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Die Ermittlung

Die Staatsanwaltschaft hat Vorerhebungen zum Casapound-Wahlplakat eingeleitet und erwägt eine vorbeugende Beschlagnahme.

Von Thomas Vikoler

Die Eingabe, digital unterschrieben von Landeshauptmann Arno Kompatscher, langte am Montag gegen 18.00 Uhr in der Staatsanwaltschaft Bozen ein.

Am Dienstag leitete diese Vorerhebungen zum Wahlplakat von Casapound ein, das seit Ende vergangener Woche für politische Aufregung sorgt.

Die Gerichtspolizei wurde beauftragt, herauszufinden, wie viele der umstrittenen Plakate gedruckt und wer dies in Auftrag gegeben hat.

Ob es zu einem formellen Ermittlungsverfahren kommt, dürfte sich in den nächsten Tagen entscheiden. Denn es ist zweifellos eine gewisse Eile geboten: Mit der Einleitung eines Strafverfahrens müsste, wennschon, eine vorbeugende Beschlagnahme einhergehen.

Diese Option wird in der Staatsanwaltschaft derzeit in Erwägung gezogen. Bis aber nicht feststeht, ob dringender Tatverdacht besteht, wird kein Antrag an den Voruntersuchungsrichter gestellt werden.

Die Eingabe des Landeshauptmannes enthält keinen präzisen Tatverdacht, die Staatsanwaltschaft wird lediglich auf die Existenz des Plakats hingewiesen. Kompatscher hatte aber in einer Videobotschaft darauf hingewiesen, dass es sich um eine „Anstiftung zum Rassenhass“ handle. Also einen Verstoß gegen das Antidiskriminierungs-Gesetz aus dem Jahre 1993, benannt nach seinem Einbringer, dem damaligen Justizminister Nicola Mancino.

Das Mancino-Gesetz richtet sich gegen „Diskriminierung, Hass oder Gewalt aus rassistischen, ethnischen, nationalen und religiösen Beweggründen“, wie es im ersten der vier Artikel heißt. In den ersten drei steht die Anstiftung zu gewaltsamen Handlungen im Vordergrund.

Dass der Begleittext „Südtirol reinigen“ zu den Fotos der Mitglieder der Landesregierung und von schwarzen Flüchtlingen eine Anstiftung zur Gewalt enthält, ist natürlich Interpretationssache.

Weit passender zum konkreten Fall ist da Artikel 4 des Mancino-Gesetz, das Strafen von sechs Monaten bis zu zwei Jahren für jene Personen vorsieht, die öffentlich „Exponenten, Prinzipien, Tatbestände oder Methoden des Faschismus oder seine antidemokratischen Ziele verherrlichen“.

Das angekündigte „Reinigen“ (semantisch mit dem nationalsozialistischen „Ausmerzen“ verwandt aber nicht deckungsgleich) als „Methode“ des Faschismus zu identifizieren, ist keineswegs abwegig. Voraussetzung dafür ist aber eine klare Eingrenzung eines Personenkreises, auf die sich der Slogan bezieht. Was auf dem Casapound-Plakat durch das Foto der schwarzen Flüchtlinge geschehen ist.

In der Staatsanwaltschaft Bozen gilt bekanntlich das Prinzip, nur dann Anklage zu erheben bzw. Beschlagnahmen vorzunehmen, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Verurteilung folgen wird. Deshalb sind – trotz des näher rückenden Wahltermins am 21. Oktober – keine Schnellschüsse zu erwarten. Zu berücksichtigen ist auch, dass die Rechtsprechung in Sachen politischer Meinungsfreiheit sehr tolerant ist.

Casapound hat inzwischen selbst, in der Person von Regional-Koordinator Andrea Bonazza, auf die Eingabe des Landeshauptmannes geantwortet: „Mit Südtirol reinigen wollen wir sagen, dass wir eine Politik, die das Geschäft mit der Einwanderung ausnützt und damit die Sicherheit unserer Städte bedroht, satt haben“. Und er bemängelt, dass sich die Vertreter der Landesregierung im Jahre 2010 nicht über das Besen-Plakat der Südtiroler Freiheit aufgeregt hat.

Das Strafverfahren zu diesem ist bekanntlich bis heute nicht abgeschlossen.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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