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Urlaub am Parkplatz

In der Hochsaison strömen auch die Wohnmobile in die beliebtesten Tourismusorte: Wie die wilden Camper in Innichen das Ortsbild stören und die Einheimischen ärgern.

von Silke Hinterwaldner

Jedes Jahr dasselbe Bild: Nahe dem Hotel Baranci auf einem öffentlichen Parkplatz in Innichen stellt ein Campingtourist seinen fahrbaren Untersatz ab, um dort einige Wochen Urlaub zu machen.

Ab und zu bekommt er Besuch von der Gemeindepolizei, die kontrolliert, ob sich der Campingtourist an die gängigen Parkvorschriften hält. Aber das schreckt den Mann nicht. Er kommt Jahr für Jahr im August, um seinen Urlaub auf etwas unkonventionelle Art im Herzen von Innichen zu verbringen.

Er ist bei weitem nicht der einzige, der so vorgeht. Je näher die Mittsommertage rücken, desto höher die Dichte an Wohnmobilen mitten im Ort genauso wie am Ortsrand. Die Wohnmobile werden auf Bezahlparkplätzen genauso abgestellt wie in der grünen Wiese. Ganz besonders nachts sind die Stellplätze gegenüber den Haunold-Liften (allein dort wurden gestern früh 25 Wohnmobile gezählt) oder beim Hallenbad Acquafun beliebte Aufenthaltsorte. Manch einer bleibt auch tagsüber stehen – dann allerdings muss er Parkgebühr entrichten. Grundsätzlich gilt: Solange der Campingtourist keinen Tisch vor das Wohnmobil stellt und innerhalb der blauen Linien bleibt, gilt er als normaler Verkehrsteilnehmer – und kann allein schon deshalb nicht von der Gemeindepolizei bestraft werden.

Fast allen Tourismusgemeinden ergeht es ähnlich: Innichen ist bei Campingtouristen genauso beliebt wie Toblach oder Sexten. Manche haben sich mit dem Ansturm im Hochsommer abgefunden, aber viele ärgern sich Jahr für Jahr und die zugeparkten Ortschaften. Die wild parkenden Wohnmobile sind nicht nur aus ästhetischen Gründen ein Dorn im Auge. Diese Touristen produzieren auch Müll und wissen oft nicht wohin damit. Genauso müssen sie sich waschen und Toiletten benutzen oder entleeren – alles nicht ganz einfach mitten in einer Ortschaft. Oft genug werden an den Eingängen zu den Parkflächen die Höhenbegrenzungen abgerissen. Und nicht selten versperren unbedacht abgestellte Camper die Fußwege.

„Jedes Jahr dasselbe Schauspiel“, sagt ein mittlerweile ungeduldig gewordener Innichner, „das schaut einfach schrecklich aus und die Gemeinde schaut tatenlos zu.“ Hans Schmieder, im Ausschuss für Mobilität zuständiger Referent, verfolgt das Problem seit Jahren. „Es wird immer schwarze Schafe geben“, sagt er, „aber ich habe den Eindruck, dass der Ansturm heuer etwas schwächer ausfällt als in den vergangenen Sommern.“ Das sei unter anderem dem Umstand zu verdanken, dass die Gemeinde am östlichen Ortsrand einige der beliebten Stellflächen abgegrenzt und an der Sextner Straße einen Graben errichtet hat. Viele Campingtouristen hält dies aber nicht davon ab, nach neuen Quartieren zu suchen.

Ebendiese Suche stört Dieter Wurmböck am allermeisten. „Der enorme Suchverkehr“, sagt der Präsident des örtlichen Tourismusvereins, „ist manchmal unerträglich. Die Wohnmobile kurven durch das Dorf auf der Suche nach einem Parkplatz und blockieren so den gesamten Verkehr.“ Aber wie kann man so etwas verbieten? Im August begeben sich vor allem italienische Touristen auf die Reise, beliebtes Ziel ist das Hochpustertal. Dort ist es im Hochsommer kühl und es gibt attraktive Sehenswürdigkeiten. Wer mit dem Tourismus lebt, muss wohl auch die Schattenseiten ertragen.

„Wir versuchen“, sagt Hans Schmieder, „dieses Thema stückweise zu regeln. Vielleicht sollten wir über eine Verlängerung der Parkgebühren über Nacht nachdenken.“ Aber es ist so: Der wilde Campingtourismus ist ein Phänomen, das sich nur sehr schwer streng reglementieren lässt.

 

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