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„Das darf nie wieder vorkommen“

Nach den Polemiken rund um die Arztwahl in Bruneck, war das Schlangestehen für den Hausarzt auch bestimmendes Thema in der Landesregierung am Dienstag. Landeshauptmann Arno Kompatscher verspricht eine schnelle Lösung des Problems.

TAGESZEITUNG Online: Herr Landeshauptmann, wissen Sie warum so viele Menschen Schlange stehen, um einen Hausarzt wählen zu können?

Arno Kompatscher: Es gibt mehrere Gründe dafür. Wir haben darüber auch ausführlich in der Sitzung der Landesregierung über dieses Thema gesprochen. Ich habe klargestellt, dass Wege zu finden sind, damit solche Wartschlangen in Zukunft nicht mehr vorkommen.

Wie konnte es überhaupt so weit kommen?

Die aktuelle Situation ist auch eine Folge eines Rekurses der Ärztegewerkschaft. Das sollte man nicht vergessen. Früher konnte ein Hausarzt bis zu 2.000 Patienten betreuen, in Deutschland sind es sogar rund 5.000 Patienten. Nach dem Rekurs jedoch wurde bei uns die Reduzierung auf 1.500 Patienten durchgesetzt. Deshalb haben wir heute dieses Problem, dass es zu wenige Plätze gibt. Im Nachhinein mussten wir mit Gewerkschaften und Ärzten vereinbaren, dass dort wo keine ausreichende Abdeckung gegeben ist, trotzdem mehr Patienten betreut werden dürfen. In diesem Fall zahlen wir sogar einen höheren Betrag pro Patient. In Bruneck hat sich die Situation zugespitzt, da ein Arzt kurzfristig abgesprungen ist, ein weiterer in Ruhestand getreten ist und sich die neue Ärztin eine Selbstbeschränkung von 1.200 Patienten auferlegt hat. Das ist ihr gutes Recht, genauso wie die freie Arztwahl ein gutes Recht der Bürger ist. Ich kann noch hinzufügen, dass mit Jahresbeginn in Bruneck ein neuer Hausarzt seine Tätigkeit aufnehmen wird. Kein Bürger bleibt ohne hausärztliche Versorgung.

Sind die Sorgen der Menschen unbegründet?

Der Ärztemangel ist eine Realität. Ich kann verstehen, dass sich viele Menschen deshalb Gedanken machen. Wir arbeiten konkret an Lösungen und haben schon wichtige Schritte gesetzt. Weitere werden folgen. Wir versuchen noch, eine zusätzliche Aufstockung der Patientenzahlen zu erreichen und setzen alle Hebel in Bewegung, um dem Mangel an Ärzten entgegenzuwirken.

Kann man die Arztwahl digital durchführen lassen? 

Diese Möglichkeit wurde bewusst nicht geschaffen. Mit einer Wahl auf digitalem Weg wären die älteren Menschen ganz klar im Nachteil, und das möchten wir vermeiden. Ziel muss es sein, ein faires System der Wahl zu entwickeln, das ohne Warteschlangen auskommt, und grundsätzlich eine bessere Abdeckung zu erreichen.

Warum sind die Menschen so besorgt, dass sie plötzlich ohne Hausarzt dastehen könnten? Ist das eine Frage der Kommunikation?

Der Gesundheitsbetrieb hat in einem Schreiben ganz klar darauf hingewiesen, dass nicht neu wählen muss, wer bereits einen Arzt zugewiesen hat. Viele von denen, die provisorisch einem Hausarzt zugeteilt wurden, sind am Montag trotzdem zur Wahl gegangen. Es gibt allgemein eine große Debatte rund um das Thema Ärztemangel und medizinische Versorgung. Das führt mitunter auch zu Besorgnis. Ich bin aber zuversichtlich, dass wir den Herausforderungen Herr werden.

Kann Südtirol hier tatsächlich selbst entscheiden, das Procedere der Hausarztwahl zu ändern oder muss man sich an nationale Vorgaben halten? 

Ich bin der Ansicht, dass wir dieses Procedere im Rahmen der organisatorischen Autonomie sehr wohl selbst ändern können. Klar muss nur sein: Es muss eine gerechte Form der Arztwahl gewährleistet werden. Warteschlangen wie jene in Bruneck soll es auf jeden Fall in Zukunft nicht mehr geben. 

Interview: Silke Hinterwaldner

 

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