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Hütten unter Strom

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Keine Ladestationen für E-Bikes auf den Schutzhütten: Immer mehr Elektrofahrräder fahren immer höher hinauf. Das sorgt für Diskussionsstoff und veranlasst den Alpenverein zum Handeln.

von Silke Hinterwaldner

Markus Waldner ist noch nicht lange oben auf der Sesvenna-Hütte. Aber der Pächter der AVS-Hütte auf 2.256 Metern Meereshöhe unmittelbar an der Grenze zur Schweiz hat schnell gemerkt, dass die Mountainbiker hier oben eine wichtige Rolle spielen.

Viele Radler machen Station auf der Hütte, wenn sie eine Alpenüberquerung versuchen oder zumindest einen Teil der Strecke fahren. Die Fahrräder sind durchaus willkommen, aber sie werfen neue Fragen auf: Mit der größeren Verbreitung von E-Bikes taucht ständig die Bitte auf, das Radl an die Steckdose anschließen zu dürfen, um nicht irgendwann ohne Strom dazustehen. Also, was tun?

Die Sesvenna-Hütte ist nicht angeschlossen an das Stromnetz und muss selbst mit der Energie haushalten. „Wo es Probleme mit der Stromversorgung gibt“, sagt Gislar Sulzenbacher, „sind Ladestationen für E-Bikes für uns kein Thema. Einer solchen Forderung können wir nicht zustimmen.“

Der Geschäftsführer im AVS erklärt denn auch, wie sich der E-Bike-Tourismus auf dem Berg entwickelt hat. Auf der einen Seite lockt Südtirol mit Werbung für Wander- und Fahrradtourismus alle möglichen Gästeschichten an. Auf der anderen Seite aber müssen gleichzeitig die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass all diesen Gästen die passende Infrastruktur zur Verfügung steht.

Mit der Verbreitung der Mountainbikes mit Elektromotor steht man plötzlich gerade hoch oben am Berg vor neuen Herausforderungen: Weil die E-Biker überall gern die Batterien aufladen würden. Und weil die Zahl der Radler im Gebirge unaufhaltsam ansteigt.

Gislar Sulzenbacher

In Deutschland und in Österreich haben die Alpenvereine deshalb versucht, Grenzen abzustecken. So hat der Deutsche Alpenverein, Sektion München, beschlossen, dass auf den eigenen Schutzhütten keine Ladestationen errichtet werden sollen. Hinter dieser Entscheidung steckt auch eine Grundsatzdebatte: Soll der Mensch auch mithilfe von motorisierten Rädern in die Berge kommen dürfen oder muss er es aus eigener Kraft schaffen?

So lange eine überschaubare Zahl an E-Bikern hochfährt, stellt dies kaum ein Problem dar. Aber mittlerweile wächst die Zahl der E-Mountainbikes in den Bergen beinahe täglich. Das ärgert jene Radfahrer, die mehr schwitzen müssen, es ärgert aber auch viele Wanderer, die sich gestört fühlen.

„Hier muss man“, fordert Sulzenbacher, „Rücksicht aufeinander nehmen und respektvoll miteinander umgehen. Das gebietet der Anstand.“

Aber er weiß freilich, dass dies nicht immer so ist. Für den Alpenverein kommt auch noch etwas anderes hinzu: Auf vielen Strecken ist der AVS Wegehalter, was bedeutet, dass der Alpenverein zuständig ist für die Instandhaltung. Der massive Auftrieb von E-Bikes bringt auch mehr Erosionsschäden an den Wanderwegen mit sich.

Aber die steigende Zahl an Zweirädern aller Art ist nicht nur negativ zu bewerten. „Der Trend ist durchaus begrüßenswert“, sagt Gislar Sulzenbacher, „oft ersetzt das Fahrrad die Anfahrt mit dem PKW bis zum Parkplatz. So haben wir weniger Autoverkehr auf den Straßen.“

Im Tourismus spielt das Radfahren längst eine tragende Rolle. Dabei geht es nicht mehr nur um Strecken im Tal. Mittlerweile gibt es auch für das Gebirge ausgewiesene Mountainbikestrecken, was aber nicht bedeutet, dass Radfahrer ausschließlich dort unterwegs sind.

Leicht mit dem Mountainbike zu erreichen ist etwa die Meraner Hütte, auch ein AVS-Haus. Sie ist eine der wenigen Strukturen, die nun schon seit einiger Zeit über Ladestationen für E-Bikes verfügt.

„Die Rahmenbedingungen stimmen hier“, sagt Sulzenbacher. Es gibt Anschluss an das Stromnetz und damit ausreichend gute Energieversorgung, es gibt Forstwege, die bis direkt zur Hütte hinführen. Deshalb hat der Alpenverein in diesem Fall nichts dagegen, wenn die Elektrofahrräder aufgeladen werden.

Und nun zurück zur Sesvenna-Hütte. Auch dort treffen jeden Tag viele Radfahrer ein, manche von ihnen kommen mit dem E-Bike. Die allermeisten dieser Radler haben eine Ersatzbatterie dabei und sind somit nicht auf den Hüttenstrom angewiesen. Außerdem werden die aufladbaren Batterien ohnehin von Jahr zu Jahr langlebiger.

Die Diskussion um die E-Bikes auf den Schutzhütten aber hat gerade erst begonnen. „Ganz bestimmt“, sagt Waldner, Pächter der Sesvenna-Hütte, „werden wir dieses schwierige Thema in nächster Zeit noch einmal ansprechen.“

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