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„ …dann hat der Wolf Kirchtag“

Isidor Kompatscher, Eigentümer einer Weide auf der Seiser Alm und Landwirtschaft-Referent der Gemeinde Völs, fordert Radikallösungen für das Wolfs-Problem. Etwa die Bewaffnung der Hirten.

TAGESZEITUNG Online: Herr Kompatscher, Sie sind Eigentümer der Zimmerlehner-Alm auf der Seiser Alm. Mit welchem Gefühl gehen Sie in die angehende Weide-Saison?

Isidor Kompatscher: Ich habe meine Tiere bereits auf die Alm gebracht. Zuvor habe ich einen fünf Kilometer langen Wolfszaun aus Lärchen-Pfosten aufgestellt und mit sechs Lagen Draht umspannt und mit Strom gespeist.

Ihr Rezept gegen den Wolf, der sich offenbar im Bereich der Seiser Alm aufhält?

Ich glaube, ehrlich gesagt nicht, dass das funktioniert. Aber jemand muss es ja mal versuchen, auch um zu beweisen, dass die Maßnahme nicht ausreicht. Ich gehe davon aus, dass der Wolf die Höhe von 1,50 Metern überspringen kann. Und wenn er einmal drin ist, dann hat der Kirchtag, dann gibt es für die Tiere kein Entkommen. Das Land hat angekündigt, dass es die Wolfszäune zu hundert Prozent finanziert, was aber offenbar nicht stimmt. Pro Stück Vieh werden zehn Meter Zaun finanziert, das sind bei mir 500 Meter zu jeweils acht Euro, wovon ich 70 Prozent bekommen müsste. Ich rechne mit einem Beitrag von 2.500 Euro.

Was sagen Sie zu den Schafs-Rissen am Samstag auf der Plattkofel-Alm?

Ich gehe davon aus, dass ein Wolfsrudel für die Risse verantwortlich ist. Im Winter ist es bereits im nahen Durontal gesehen worden. Die Wölfe werden wohl bald auf die Seiser Alm kommen.

Was kann man, abgesehen von den Zäunen, dagegen tun?

Ein Vorschlag von mit lautet: Bewaffnet die Hirten. Es muss rechtlich erlaubt werden, dass ein Hirte in der Lage versetzt wird, seine Herde zu schützen. Auch mit dem Einsatz von Waffen. Das sollte aber nicht auf illegalem Wege geschehen, der Hirte muss laut geltendem Gesetz natürlich einen Waffenpass besitzen. Aber wenn er ihn hat, sollte ihm erlaubt werden, gegebenenfalls etwas zu unternehmen. Mit einer Steinschleuder wird er gegen den Wolf nichts ausrichten können.

Die Landesregierung hat vergangene Woche beschlossen, den Abschuss von Wölfen und Bären in Problemsituationen zu erlauben. Ist das für Sie ausreichend?

Ich finde es gut, dass in diese Richtung etwas getan wird. Die Frage ist freilich, was ein Problemtier ist und wer darüber entscheidet. Nicht jeder Wolf muss als Problemtier angesehen werden. Weit größere Befürchtungen habe ich wegen dem, was auf der Weide auf dem Schlern passieren könnte. Dort ist es wegen des ausgedehnten Gebiets unmöglich, Zäune aufzustellen. Das Vieh könnte von den Wölfen aufgeschreckt werden und abstürzen. Es wurde beschlossen, es heuer trotzdem aufzutreiben.

Sie sagen, das Vieh auf dem Schlern ist möglichen Wolfsangriffen völlig ausgesetzt.

Ja, es gibt keine Möglichkeit, es zu schützen, außer durch das Errichten von Koppeln, was aber mit einem enormen Personalaufwand verbunden wäre. Man findet aber kein Personal, das die Tiere jeden Abend in die Koppeln treibt.

Was halten Sie vom Einsatz von Herdenhunden?

Das funktioniert nur in einem Gebiet, wo kaum Menschen unterwegs sind. Durch meine Almweide geht ein Wanderweg. Ein Herdenhund, der die Herde schützen muss, macht aber keinen Unterschied zwischen einem Wolf und einem Mensch. Er kann auch Menschen angreifen. Genauso schließe ich nicht aus, dass ein Wolf Menschen attackiert, besonders in einem Wandergebiet. Es gibt Hybriden, die keine Angst haben, sich dem Menschen anzunähern.

Wie es aussieht, haben Sie für die heurige Weidesaison schlimme Befürchtungen.

Ja, ich befürchte, dass es zu vielen Rissen kommt. Letztlich gibt es keine Alternative dazu, Maßnahmen zu ergreifen, den Wolf durch gezielte Abschüsse zu eliminieren. Ein Auskommen mit ihm in einem derart bewirtschafteten Gebiet wie dem unseren ist nicht möglich. Es muss Gründe gegeben haben, warum der Wolf bei uns vor hundert Jahren ausgerottet wurde.

Interview: Thomas Vikoler

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