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Wegers Wolke

Angekündigter Showdown in der Südtiroler Medienwelt: Mit Ende Juni soll Reinhard Weger als Chefredakteur der Pustertaler Zeitung abgesetzt werden. Weil er einem der Eigentümer zu kritisch ist.

von Silke Hinterwaldner

Bis zum Monatsende fehlen nur noch einige wenige Tage: Dieser 30. Juni 2018 könnte für Reinhard Weger zum Schicksalstag werden. Der Grund: Weger, seit Jahrzehnten Redakteur der Pustertaler Zeitung und seit rund vier Jahren deren Chefredakteur, soll ersetzt werden. Sein Widersacher: Christian Tschurtschenthaler, Miteigner der Bezirkszeitung und gleichzeitig Präsident des Brunecker Stadtmarketing. Er war mit der Berichterstattung rund um die Turbulenzen in der Genossenschaft nicht einverstanden und drängt jetzt auf einen Wechsel. Die Frage ist nur noch: Kann er die Miteigentümer an der Pustertaler Medien GmbH von der Notwendigkeit eines solches Wechsels überzeugen?

Aber der Reihe nach: Zur Gesellschaft gehört nicht nur die PZ, sondern auch Radio Holiday. Hinter der Pustertaler Medien GmbH stehen neben Tschurtschenthaler, Anwalt Dieter Schramm, Unternehmer Gert Schönhuber und Josef Moser vom gleichnamigen Autohaus (beziehungsweise haben mittlerweile deren Söhne übernommen). Sie halten je 21,1 Prozent des Unternehmens. Die verbleibenden 15,16 Prozent gehören Michael Wachtler aus Innichen.

Diese bunte Mischung in den Eigentumsverhältnissen lässt schnell erahnen, dass es unterschiedliche Meinungen dazu gibt, in welche Richtung sich die Pustertaler Zeitung entwickeln sollte. Aber mittlerweile wird dem Bereich Marketing und Werbung immer breiterer Raum gewidmet, das zeigt sich auch daran, dass der erfahrene Medienmanager Christian Beikircher eigens zu diesem Zweck als Geschäftsführer ins Boot geholt wurde. Teilhaber Christian Tschurtschenthaler hat diese Stoßrichtung immer forciert, aber nach den Turbulenzen beim Stadtmarketing ist eines offen zutage getreten: Die kritische Berichterstattung sozusagen gegen die eigene Sache ist nicht erwünscht. Nachdem sich Reinhard Weger aber beharrlich weigert, die Pustertaler Zeitung zu einem reinen Werbemagazin zu machen, soll er jetzt gehen müssen. Einen Ersatz glaubt man bereits gefunden zu haben. Die Chefredaktion soll Judith Steinmair übernehmen, schon seit Jahren nebenbei als Redakteurin tätig und bekannt vor allem durch ihr Engagement als Präsidentin im Jugend- und Kulturzentrum Ufo.

Reinhard Weger möchte am liebsten gar nicht über das Thema sprechen. Als ihn die TAGESZEITUNG am Handy erreicht, sagt er nur: „Ich weiß nicht, wie es weitergeht. Für mich steht immer der Leser im Mittelpunkt. Er ist der wichtigste Gratmesser für eine Zeitung.“ Er will damit sagen: Wenn seine Bezirkszeitung nicht mehr umfassend Informationen auch zu politischen Themen bringen darf, dann ist das der falsche Weg.

Dabei sollte der Erfolg dem Chefredakteur eigentlich recht geben: Nachdem die PZ wirtschaftlich schwierige Jahre überstehen musste, waren die Bilanzen der jüngsten Vergangenheit gar nicht so schlecht. Man könnte sagen: Dem umtriebigen Reinhard Weger ist eine Trendumkehr gelungen – die aber offenbar nicht von allen Eignern der Zeitschrift gleichermaßen gewürdigt wird.

Dabei ist die Geschichte der PZ eng mit der Familie des amtierenden Chefredakteurs verbunden. Im August 1989 wurde das Medienprojekt als Gegengewicht zum Athesia-Konzern im Pustertal gegründet. Als Chefredakteur sofort eingesetzt wurde Willy Pöder, mittlerweile Schwiegervater von Weger. Bereits Pöder musste sich mehrmals gegen eine „Neuausrichtung“ des Magazins zur Wehr setzen, vor einigen Jahren hat er die Führung wie eine Art Erbhof an seinen Schwiegersohn übergeben. Reinhard Weger hat trotzdem einiges anders gemacht.

Umso mehr verwundert die angekündigte Absetzung. Ob es denn auch tatsächlich zum Showdown kommen wird, oder ob sich Weger als Chefredakteur halten kann, wird sich in den nächsten Tagen weisen.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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