffnung und Geldanlage in Österreich. Das zeigt, dass die Bank nicht untätig bleibt, sondern vom italienischen Geldfluss in Ausland durch ein kundenfreundliches Auftreten möglichst zu profitieren versucht.

Im italienischsprachigen Bereich wird erklärt, dass jeder EU-Bürger das Recht hat, in einem anderen EU-Staat ein Konto zu eröffnen – Stichwort freier Kapitalverkehr. Österreich sei als Finanzplatz unter anderem aufgrund der guten wirtschaftlichen Entwicklung, des hohen Ratings, der niedrigen Schuldenquote und der Stabilität besonders attraktiv und sicher.

Die Geldanlage in Österreich biete auch steuerliche Vorteile: Die Finanzerträge werden nämlich nicht direkt über das Konto versteuert, sondern erst über die Steuererklärung, in der die Finanzerträge angegeben werden müssen.

Die Raiffeisenbank Sillian bietet auch Beratung in italienischer Sprache: Sieben der 53 Mitarbeiter – jene in der Private-Banking-Abteilung – sprechen Italienisch. „Tutti parlano italiano“, steht in Großbuchstaben bei der Vorstellung des Private-Banking-Teams.

Auch interessant: Rund die Hälfte der 14.000 Kunden lebt nicht im direkten Einzugsgebiet der Raiffeisenbank Sillian. Die Anzahl der italienischen Kunden wird auf der Website aber nicht genannt.

Wie wird die Geldflucht in der grenznahen Bank wahrgenommen? Gab es in letzter Zeit eine Zunahme italienischer und Südtiroler Kunden?

Die Bankdirektoren der Raiffeisenbank Sillian, Alois Ortner und Reinhard Webhofer, haben der TAGESZEITUNG eine schriftliche Stellungnahme zugeschickt:

„Unser Ziel ist es, alle Kunden bestmöglich zu beraten. Die Grenznähe zu Italien führt dazu, dass auch Kunden aus Südtirol/Italien unseren Service in Anspruch nehmen. Wegen des anhaltenden Budgetstreits Italiens mit der EU sowie der hohen Staatsverschuldung von Italien lässt sich derzeit eine gestiegene Anzahl von Anfragen aus Italien beobachten. Das Ziel der Italiener ist die geographische Streuung des Vermögens.

Aufgrund des Schutzes der Kunden und aufgrund des Bankgeheimnisses können wir keine Angaben zu Anzahl und Volumen geben.

Gemäß EU-Recht darf jeder EU-Bürger ein Konto in einem anderen Land eröffnen. Die Besteuerung der Erträge erfolgt dabei im Heimatland. Gewährleistet wird dies durch den gesetzlich verankerten automatischen Informationsaustausch.“

Wie nimmt man Phänomen der Geldflucht im Hochpustertal wahr, von wo aus die Fahrt nach Sillian kein großer Aufwand wäre?

„Wir kriegen eigentlich gar nichts mit. Die Einlagen bei uns sind in eineinhalb Jahren sogar um zehn bis zwölf Prozent angestiegen. Das ist ein Indiz dafür, dass nichts weggeht“, sagt Bernhard Innerkofler, Direktor der Raiffeisenkasse Hochpustertal mit Sitz in Innichen. Das Phänomen gebe es eher bei den größeren Banken in Norditalien. Im Hochpustertal spüre man nichts von Angst oder Unsicherheit, was man auch auf die Stabilität und die starke territoriale Verwurzelung der Raika zurückführen könne.

Anders als in Sillian spürt man hinter der westlichen Landesgrenze interessanterweise nichts von einer zunehmenden Kapitalflucht aus Italien: „Es gab in letzter Zeit keine auffallenden Entwicklungen“, heißt es von der Raiffeisenbank Engiadina Val Müstair.

„Kein Schutz“ – Was die Südtiroler Sparkasse zur Kapitalflucht ins Ausland sagt.

Hat die Südtiroler Sparkasse in jüngster Zeit Erfahrungen damit gemacht, dass Kunden ihre Ersparnisse ins Ausland schaffen? Und wie bewertet sie das Phänomen der zunehmenden Geldflucht aus Italien?

Nicola Calabrò

Generaldirektor Nicola Calabrò sagt: „In dieser Phase der Unsicherheit achten die Kunden sicherlich mit großer Sorgfalt, wo sie ihr Gespartes anlegen sollen. Was die Sparkasse betrifft, so konnten wir bei den direkten Einlagen seit Jahresbeginn einen Zuwachs von fünf Prozent bzw. 300 Millionen Euro verzeichnen. Von unserer Seite konnten wir nicht feststellen, dass wegen der Euro-Thematik Kunden ihre Ersparnisse ins Ausland transferieren oder dort ein Konto eröffnen möchten.“

In letzter Zeit seien zwar einzelne Kunden gekommen, um diesbezüglich Informationen bei ihrem Berater einzuholen – „aber Geld auf legale Weise ins Ausland zu schaffen, schützt weder vor einem Austritt aus dem Euro-Raum, noch vor einer potentiellen Vermögenssteuer. Wer nämlich Geld ins Ausland bringt, muss es in der Steuererklärung angeben, und entsprechend ist davon auszugehen, dass der Steuersatz auch auf diese Gelder angewandt wird“, erklärt Calabrò.

„Zudem“, so der Generaldirektor, „macht es keinen Unterschied, ob man im Inland oder im Ausland in Investmentfonds, Staatsanleihen oder Unternehmensobligationen investiert. Es gibt andere Wege und Möglichkeiten, sich abzusichern – auch indem man die Ersparnisse in Italien belässt.“

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Kommentare (31)

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  • unglaublich

    Die Banken haben doch, als Berlusconi, Monti, Letta oder Renzi „regiert“ haben, nie Alarm geschlagen, oder?
    All die Milliarden, die zur Rettung der Banken „umbedingt notwendig“ waren, führten nicht zur Alarmstimmung. Nun, da ein bisschen Geld auch mal nach unten fließen sollte, bricht anscheinend der Staat zusammen.
    Schauen wir mal, ob der Medienkrieg Erfolg hat.

  • asterix

    Naja, der Herr Calabro‘ wird sicher von Großanlegern reden. Was aber mit all den Kleinsparern und Normalsterblichen? Was wenn die Lage eskaliert, wie in Griechenland, wo die Banken wochenlange geschlossen hielten und aus den Bankomaten nix mehr raus kam, wenn man den endlich an die Reihe kam? Wegen der Zinsen werden ortsnahe Kleinsparer kaum ihr Geld nach Silian oder Matrei bringen, von wegen Ertragswert und Steuern. Das macht bei den paar zehntausen Euro nichts aus. Ich denke denen geht es einfach darum, überhaupt noch an ihr Geld zu kommen, sollten die Spinner da unten den Karren tatsächlich an die Wand fahren.

  • prof

    Wenn Herr Calabro meint,es gibt andere Wege sich abzusichern,meint er wohl nur die gut Betuchten ,die können sich Immobilien oder Anderes zulegen,aber die Kleinsparer wie ich,wie sollen die ihr mühevolles Erspartes ( 10 bis 20 Tausend Euro) absichern???
    Gerade ist mir ein Gedanke gekommen,Hurra ich kaufe Sparkasse Aktien.

  • prof

    @leser
    Leider habe ich vor ungf.12 Jahren Dolomit Aktien von der Sparkasse gekauft,es waren Immobilien-Aktien mit Super Gewinnaussichten laut Sparkasse Die Filialleiter der Sparkasse wurden mit Prämien geködert damit sie viele Aktien verkaufen.Eine Aktie kostete damals 1000 Euro, jetzt liegt sie bei ungf. 650 Euro und mit den Sparkasse-Aktien ist es auch nicht viel besser.

  • exodus

    Wie viele Südtiroler haben in Österreich ihr Schwarzgeld in den Banken, dass diese
    Steuern Zahlen und zwar in Italien, ist mir nicht bekannt. Auch die Finanz, trotz Wissen, unternimmt nichts. Dafür filzt sie unsere ehrlichen Steuerzahler wegen jeden
    kleinsten Fehler. Natürlich ist das arbeitsbedingt, denn der Arbeitsaufwand ausländische Bankoperationen zu kontrollieren wäre doch zu aufwendig, dann spielt
    man besser die Nichtwissenden.

  • leser

    Die EZB machr wieder,300 millionen für due italienischen banken locker , um die anleihen abzulösen auf kosten des steuerzahlers und damit due gaunerboni gesichert sind
    Es läuft doch alles wie am schnurchen

  • exodus

    @einereiner Sie Glücklicher wenn Sie in dieser Lage sind. Mit einem kleinen Gesetzchen wird es nicht getan sein, denn offizielles Geld im Ausland muss in der
    Steuererklärung angegeben werden und für die Zinsen muss eine Abgabe von 26%
    und auch mehr bezahlt werden, falls Ihre Steuern höher ausfallen.

  • prof

    @marting.
    Super-schlau dein Kommentar bez.der senfomat kennt sich mit Sparkasse Aktien aus,er war ja so dumm sie zu kaufen.
    Auch ich war so dumm Aktien zu kaufen wie ungf. 24.000 andere Aktionäre.
    Du hast ja keine gekauft weil du zu den Super-Schlauen gehörst.Das nächste mal bei einen Aktien-kauf frage ich zuerst dich.

  • exodus

    @prof
    Schließ mich Ihrer Äußerung an. In diesem Forum gibt es anscheinend sehr viele
    Superschlaue die das Gras wachsen hören und von Tuten und Blasen keine Ahnung
    haben, sich aber erlauben über den Nächsten zu lästern. Nachdem man bei Anlagen
    auf Banken angewiesen ist, kann es jedem passieren, von unseriösen Beratern reingelegt zu werden. Geld bringt keine Zinsen mehr, darum hat man mit Anlagen im
    Ausland auch keinen Gewinn.Auch dort arbeiten die Banken nicht umsonst und die
    Anlagen werden immer kleiner! @einereiner Auch Österreich ist kein sicherer Geldhafen, Irrtum!

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