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Die Flügelkämpfe

Die Lega-Abgeordneten

Die Besetzung der Landesregierung könnte für die Lega zur Zerreißprobe werden: Der mächtige Bezirk Bozen beharrt auf einer Nominierung des Leiferers Giuliano Vettorato, Kommissar Massimo Bessone bevorzugt die Meranerin Rita Mattei.

Von Matthias Kofler

Die SVP will in ein bis zwei Wochen mit allen im Landtag vertretenen Fraktionen Sondierungsgespräche zur Bildung einer neuen Regierungskoalition führen: Dies sei eine demokratische Pflicht, erklärte Landeshauptmann Arno Kompatscher am Tag nach den Landtagswahlen. Erst danach werde man eine Entscheidung über die Regierungsbildung fällen.

Schon vor den Sondierungsgesprächen deutet vieles darauf hin, dass das Edelweiß künftig mit der Lega am Regierungstisch sitzen wird. Der „Carroccio“ fuhr am Sonntag einen Erdrutschsieg ein: Die Partei von Innenminister Matteo Salvini kam auf 11,1 Prozent bzw. 31.000 Stimmen und ist künftig mit vier Mandataren im Landtag vertreten. Eine SVP-Lega-Koalition hätte mit 19 Sitzen eine stabile Mehrheit.

Was zudem für eine Mitterechts-Regierung auf Landesebene spricht: Laut Lega-internen Wählerstromanalysen wurde die Salvini-Liste am Sonntag von 4.000 bis 5.000 deutschsprachigen Wählern angekreuzt. Größtenteils kamen diese Stimmen von vormaligen Freiheitlichen-Wählern. Jeder sechste Lega-Wähler ist also deutscher Muttersprache.
Aufgrund der Bestimmungen des Autonomiestatuts müssen der neuen Regierung zwei italienische Landesräte angehören – unabhängig davon, ob die Exekutive weiterhin aus acht Mitgliedern besteht oder auf neun bzw. zehn Mitgliedern aufgestockt wird.

Sollten die Koalitionsverhandlungen mit der SVP den erwünschten Erfolg bringen, kann die Lega also zwei ihrer vier Abgeordneten in die Regierung entsenden. Lega-Kommissar Massimo Bessone ist gesetzt und dürfte auch zum LH-Stellvertreter aufsteigen. Noch offen ist, wer den zweiten Sitz erhält.

Massimo Bessone bevorzugt zwar die Meranerin Rita Mattei. Auch die SVP hat durchblicken lassen, dass ihr eine italienische Frau in der Landesregierung lieber wäre. Allerdings hat Bessone in dieser Frage nur einen begrenzten Handlungsspielraum. Der an Mitgliedern (und auch an Wählerstimmen) mit Abstand stärkste Lega-Bezirk Bozen-Leifers beharrt darauf, dass der in der Vorzugsstimmenliste auf dem zweiten Platz gereihte Leiferer Gemeindereferent Giuliano Vettorato in die Regierung entsandt wird. Rita Mattei müsste in diesem Falle mit dem Posten als Landtagspräsidentin „entschädigt“ werden. Gleichzeitig steigen damit die Chancen der SVP-Politikerin Maria Hochgruber Kuenzer, in die Landesregierung zu kommen, weil Arno Kompatschers Kabinett aufgrund der gesetzlichen Quote mindestens zwei Landesrätinnen angehören müssen.

Die Lega könnte also bald schon vor einer echten Zerreißprobe stehen. Im Bezirk Bozen werden bereits Stimmen laut, wonach der Brixner auf dem nächsten Parteitag als Vorsitzender abgelöst werden soll. Der Kammerabgeordnete Filippo Maturi wird als möglicher Nachfolger gehandelt. Andererseits hat Bessone am Sonntag starke 4.100 Vorzugsstimmen erhalten. Die Wähler haben dem Lega-Kommissär also den Rücken gestärkt.

Dennoch ist der Brixner Neo-Landtagsabgeordnete für viele Bozner und Leiferer Leghisti ein rotes Tuch. Der Grund: Massimo Bessone hatte sich im Vorfeld der Landtagswahlen lange Zeit geweigert, den Leiferer Assessor Giuliano Vettorato und den Bozner Gemeinderat Carlo Vettori auf die Kandidatenliste zu setzen. Er habe Angst gehabt, selbst zu wenig Vorzugsstimmen zu bekommen und den Sprung in den Landtag zu verpassen, sagen seine Kritiker. Erst ein notariell beglaubigtes Schreiben von Parteichef Matteo Salvini brachte Bessone zum Einlenken. Kurz vor dem Abgabetermin der Listen wurden Carlo Vettori und Giuliano Vettorato doch noch mit auf die Liste genommen.

Im Wahlkampf traten die beiden zerstrittnen Lega-Flügel meistens getrennt auf: Während die Bozner Lega-Fraktion das Trio aus Carlo Vettori, Giuliano Vettorato und Roberto Selle bewarb, zeigte sich Massimo Bessone in der Öffentlichkeit demonstrativ im Dreigespann mit Rita Mattei und Luigi Nevola. Am Ende konnten beide Flügel je zwei Vertreter in den Landtag entsenden – und somit einen Kompromiss erzwungen.

Zwar versuchen die vier Lega-Abgeordneten nach der geschlagenen Wahl als Einheit aufzutreten. Doch der Streit dürfte spätestens bei der Personaldebatte wieder entflammen.

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