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„Scheinheilige Männer“

Brigitte Foppa, die einzige weibliche Spitzenkandidatin bei den Landtagswahlen, liest ihren Männer-Kollegen die Leviten: Frauen in der Politik würden banalisiert, belächelt und verschaukelt – weil die Männer immer noch nicht bereit seien, Platz zu machen.

von Matthias Kofler

Die Grünen haben im Regionalrat einen Gesetzentwurf eingebracht, mit dem die Geschlechterrepräsentanz in den Gemeinden gefördert werden soll. Konkret soll auch bei den Gemeindewahlen dasselbe Prinzip wie bei den Landtagswahlen gelten, wonach eine Liste nur dann gültig ist, wenn darauf mindestens ein Drittel Frauen aufscheinen. Zurzeit reiche es aus, eine einzige Frau als Feigenblatt aufzustellen, damit eine zu 99 Prozent aus Männern bestehende Liste gültig ist. Zudem sollen im ersten Drittel der Listen Frauen und Männer alternierend gereiht werden.

So weit die Hoffnung der Grünen. Doch Riccardo Dello Sbarba und Co. haben die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Schon nach den ersten Wortmeldungen zeichnet sich ab, dass die Grünen mit ihrem Gesetz Schiffbruch erleiden werden. Mit einem Redebeitrag versucht Parteichefin Brigitte Foppa zu retten, was noch zu retten ist. Dumm nur, dass sich zu dem Zeitpunkt so gut wie niemand mehr im Saal aufhält. Doch diejenigen, die mit Absenz glänzen, verpassen einen denkwürdigen Auftritt, in dem die Grünen-Frontfrau ihren Männer-Kollegen einmal so richtig die Leviten liest.

Das Wortprotokoll der Foppaschen Grundsatz-Wut-Rede:

Wahrscheinlich findet das wirklich Wichtige außerhalb dieses Saales statt, weil derzeit nur sehr wenige Abgeordnete hier sind. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind gerade alle dabei, die Listen für die Landtagswahlen zu erstellen. Deshalb wissen wir alle hier, wie es ist, Frauen für die Wahlen zu finden. Einige von uns haben wir stöhnen gehört, weil es unheimlich schwer gewesen sei, Frauen für die Listen zu finden; andere haben sich etwas leichter getan. Was auffällt ist, wie sehr Frauen noch einmal ein Stück weit zurückgedrängt werden.

Schauen Sie sich einmal an, wer die Spitzenkandidaten auf den Landtagslisten sind! Ich habe bis jetzt nur eine einzige Partei gesehen, die eine weibliche Spitzenkandidatin bringt. Bei den anderen Parteien sind es ausschließlich Männer. Deshalb schlagen wir vor, im ersten Drittel der Listen Männer und Frauen abwechselnd zu reihen. Denn es hat etwas zu sagen, ob man ganz vorne als Spitzenkandidat oder ganz hinten aufscheint. Das wissen alle, die schon einmal Wahlkampf gemacht haben und irgendwo unter „ferner liefen” aufschienen. Das passiert nun einmal vor allem den Frauen. Es wurde hier gesagt – und darauf will ich explizit eingehen –, dass man nur besonders gut sein muss: „Basta essere valide!“

Dann möchte ich euch jetzt einmal die Einladung zu einer Podiumsdiskussion vorlesen, bei der sich einige von uns treffen werden. Es sind sechs Parteien eingeladen und ich lese euch vor, wer dort alles am Podium sitzen wird. Und wir überlegen uns danach – kleines Ratespiel –, was diese Leute, bis auf eine Ausnahme, alle gemeinsam haben. Es sitzt dort für die BürgerUnion der Herr Andreas Pöder und der Herr Stefan Taber, für die Freiheitlichen der Herr Andreas Leiter Reber – der ist dort alleine, aber er hat zwei Nachnamen – (Gelächter im Saal), für die Grünen Brigitte Foppa und Hanspeter Staffler, für die Süd-Tiroler Freiheit Sven Knoll und Bernhard Zimmerhofer, für die Südtiroler Volkspartei Arno Kompatscher und Philipp Achammer und für das Team Köllensperger Peter Kasal und Andreas Lamprecht.

Was haben diese Leute – bis auf einer Ausnahme – alle gemeinsam? Das sie vermutlich sehr wertvoll sind! Es hat ja hier geheißen: „Basta essere validi, basta essere valide!“ Das heißt für mich: Männer sind wertvoller! Ja natürlich, die Frauen müssten nur gut genug sein, dann würden da oben alles nur Frauen sitzen. Das glaubt ihr wohl selber nicht! Und es ist wirklich so bedrückend, dass in dieser Diskussion so viel Scheinheiligkeit vorherrscht.

Denn sagt doch bitte, worum es geht: Wir haben im Südtiroler Landtag alle gesehen, um was es geht, als es darum ging, einen kleinen Beirat für die Soziale Landwirtschaft zu besetzen, einen Beirat, der sich um einen Bereich kümmert, in dem fast ausschließlich Frauen tätig sind, der keine Macht und auch kein Geld hat, der – ohne ihn jetzt niederreden zu wollen – wirklich nicht der weltumfassendste Beirat ist: Und nicht einmal da wart ihr imstande, eine Frau als Fixvertreterin hineinzugeben. Nicht einmal das habt ihr geschafft. Da ist mir klar geworden – ich hab’s vorher schon geahnt, muss ich zugeben – dass es nur um eine Sache geht: nämlich dass ihr nicht Platz machen wollt. Lasst doch die Scheinheiligkeiten. Es geht hier um die Regeln der Demokratie, ein hehres Anliegen, und ihr banalisiert es immer, so wie ihr immer die Dinge bagatellisiert, wenn es um Frauen geht. Das ist der Grund, warum Frauen keine Lust haben, in die Politik zu gehen.

Man muss sich endlich einmal bewusst werden, was es heißt, immer wieder banalisiert, belächelt und verschaukelt zu werden. Denn das ist unser weiblicher Alltag in der Politik! Es ist nicht gottgegeben, dass Frauen nicht in der Politik mitreden wollen. Frauen müssen um ihre Plätze kämpfen, die ihr nicht freigeben wollt, und dann haben sie auch noch die doppelte Arbeit der anderen. Das ist der weibliche Alltag, und alles andere ist nur unehrliches Gerede! Wir wollen den Frauen den Nachteil, den sie in Jahrtausenden der Politikgestaltung durch die Männer erlitten haben, ein kleines Stück aufzuholen. Es geht nicht darum, den Frauen ein kleines Zuckerle zu geben, damit sie auch noch eine Nebenbeschäftigung neben Arbeit, Familie und Haushalt haben, sondern es geht darum, dass die Frauen auch die Gemeindepolitik mitgestalten können.

Anschließend schritten die Abgeordneten zur Abstimmung: Der Übergang zur Artikeldebatte wurde mit zehn Ja, 33 Nein und einer Enthaltung abgelehnt. Die weiblichen Abgeordneten des Südtiroler Landtags – Waltraud Deeg, Ulli Mair, Tamara Oberhofer, Magda Amhof und Maria Kuenzer – nahmen an der Abstimmung nicht teil.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (19)

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  • andreas

    Denkwürdig ist bei dieser Rede schon mal gar nichts, außer vielleicht, daß die Foppa mal darüber nachdenken sollte, warum Frauen selten Frauen wählen.
    Foppa wird nicht lächerlich gemacht, weil sie eine Frau ist, sondern weil sie Forderungen stellt wie die Kreuze in Schulen abhängen, die Wurstbrote im Landtag verbieten oder so substanzlosen Unsinn wie diese Rede.
    Als Foppa, Mair und Amhof mit ihrer direkten Demokratie Kampagne durchs Land getourt sind, war die Teilnahme recht bescheiden. Das lag aber gewiss nicht daran, dass sie Frauen sind.

    Wo sind die Kaliber einer Annalena Baerbock, Sahra Wagenknecht oder Annegret Kramp-Karrenbauer?

  • erich

    Gute Frau Foppa, da haben die Frauen unter sich noch viel Entwicklungsarbeit zu machen. Ein Beispiel: Es gibt weltweit viele Männer Bands die 40, 50 Jahre gemeinsam auftreten, es gibt keine Frauen Band die es 2 Jahre mitsammen aushalten. Kaum sind irgendwo 2, 3 Frauen zusammen gibt es schon Zickenkrieg, aus diesem Grund wählen Frauen auch nicht Frauen.

  • kritiker

    selten so einen hochdifferenzierten Schmarrn gelesen. Wer hat uns dieses goggile gelegt?

  • morgenstern

    Langweilig, immer diese Artenschutzprogramme.

  • george

    Ach, wie schwach seid ihr doch, ihr von Frauen geborene Schreiberlinge hier, wenn ihr nur solche Argumente imstande seid zu bringen, die gar keine sind. Und ihr wollt von schwachen Frauen reden? Habe die euch doch mindestens die Hälfte der Gene mitgegeben. Biologisch seid ihr also gleich schwach oder gleich stark, wie ihr das auch immer versucht zu drehen und zu wenden. 😀

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