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Landeshauptmann Paul

Der aus dem Landtag geflogene Andreas Pöder ist von seinen Nachfolgern enttäuscht: „Warum unternimmt niemand den Versuch, eine Regierung ohne SVP zu bilden?“

Von Matthias Kofler

Andreas Pöder ist Politiker durch und durch: Dem Chef der BürgerUnion, der bei den Wahlen am 21. Oktober den Wiedereinzug ins Hohe verpasst hat, blutet das Herz, weil er untätig mitansehen muss, „wie sich die Opposition der SVP völlig unter Wert verkauft“. Wie Bittsteller seien die Abgeordneten auf Anordnung der SVP in deren Parteizentrale angetanzt, um sich von LH Arno Kompatscher und Obmann Philipp Achammer im Halbstunden-Takt abfertigen zu lassen.

Nun hoffe der Großteil der Oppositionellen, am Montag von der SVP-Leitung ein Ticket für die zweite Verhandlungsrunde zu bekommen. Dabei sei die „alte“ Regierung aus SVP und PD doch klar abgewählt worden. „20 Nicht-SVP-Abgeordnete sind mehr als 15 SVP-Abgeordnete. Warum machen sie dann nicht ihr Gewicht geltend?“, fragt sich Pöder und stellt eine, wie er zugibt, „gewagte Hypothese“ auf:

Paul Köllensperger hätte die historische Möglichkeit, eine Regierung ganz ohne Beteiligung von SVP und PD aufzustellen – und sich zum neuen Landeshauptmann wählen zu lassen. „Auch wenn der Versuch scheitern sollte, so hätte die Opposition zumindest ihren Marktwert in den Verhandlungen mit der SVP nach oben getrieben.”

 

Pöders Gedankenspiel: Von 35 Abgeordneten im neuen Landtag gehören 20 nicht der SVP an. Die SVP mit ihren 15 Abgeordneten hat keine absolute Mehrheit, diese liegt bei 18 Abgeordneten.

„Fast alle Parteien – außer der PD – waren im Wahlkampf gegen die SVP-Politik, gegen die bisherige Landesregierung“, erinnert Pöder. Und trotzdem bestimme die SVP weiterhin das Tempo, wo und wann die Gespräche geführt würden, mit wem sie rede und wer künftig regieren solle.

„Warum setzen sich die übrigen 20 Abgeordneten nicht einmal zusammen, um über eine Regierung jenseits der SVP zu reden?

Unrealistisch bei all den unterschiedlichen Parteien und Positionen? Vielleicht. Aber man könnte doch wenigstens versuchen, sich auf einige sehr wichtige Punkte zu einigen, die man dann in den nächsten fünf Jahren umsetzt. Gesundheitspolitik zum Beispiel, Verkehr, Entlastung der Familien, des Mittelstandes, der Betriebe. Man klammert jene Punkte aus, in denen Südtirol ohnehin keine Zuständigkeiten hat. Und mindestens 18 der 20 Nicht-SVP-Abgeordneten versuchen mal jenseits der SVP zu denken“, so Pöder.

Der BürgerUnion-Politiker glaubt, dass Paul Köllensperger mit den Freiheitlichen, dem Movimento 5 Stelle, der Lega und der Süd-Tiroler Freiheit durchaus handelseinig werden dürfte. Und: Den Italiener Alessandro Urzì brauche er gar nicht für eine politische Mehrheit. Das Problem seien aber die Grünen, weil sie ein Veto gegen die Lega ausgesprochen hätten. Deshalb müsse man den Grünen weit entgegenkommen und neben einem Sitz in der Landesregierung auch den Posten des Landtagspräsidenten anbieten. 

Ein weiteres Problem: Eine solche „Oppositionsregierung“ hat keinen Ladiner in ihren Reihen. Paul Köllensperger müsste also zumindest einen der beiden SVP-Ladiner in sein Kabinett holen. Die Berufung eines Ladiners von außen wäre noch schwieriger zu bewerkstelligen, weil dafür eine Zweidrittelmehrheit nötig wäre.

Doch auch das Ladiner-Problem ist laut Pöder lösbar: Zuerst werde laut Artikel 9 der Geschäftsordnung ohnehin erst einmal der Landeshauptmann gewählt. Diesem obliege es, eine Regierung zusammenzustellen und dringende, unaufschiebbare Beschlüsse zu verabschieden. „Die Wahl der Landesräte erfolgt erst in einer der darauffolgenden Sitzungen“, weiß Pöder und fügt hinzu: „Wenn der gewählte LH zurücktritt, dann ist der Landtag aufgelöst.“  

Paul Köllensperger hält von solchen Gedankenspielen wenig. Die Parteien seien von ihrer ideologischen und programmatischen Ausrichtung zu verschieden. Nun wolle man die am Montag anstehende Entscheidung der SVP-Leitung abwarten. „Wir haben der SVP unsere Bereitschaft bekundet, über Programme und Inhalte zu verhandeln“, sagt er. Sollte sich das Edelweiß am Ende – wovon auszugehen ist – gegen eine Beteiligung seines Teams entscheiden, will sich Köllensperger mit allen Vertretern der Opposition zusammensetzen, um über die Zusammenarbeit in der neuen Legislatur zu sprechen. Ziel des neuen Oppositionsführers ist es, im Landtag eine stärkere und gewichtigere Opposition zu betreiben, als es in der vergangenen Legislatur der Fall war.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (30)

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  • andreas

    Der Partei mit der relativen oder absoluten Mehrheit obliegt die Aufgabe, die Regierung zu bilden.
    Was genau hat Pöder da nicht verstanden?
    Solche bauernschlaue Vorschläge sind aber typisch für Südtirol. Wenn es darum geht andere zu übertölpeln und einen persönlichen Vorteil für sich herauszuschlagen, sind Südtiroler recht gerne vorne dabei.

  • florianegger

    Noch ist die SVP leider die meistgewählte Partei. Daher ist es demokratisch richtig, wenn sie die Regierungsbildung macht und nicht beleidigten Nichtmehrgewählen

  • robby

    Wenn ich allerdings die arrogante Aussage der SVP höre, die Oppositionsparteien müssen in die SVP Zentrale kommen um ihre „Anliegen“ vorzubringen dann wäre der Vorschlag Pöders vielleicht doch zu überlegen. Ich stelle mir das so vor: die SVP wartet auf die oppositionellen Bittsteller – und keiner kommt. die treffen sich nämlich ohne SVP. Wäre herrlich!

  • andreas

    Lustig wenn hier die geistige Elite die Demokratie neu definieren will.

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