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Die Zerschlagung 

Die Pusterer Baufirma Oberosler Cav. Pietro Srl, die nun einen Sanierungsplan vorlegt, hat mehr als 110 Millionen Euro Schulden. Eine Versteigerung von zwei Betriebszweigen ist geplant. 
von Thomas Vikoler
Wer durch Südtirol fährt, entdeckt immer wieder Bauschilder, auf denen der Name Oberosler aufscheint. Die Firma Oberosler Cav. Pietro Srl mit Sitz in der Bruneckerstraße in St. Lorenzen ist auf etlichen öffentlichen Baustellen präsent, ihre Spezialität ist der Straßen- und Tunnelbau.
Und offensichtlich das Schuldenmachen. Das zeigt der von Oberosler im Rahmen eines Antrags auf ein Ausgleichsverfahren vorgelegte Sanierungsplan. Das Unternehmen, das nicht nur in Südtirol tätig ist, hat Schulden von über 110 Millionen Euro.
Eine Summe, die im Bereich der größten Baufirmen-Konkurse der vergangenen Jahrzehnte liegt: Lanabau, Hobag, ZH.
Doch Oberosler ist nicht im Konkurs, sondern will diesen abwenden und sich über ein Ausgleichsverfahren sanieren. „Wir möchten den Betrieb neu ausrichten, um auch in Zukunft weiterabreiten zu können“, erklärte Firmen-Anwalt Paolo Venturi im Oktober nach Hinterlegung des Antrags beim Bozner Konkursgericht.
Inzwischen ist klar, wie dramatisch die finanzielle Situation des Unternehmens ist. Der Wirtschaftsprozessor Luca Mandrioli und der Anwalt Mauro Pojer wurden als Kommissäre eingesetzt. Es gibt Pläne, es teilweise zu zerschlagen, indem Betriebszweige abgetrennt werden. Für einen Betriebszweig – etliche aktive Baustellen von Oberosler – gibt es bereits ein Kaufangebot.
Der Betriebszweig soll nun versteigert werden, demnächst veröffentlicht das Konkursgericht die entsprechende Ausschreibung.
Dasselbe gilt für den zweiten Betriebszweig („ramo d’ azienda“), die Forderungen der Oberosler Cav. Pietro Srl gegenüber öffentlichen Auftraggebern, die sich auf rund acht Millionen Euro belaufen.
Dazu gibt es Gespräche über den Verkauf von Betriebshallen. Ob das alles reichen wird, einen Konkurs abzuwenden, ist offen.
Auch deshalb, weil an dem St. Lorenzner Unternehmen nicht weniger als 40 Tochtergesellschaften hängen. Firmen, die gegründet wurden, um an Bietergemeinschaften (ATI) für große öffentliche Aufträge teilzunehmen.  In den gemeinsamen Gesellschaften hängen hunderte andere Unternehmen, die im Konkursfall mit in den Insolvenz-Strudel gezogen werden könnten.
Richterin Francesca Bortolotti spricht deshalb von einem „komplizierten“ Fall. Ob der Antrag auf Ausgleichsverfahren am Ende angenommen werden kann oder ob der Konkurs eröffnet wird, scheint unklar. Es hängt von der Qualität des Sanierungsplanes (der nun auch bei der Handelskammer hinterlegt wird) und vom Verkauf der Betriebszweige ab. Letztlich entscheiden aber die Gläubiger.
Die finanzielle Schieflage von Oberosler hängt mit einer selbstschädigenden Preispolitik und offenbar auch mit dem Zusammenbruch  eines korrupten Vergabe-Systems bei der staatlichen Straßengesellschaft ANAS zusammen. So war die Firma Teil eines Konsortiums für den Bau eines Eisenbahntunnels zwischen Genua und Mailand.
Der 67-Millionen-Euro-Auftrag wurde zum Gegenstand einer Korruptionsermittlung mit 34 Verhaftungen. Im Jänner vergangenen Jahres musste Oberosler – mit großen finanziellen Verlusten – aus dem Konsortium aussteigen.
Zum Zeitpunkt des Ausgleichsantrags betrieb das Unternehmen Projekte im Wert von 350 Millionen und hatte 185 Mitarbeiter.
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