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„Fatal für die Landwirtschaft“

Der Fall der Unternehmerfamilie Gostner, die in Rumänien 13.200 Hektar Ackerland bewirtschaftet, löst bei Landesrat Arnold Schuler großen Zorn über das derzeitige System aus: „Der Steuerzahler zahlt den großen Investoren die Verzinsung.“

von Heinrich Schwarz

Nicht weniger als 13.200 Hektar Ackerland bebaut das Bozner Unternehmen Fri-El der Gostner-Brüder Ernst, Josef und Thomas in Rumänien. Damit ist Fri-El einer der größten landwirtschaftlichen Betriebe Rumäniens – und laut Fri-El-Geschäftsführer Josef Gostner der größte Bio-Betrieb in ganz Europa. Insgesamt 60.000 Tonnen an Weizen, Mais, Gerste, Sonnenblumen, Raps und Soja werden jährlich geerntet.

Der Bericht der TAGESZEITUNG über die Großbauern Gostner (siehe https://www.tageszeitung.it/2018/08/26/die-bio-grossbauern/) sorgte für großes Aufsehen. Bei Landwirtschafslandesrat Arnold Schuler sorgte er insbesondere für Zorn. Sein Zorn richtet sich aber nicht direkt an die Unternehmerfamilie Gostner, sondern vielmehr an die aktuelle Agrarpolitik der EU.

„Vor allem in Osteuropa kaufen Investoren riesige Flächen auf und entziehen diese somit den Kleinbauern, die dann verschwinden und nie mehr zurückkommen. Das ist ein großes Problem, das durch die EU-Agrarpolitik sogar noch gefördert wird“, so Schuler.

Er erklärt: „Es kursieren teilweise Preise von einem Euro pro Quadratmeter. Das sind 10.000 Euro pro Hektar. Bei einer Betriebsprämie von 200 Euro pro Hektar in Rumänien bedeutet dies eine garantierte Verzinsung von zwei Prozent auf das investierte Kapital – egal ob man mit der eigentlichen landwirtschaftlichen Produktion Gewinn macht oder auf Null aufgeht. Es gibt heute keine Investition mehr, die sich so leicht rechnet. Das heißt, der europäische Steuerzahler zahlt den großen Investoren die Verzinsung auf das Kapital. Das ist fatal für die Landwirtschaft, aber auch für die Landwirtschaftspolitik. Gleichzeitig gibt es noch eine Wertsteigerung der Agrarfläche, weil es immer mehr Flächen braucht, um die Welt zu ernähren.“

Josef Gostner, so Schuler, habe leicht reden, wenn er sagt, er könne trotz Bio-Betrieb zu relativ günstigen Preisen produzieren: „Der landwirtschaftliche Erlös interessiert hier nämlich nur am Rande, weil man durch die Betriebsprämie eine Verzinsung auf das Kapital hat. Die kleinen Bio-Betriebe stöhnen immer mehr darunter, weil sie erstens nicht immer die Voraussetzungen für die Betriebsprämie haben und – zweitens – die Großbauern mit ihren riesigen Flächen günstiger produzieren können. Der Kleinbauer muss mit dem, was er erwirtschaftet, zu einem guten Teil seine Familie ernähren.“

Dieser Praxis, dass Großinvestoren dank der EU-Betriebsprämie „ein Vermögen verdienen“, müsse man einen Riegel vorschieben, fordert Arnold Schuler. EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann sei in Brüssel sehr bemüht, für die neue Förderprogramm-Periode 2020-2027 eine Änderung zu erwirken. „Aktuell liegt ein Vorschlag auf dem Tisch, der eine Deckelung der Prämien vorsieht. Das heißt, dass es pro Betrieb eine Höchstsumme gibt – etwa 60.000 oder 100.000 Euro“, erklärt Schuler.

So eine Reform könne dafür sorgen, dass der Kauf von großen Flächen uninteressant wird. „Es wird aber Riesenproteste von den Vertretern der großen Betriebe geben, weil es inzwischen zahlreiche Betriebe mit Größenordnungen gibt, die alles Bisherige sprengen“, meint Schuler und betont: „Bei den Sonntagsreden sagt jeder Politiker, dass die kleinbäuerlichen Strukturen die Landwirtschaft ausmachen und deshalb zu fördern sind. Bisher hat man aber genau das Gegenteil getan.“

In Südtirol etwa erhalte jeder vierte Betrieb keine Betriebsprämie, weil er die Mindest-Auszahlungsgrenze von 300 Euro nicht erreiche. „Auf der anderen Seite“, so Landesrat Arnold Schuler, „kassieren solche Betriebe wie in Rumänien riesige Beträge. Total verkehrte Politik. Bald hat man dann nur noch Großbetriebe und die kleinbäuerlichen Strukturen verschwinden.“

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (11)

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  • criticus

    Herr Schuler mal ehrlich, was hat die EU in letzter Zeit „Gscheides zusammengekriegt“? Ein Haufen geführt von einem Alkoholiker!
    Entschuldigung, das heißt heutzutage Ischiaskranker.

  • vogelweider

    Respekt für die offenen Worte! Diese hört man so selten aus dem Mund von (Südtiroler) Politikern.
    Und was #criticus angeht: Ein Kritiker kritisiert Tatsächliches und zeigt dabei andere mögliche Lösungswege auf, Sie aber nichts weiter als ein Krittler und Fac news Verbreiter.

  • ostern

    Von wegen Steuern soll der Schuler, als Landwirtschaftsvertreter nur den
    Mund halten. Die Bauern kennen in Ihrem Wörterbuch das Wort Steuern nicht!!!
    Was die EU betrifft, glaube ich dass Hr. Schuler verärgert ist, kommen doch
    Massenhaft Beiträge für die Bauern nach Südtirol. Als Normalbürger wäre
    es kein Problem von der EU auszusteigen aber für den „armen“ Bauer………….

  • george

    Warum hat sich LR Schuler diesbezüglich nicht schon früher gewehrt und immer erst wenn irgendwelche Anfragen dazu hereinkommen oder Wahlen anstehen? Das ist billige Wahlwerbung!

  • guyfawkes

    So wie ich es verstehe sind Subventionen für die Landwirtschaft unter Anderem dazu gedacht eine gewisse Sicherheit für die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln zu ermöglichen.

    Und woher kommen die landwirtschaftlichen Produkte für die Herstellung von ganz normalen Nahrungsmitteln (zB Weizen für die Nudelproduktion)? Wohl sicher nicht von den Südtiroler Hagelnetz-Apfel-Monokultur-Landschaftsverschandlern!
    Unter diesem Aspekt macht es sogar mehr Sinn mittlere und große Agrarbetriebe zu fördern als Kleinstbetriebe, die nur unwesentlich zur Versorgung beitragen. Natürlich sind auch andere Aspekte zu berücksichtigen (zB bei der Milchwirtschaft), aber die Bauernvertreter drehen sich ihre Argumente immer so wie sie sie gerade brauchen.

    Neueste „Erfindung“ der Bauernlobby (Hallo Frau Kuenzer):
    „Zusätzliche Zuverdienstmöglichkeiten für Nebenerwerbsbauern“ – diese Forderung muss man sich erstmal auf dem Munde zergehen lassen.
    Dahinter verstecken sich natürlich lediglich weitere Möglichkeiten auf öffentliche Gelder zugreifen zu können (zB sollen auf einmal „bäuerliche Famlien“ qualifiziert sein ältere Menschen zu pflegen).

    • meintag

      In diesem Sinne bekommen Südtirols Apfelbarone mehr Kapital von der EU als Im Gegensatz überwiesen wird. Auch wenn es Diese Genossenschaftsvassallen nie zugeben würden, aber Sie leben auf Kosten der Anderen in allen Bereichen die sich ein Arbeitnehmer ubd Konsument vorstellen kann.

  • leser

    Genossenschaften sind schon grundsätzlich gut, da steuerbefreit und um keine gewinne ausweisen zu müssen zahkt man an die funktionäre traumgehälter aus, die vom steuerzahler finanziert werden, weil man genossenschaften und bauern mit förderungen und freibeträgen zuschüttet, da macht man keinen unterschied ob von von den 6% landwirten, die es in südtirol gibt, die mercedesfahrerenden apfelbauern mit familienhotel oder das bergbäuerle mit seinen 5 kühen am berghang werden nicht unterschieden
    Auch schuler stellt auf bio um und wird wahrscheinlich noch gefördert
    Da kann er dem kostner nur die hand geben, denn beide sitzen im fördertopf, nur kostner kriegt seine förderungen schneller ist eben einen sprung kleverer

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