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Geldmensch und Geiltier

Am 24. Oktober feiert die Eigenproduktion der Brixner Dekadenz Premiere. Die kriminologische Groteske über Heimatverbundenheit im Kapitalismus stammt vom Oberösterreicher Thomas Arzt. Regie führt Torsten Schilling.

 Was ist ein Grillenparz? Was sich anhört wie die Verballhornung des Namens des berühmten österreichischen Dichters, entpuppt sich als ein Hügel, mitten in der Landschaft. Normalerweise geht hier der Jäger auf die Pirsch, und die Grillen singen. In diesem Stück singen sie im Chor (Musik: Markus „Doggi“ Dorfmann). Und sie singen von den ewigen Dingen des Lebens, von viel Gewalt und tröstlicher weise auch von Vergebung. Und einmal im Jahr wird der Grillenparz zur „Location“ eines „Events“. Eine ortsansässige Firma braucht dringend Geld und auf dem Hügel werden die neuen, von allen misstrauisch beäugten, Hauptinvestoren gefeiert. Die Erinnerungen steigen hoch. Im letzten Jahr wurde schon einmal hier gefeiert und die Feier geriet außer Kontrolle, am frühen Morgen lag eine Leiche auf dem Grillenparz. Im Rausch verschwimmen die Grenzen von gestern und heute, die Meute enthemmt sich. „Grillenparz“ ist ein vielschichtiges Stück über romantische Natursehnsucht und dunkle Triebhaftigkeit, über die Magie des Ursprungs und den Pragmatismus der Globalisierung.

Der Autor Thomas Arzt ist 1983 in Schlierbach, Oberösterreich – am Grillenparz – geboren. Er war Gasthörer an der Filmhochschule München und studierte Theater-, Film- und Medienwissenschaft sowie Germanistik, Philosophie und Psychologie an der Universität Wien. 2008 entstand sein erstes Theaterstück „Grillenparz“ im Rahmen des Autorenprojekts „stück/für/stück“ am Schauspielhaus Wien. Es wurde mit dem Hans-Gratzer-Stipendium ausgezeichnet und im April 2011 am Schauspielhaus Wien uraufgeführt, wo Thomas Arzt in der Spielzeit 2010/2011 als Hausautor arbeitete. Er erhielt u.a. das Dramatikerstipendium der Stadt Wien, das Thomas-Bernhard-Stipendium am Landestheater Linz sowie den Ute Nyssen & Jürgen Bansemer Dramatikerpreis. Beim Heidelberger Stückemarkt 2012 wurde sein Stück „Alpenvorland“ mit dem Autorenpreis ausgezeichnet. Auf die Frage, was er mit dem Tatort Grillenparz sagen wolle, antwortet der Autor: „Alle wollen ihm entfliehen. Und jeder würde es wieder tun. Tatort ist eine voralpine Binnenwelt. Zwischen Zivilstadt und Wildland. Zwischen Geldmensch und Geiltier. Zwischen Schweißbadetag und Spätsommernacht. Bestimmt in einer Binnensprache. Nicht mehr Volksmaul, noch nicht Staatsnorm. Nicht mehr Rohschnitt, noch nicht Figurenfleisch. Nicht mehr Naturgesetz, noch nicht Moral.“

Torsten Schilling führt Regie bei der dekadenten Inszenierung. Katia Bottegal arbeitet als Kostüm- und Bühnenbildnerin und stattet die Dekadenz Postkarten-mäßig aus. Markus „Doggi“ Dorfmann hat Teile vertont hat und bringt die anheimelnde Szene zum Klingen. Vielschichtig und doppelgesichtig, singend und schuhplattelnd bewegen sich Alexa Brunner, Günther Götsch, Max G. Fischnaller, Margot Mayrhofer, Matthias Messner und Marlies Untersteiner durch den „SommernachtsALPtraum“.

Das Debüt des gefeierten oberösterreichischen Dramatikers Thomas Arzt spielt auf grotesk-komische wie todtraurige Weise mit Klischeebildern von Heimatverbundenheit und ist ab 24. Oktober in der Dekadenz zu sehen.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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