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Die Mega-Klage

Gerhard Glüher, früherer Dekan der Fakultät für Design, fordert von der Universität Bozen in einem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht über 350.000 Euro an Nachzahlungen und Schadenersatz. Vorerst ist er damit abgeblitzt.

von Thomas Vikoler

Universitätslehrer sind sehr auf ihren Ruf bedacht. Das eigene wissenschaftliche Renommee hängt eng mit den Berufschancen zusammen und damit auch mit dem finanziellen Einkommen: Gerhard Glüher, von 2011 bis 2016 Dekan der Fakultät für Design und Künste an der Uni Bozen, sieht durch die Vorgangsweise derselben seinen Ruf geschädigt und seine finanziellen Ansprüche verletzt.

In einem Rekurs an das Verwaltungsgericht fordert Glüher von der Universität nicht weniger als 350.000 Euro an Nachzahlungen, Steuerrückerstattung und Schadenersatz. Eine Mega-Klage.

Deren Hauptpunkt betrifft eine von der sogenannten „mentoring group“, einer Art Evaluierungskommission der Fakultät, am 11. März 2014 vorgenommene Bewertung der wissenschaftlichen Tätigkeit des damaligen Dekans. Die Bewertung bildet die Grundlage für die Auszahlung der Forschungsprämie an die Lehrkräfte.

Die Kommission, welche die Forschungstätigkeit Glühers bewertete, setzte sich aus Stephan Schmidt-Wulffen, inzwischen Glühers Nachfolger als Design-Dekan, Ruedi Baur, einem international bekannten Designer, und Alexander Kufus, Direktor des Design-Instituts an der Universität der Künste in Berlin, zusammen.

Die Kommission wies Glüher eine Punktezahl von weniger als 1,3 zu. Was bedeutete, dass der Dekan keine Forschungszulage erhielt.

„Die Kommission sieht keine international gültigen, originären Forschungsbeiträge, Projekte bleiben auf die Freie Universität Bozen begrenzt. Internationale Vernetzung in Lehre und Forschung ist nicht gegeben“, begründete die „mentoring group“ ihre Entscheidung.

In seinem Rekurs wendet der Design-Professor ein, er habe im betreffenden Zeitraum sehr wohl zahlreicher wissenschaftliche Publikationen aufzuweisen (mindestens 15). Zudem seien die Kriterien gemäß ANVUR (Agenzia Nazionale di Valutazione del sistema Universitario e della Ricerca) erfüllt worden, sonst hätte er, Glüher, im Jahr 2011 nicht den Wettbewerb als ordentlicher Professor gewonnen. Die Evaluierungskommission seiner „eigenen“ Fakultät hätte die ANVUR-Daten nur abfragen müssen.

Doch das Bozner Verwaltungsgericht kommt zu Schluss, dass der Ermessensspielraum der „mentoring group“ gemäß konsolidierter Rechtsprechung „sehr groß“ sei. Das Verwaltungsgericht könne sich nicht an seine Stelle setzen.

Allerdings zog es mit der Bibliometrie-Expertin Karin Maria Karlics eine Gutachterin bei, die vorrechnete, dass Glüher in den zehn Jahren vor 2014 nicht die erforderlichen drei (eigenen Bücher) und 32 veröffentlichten Artikel (zwei davon in internationalen Publikationen) aufweisen konnte. Die Kommission habe also richtig gerechnet.

Glüher hatte seinen Verdienstentgang infolge von deren Entscheidung auf 32.000 Euro für die Jahre 2014 bis 2016 und einen angemessenen Betrag für 2017 quantifiziert.

90.126 Euro verlangte er hingegen für die Entscheidung der Universitätsverwaltung, bei ihm nicht die vom Gesetz zur „Rückkehr der Hochqualifizierten nach Italien“ vorgesehenen Steuererleichterungen ab dem Jahre 2008 anzuwenden.

Hier bemerkt das Verwaltungsgericht, dass bei der Uni kein entsprechender Antrag des Professors eingegangen sei.

Abgewiesen wurde mit dem nun ergangenen Urteil auch eine Schadenersatzforderung Glühers wegen Rufschädigung im Ausmaß von 150.000 Euro. Das Urteil wird aller Voraussicht nach beim Staatsrat angefochten werden.

 

 

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