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„Eine Schweinerei“

Luis Durnwalder

Für Ex-Landeshauptmann Luis Durnwalder ist das Hammer-Urteil im Verfahren zu den Jagd-Abschussdekreten „politisch gefärbt“: Das Land müsse nun seine autonomen Kompetenzen verteidigen.

Tageszeitung: Herr Durnwalder, wie geht es Ihnen am Tag nach dem Hammer-Urteil?

Luis Durnwalder: Mir geht es immer gleich. Das Leben muss ja irgendwie weitergehen – auch wenn ich der Meinung bin, dass dieses Gerichtsurteil eine Schweinerei ist.

Wie meinen Sie das?

Es ist so, dass das Land Südtirol die Führung der Jagd und des Wildbestandes überhat und für Wildschäden sowie für die Gesundheit des Wildes zuständig ist. Deshalb muss das Land die Möglichkeit haben, Schadwild auch außerhalb der Jagdzeit herauszunehmen: zum Beispiel Hirsche und Rehe, die in der Obstwiese die Bäume abfegen. In Südtirol gibt es 70.000 Murmeltiere. Wenn Sie heute auf die Almen gehen, dann treten Sie von einem Loch ins nächste. Das Land muss intervenieren, um das Gleichgewicht zwischen Natur und Wildbestand wiederherzustellen und Schäden zu vermeiden. Diese Zuständigkeit, Ausnahmeregelungen zu erlassen, ist sowohl vom Staats- als auch vom Landesgesetz vorgesehen.

Wie können Sie sich dieses Urteil erklären?

Dieses Urteil erscheint mir ein „bissl“ politisch eingefärbt zu sein. Mein besonderer Freund am Rechnungshof (Robert Schülmers, A.d.R.) hat eine Eingabe gemacht, sich dabei aber ausschließlich auf die Meinung der Jagdgegner und Tierschutzverbände bezogen. Der Rechnungshof sagt nun in seinem Urteil, dass das Wild Staatseigentum sei. Es ist hergegangen und hat die Rechnung gemacht: Wie viel Stück sind im Zeitraum von 2010 bis 2014 abgeschossen worden? Wie viel ist zum Beispiel ein „Stück“ Murmeltier wert? Dafür hat man einen Ausstopfer gefragt, der dann einen Stückwert von 300 Euro je Murmeltier festgelegt hat. Dabei ist ein Murmeltier meiner Meinung nach gar nichts wert, weil es nicht essbar ist. Diese Vorgehensweise des Rechnungshofs ist total unprofessionell. Zudem wirft man uns vor, nicht vor jedem Abschuss ein Gutachten eingeholt zu haben. Wenn wir einen Hirsch entnehmen müssen, dann können wir nicht drei Monate auf ein Gutachten warten. Wir müssen schon unseren Bäuerinnen so viel Vertrauen schenken, wenn sie sagen, dass ein Fuchs die Henne putzt. Wir können nicht für jedes Murmeltier ein Gutachten einholen – das ist nicht möglich. Wenn der Rechnungshof jetzt nach 35 Jahren draufkommt, dass unser Verhalten abusiv war, dann ist er reichlich spät dran.

Wie geht es nun weiter?

Das Land muss sich wehren und um seine Zuständigkeit kämpfen. So wie in Südtirol wird es überall gemacht: in Osttirol, Nordtirol und in Bayern. Hier wurde kein Wildbestand leichtfertig zerstört. Auch ich werde das Urteil natürlich auf allen Ebenen anfechten, sei es vor dem Kassationsgericht, sei es vor dem Verfassungsgericht, sei es vor dem Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Wenn wir nicht reagieren dürfen, dann fischen uns die Kormorane innerhalb eines halben Jahres die Bäche leer.

Interview: Matthias Kofler

Das gesamte Interview am Mittwoch in der Print-Ausgabe!

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (45)

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  • andreas

    „Dabei ist ein Murmeltier meiner Meinung nach gar nichts wert, weil es nicht essbar ist.“

    Durnwalder ist auch nicht essbar, ist er deshalb auch nichts wert?
    Eine solche Argumentation ist schon deshalb nicht sinnvoll, da man da ja jede Katze oder jeden Hund erschießen kann, da sie nichts wert sind. Mit der Aussage hat er sich keinen Gefallen getan.

    Das Interview klingt aber als wären nicht immer die gesetzlichen Bestimmungen, unabhängig davon ob sie richtig oder falsch sind, eingehalten worden. Und meines Wissens steht es niemanden zu, außer in akuten Notfällen, sich über gesetzliche Bestimmungen hinweg zu setzen.

  • unglaublich

    Jetzt fehlt noch der Bischof, der den Luis zum Märtyrer erklärt und die Christenheit zum Kreuzzug gegen Rom aufruft.

  • george

    Wer reichlich Macht und genug Geld und Besitz zusammengerafft hat, kann sich auf allen Ebenen verteidigen. Der Arme ist nichts wert, so wie das Murmeltier, das weder gegessen werden kann noch sich verteidigen kann. Das ist die Einstellung gar so mancher Herrschaften heutzutage, bis dass die Natur einmal zurück schlägt. Dann ist sie plötzlich etwas wert.

  • paul1

    „Murmel hin oder Murmel her, hier geht es um zwei Personen die sich nicht mögen und diesmal hat Durnwalder eine Retourkusche bekommen….. “ Ich glaube auch nicht, dass dieses Urteil hält?? Durnwalder wird sicher, voll freigebrochen, warten wir ab…

  • sepp

    sie hoben jo wellen in schülmers weg hoben weil er der freunderl wirtschaft zu nachent kemm isch und itz gibs die Retourkutsche und die poor tauender sei für den a klax

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