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„Die Hände gebunden“

Helmuth Renzler (Facebook)

Das „Renten-Komitee Südtirol“ verlangt eine Erhöhung der Renten. Im TAGESZEITUNG-Interview behauptet SVP-Arbeitnehmer-Chef Helmuth Renzler, dem Land seien die Hände gebunden.

TAGESZEITUNG Online: Landeshauptmann Arno Kompatscher versprach noch im Wahlkampf, dass er die Mindestrente von aktuell circa 500 Euro auf 700 Euro anheben würde. Wäre das möglich gewesen oder war das nur ein Wahlversprechen?

Helmuth Renzler: Es war nicht nur ein Wahlversprechen. Der Landeshauptmann hat das nie direkt versprochen. Ziel war es, dass jene alleinstehenden Rentner, die über 70 Jahre alt sind, einen erhöhten Betrag von 700 Euro erhalten. Damals durften die in Frage kommenden Rentner eine Eigentumswohnung besitzen und circa 9.800 Euro Jahreseinkommen, also die Mindestrente, erhalten.

m Laufe der Arbeit hat sich dann herausgestellt, dass man diesen Rentnern nicht einfach 200 Euro mehr in Form eines Sozialbeitrages geben kann. Denn viele dieser Über-70-Jährigen erhalten bereits einen Sozialzuschlag von der IMPS und haben somit mehr als die Mindestrente. Hätte das Land also 200 Euro mehr an diese Rentner gezahlt, dann hätte die IMPS einfach den Teil, der vom Staat kommt, abgezogen.

Daher wurde beschlossen, den Rentnern einen Heizkostenbeitrag zu gewähren. Allerdings haben von den damals 5.000 Anspruchsberechtigten, viel zu wenige angesucht. Viele dieser Mindestrentner waren nicht in der Lage, ihre Heizausgaben zu beweisen. Vor gut einem Monat haben wir das Ansuchen für den Heizkostenbeitrag vereinfacht und hoffen nun alle Anspruchsberechtigten zu erreichen.

Ist die Rentensache nur zu Wahlkampfzeiten ein Thema?

Nun ja, man muss zwei Sachverhalte unterscheiden. Was sich auf nationaler Ebene abspielt und was auf Landesebene. Durch die Fornero-Reform sind sehr große Ungerechtigkeiten entstanden. Bisher haben alle Regierungen an dieser Thematik gearbeitet und immer wieder wurden Ausnahmebestimmungen zur Rente eingeführt, damit bestimmte Berufskategorien früher in Rente gehen können. Das kann nicht so weitergehen – es fehlt die Gerechtigkeit. Auf Landesebene ist der Vorwurf von Herrn Knollseisen wohl auf die bevorstehenden Landtagswahlen zurückzuführen. Es sollte wohl die Politiker und die Landesregierung unter Druck setzen. Doch der Landesregierung sind in dieser Sache einfach die Hände gebunden. Das Problem besteht zwar, doch die Rente ist im Endeffekt eine Versicherung: Man erhält zurück, was man eingezahlt hat.

Das Renten-Komitee Südtirol verlangt in einem Schreiben an den Landeshauptmann eine Anhebung der Mindestrente. Wie realistisch sind die Forderungen?

Helmuth Renzler

Nun ja, das Renten-Komitee besteht praktisch aus Herrn Meinhard Knollseisen. Es wurde eine Erhöhung der Rente für all jene verlangt, die unter 1.000 Euro beziehen. Dochdie Forderungen dieses Komitees sind ganz einfach nicht machbar.

Inwiefern kann die Landespolitik in der Rentensache eingreifen?

Was die Rente selbst angeht hat das Land gar keine Möglichkeiten einzugreifen. Lediglich über Sozialbeiträge beziehungsweise über das Lebensminimum kann die Landesregierung eingreifen. Die Rente, die ja praktisch einer Versicherung gleich kommt, ist außerdem primäre Zuständigkeit des italienischen Staats.

Was kann man tun, wenn man mit seiner Rente nicht auskommt, welche Hilfen gibt es?

In Südtirol gibt es das sogenannte Lebensminimum. Um die Renten zu verbessern, muss man versuchen, die Grenzen des Lebensminimums zu erhöhen – das würde sich dann auch auf andere Sozialleistungen auswirken. Das ist die einzige Möglichkeit. Denn eine spezifische Lösung allein für die Renten ist nicht möglich. Die Lebenskosten sind einfach rapide angestiegen, deshalb kommt man als Rentner schwieriger über die Runden.

Die italienische Regierung will ins Haushaltsgesetz 2019 durch eine Rentenreform die 100er-Quote einführen. Was halten Sie von diesem Vorhaben?

Mit der 100er-Quote werden einfach das Mindestalter und die Mindestanzahl von Versicherungsbeiträgen summiert. Wenn diese über 100 liegen, kann man dann in Pension gehen. An und für sich wäre diese Regelung wünschenswert. Aber so viel mir bekannt ist, wird aktuell über die Einführung des Mindestalters von 64 Jahren mit 36 Versicherungsjahren diskutiert.

Ich finde es gut, dass die Fornero-Reform abgeschwächt wird, denn es gibt viele Berufe mit hohem physischen Verschleißerscheinungen, bei denen sich die Menschen schwer tun, die Mindestanzahl an Berufsjahren zu erreichen. Die große Frage in Sachen Rente ist die Finanzierung. Bis jetzt gibt es noch keinen ernstzunehmenden, schriftlichen Lösungsvorschlag, also sollte man sich noch nicht allzu große Hoffnungen machen. Wenn dieses Vorhaben mit der 100er-Quote vernünftig – ohne das Draufzahlen der Bürger – durchgeführt wird, dann kann diese Regelung eine gute Alternative zur Fornero-Reform darstellen.

Wie sieht es mit der Rente der jüngeren Bevölkerung in Zukunft aus?

Diejenigen, die vor dem 1. Januar 1996 angefangen haben zu arbeiten, müssen um in Rente gehen zu dürfen, nicht nur ungefähr 45 Versicherungsjahre schaffen, sondern müssen auch einen monatlichen Mindestrentenbetrag erreichen. Erst dann können sie im Alter von 71 Jahren in Pension gehen. Dieser monatliche Mindestrentenbetrag beträgt, umgerechnet auf dieses Jahr, 1.251 Euro.

Damit man mit dem beitragsbezogenen System diese Summe als Rente erhält, müssen circa 380.000 Euro an individuellem Beitragskapital eingezahlt werden. Es sieht also katastrophal in Sachen Rente aus. Zum Ersten haben Niedrigverdiener und Teilzeit-Angestellte Schwierigkeiten diese 380.000 Euro an Beitragskapital zu erreichen und wären somit im Vorhinein gezwungen, bis zum Alter von 71 Jahren zu arbeiten, bis sie ihre Rente ausgezahlt bekommen. Das kann auf Dauer so nicht weitergehen. Zum Zweiten wird es für Jugendliche ratsam sein, sich ein zweites Standbein aufzubauen.

Lösungsvorschläge?

Zurzeit habe ich den Eindruck, dass die Rentner und die öffentlichen Bediensteten das Haushaltsdefizit Italiens sanieren sollen. Der Staat hat auf diese zwei Kategorien einen einfacheren Zugriff als auf Privatpersonen. Eine Lösung: Damit die Kaufkraft einigermaßen stabil bleibt, muss die Inflation anders berechnet werden, als die der allgemeinen Arbeitnehmer. Man muss dabei den Bedürfnissen der Rentner Rechnung tragen.

Eine andere Möglichkeit: Man koppelt die Rentenentwicklung erneut an die Lohnentwicklung. Das heißt, mit einem Anstieg der Löhne würden auch die Renten ansteigen – dem ist seit 1992 nicht mehr so. Grundsätzlich muss für die Mindestrentner eine Lösung gefunden werden: Es sollte Sozialzuschläge geben, die es den Menschen ermöglichen – ohne einen bürokratischen Spießrutenlauf – zu einer finanziellen Absicherung zu gelangen. Es geht nicht nur um die Mindestrentner, sondern um all jene, die finanziell nicht mehr in der Lage sind, sich ein menschenwürdiges Leben zu sichern.

Interview: Julian Righetti

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (24)

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  • leser

    Renzler
    Du musst der jugend erklären, wenn sie bis 25 jahre studieten, dann können sie erst mit 70 in pension gehen,
    Oder sag ihnen, wenn sie nucht noch eine zusatz altersvorsorge mitnehmen wwrden sie nicht viel mehr als die mindestrente erhalten, das sind die echten aussichten mein lieber experte
    Aber ich hätte einen vorschlag und ein wahlversprechen, ihr könntet doch die gewinne aus unseren wasserkraftwerken, die dwk volk gehören. In die ltersvorsorge investieren, anstatt den funktionären und direktionsposten zuzuschieben, oder an die gemeinden zu verteilen, den die treiben mit diesem.geldregen sowieso nur unfug
    Wie lange wollt ihr noch das volk verarschen?

  • pingoballino1955

    Interessant,das Land hätte keinen Einfluss auf die Rentenerhöhungen,und was ist mit dem Rentenskandal passiert????? da hat es sich selbst beschenkt! Und wieso erst zwei Monate vor den Neuwahlen wird dem Bürger erklärt,wie man ansuchen müsste um Sozialbeitrag,hattet ihr vorher keine Zeit????? Ihr seid zum K…………………..

  • sepp

    wenns um die erhöung der politker renten gang Sem gabs sicher an weg für die vorauzahlung der politrenten wor Sem s land zuständig nett der Staat du man konn lei mehr lochen

  • robby

    Aha, die Hände gebunden?
    Wohl eher mit dem Raffen in die eigene Tasche beschäftigt, gell Helmuth?
    Und was der LB versprochen hat war kein Wahlversprechen? dann war es also schlicht und einfach gelogen.

  • prof

    Wenn sich hier einige über die SVP austoben,so sollen sie es nur tun, im Oktober können sie dann der SVP einen Denkzettel verpassen, aber glaubt hier wirklich jemand,sollten die FH oder SFH oder egal wer, Regieren wird alles besser???
    Träumen ist ja erlaubt, die Realität ist etwas anderes.
    Bezüglich Mindestrenten, wenn zum Beispiel ein Arbeiter oder Angestellter über 40 Jahre Beiträge eingezahlt hat und jetzt 1300 Euro Rente bezieht,was denkt sich der wenn jemand ganz wenig oder gar nichts eingezahlt hat und jetzt eventulell 1000 Euro Rente bekommen sollte??

    • leser

      Gar nichts einzahken ist nicht möglich mein lieber
      Meinst du etwa dabei eine hausfrau, die 50 jahre zuhause war und dem mann auf dem hof die hosen gewaschen hat, den hof geschmissen hat und die kinder aufgezogen hat, damit er im gasthaus seine sprüche klopfen konnte
      Mein lieber genau diese frauen müssen mit 650 euro mindestrente auskommen, das sind doch die wahren heldinnen umserer gesellschaft,
      Ein beispiel ein lehrer oder eine postbeamte, die mit 40 jahren in den ruhestand gegangen sind und mit nur 16 arbeitsjahren 1.500 euro rente kriegen , beziehen seid 25 jahren diese rente, wo ist da das verhältnis mein lieber
      Oder ein maurer, der mit 60 in den ruhestand geht umd mit 900 euro auskommen muss, das sind doch tolle aussichten oder
      Da kommen die voucher doch gelegen, damit diese menschen nach dem 20.igsten noch etwas zum essen haben oder?

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