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„Wir können nur gewinnen“

Der FC Südtirol steht sensationell im Playoff-Halbfinale. FCS-Generaldirektor Dietmar Pfeifer erklärt, warum er von Anfang an die Güte seiner Truppe glaubte – und warum er dem Team den ganz großen Wurf zutraut.

TAGESZEITUNG Online: Herr Pfeifer, sind Sie wieder nüchtern?

Dietmar Pfeifer (lacht): Sie werden es nicht glauben, aber wir hatten keine Zeit zum Feiern. Am Mittwoch steht bereits das nächste Heimspiel an. Wir hatten bereits am Sonntagabend eine Sitzung, weil das Heimspiel und die Fahrt nach Cosenza organisiert werden müssen.

Der FCS steht im Halbfinale. Während das gesamte Umfeld und die Experten zu Saisonbeginn eher skeptisch waren, haben Sie bereits ab Herbst gesagt, dass diese Mannschaft weit, sehr weit kommen könne. Was machte Sie das glauben?

Gefühlssache! Ich habe gespürt, dass das Feeling zwischen dem Trainer und der Mannschaft stimmt. Das Klima innerhalb der Mannschaft war so gut wie selten zuvor. Das war für mich ein Gradmesser, ich habe mir gedacht: Das könnte eine interessante Saison werden.

Der FCS ist eine Mannschaft im eigentlichen Sinne des Wortes?

Richtig! Man sieht an unserem Beispiel, dass am Ende die Mannschaft und nicht die Einzelspieler den berühmten Unterschied machen. Mannschaften, die viel mehr Geld ausgegeben haben als wir und gewaltige Einzelspieler haben, sind schon längst im Urlaub …

Sie denken an?

FCS-Trainer Paolo Zanetti

An Alessandria zum Beispiel, die geben drei Mal so viel Geld als wir. Im Grunde sieht man, dass es letztendlich immer die Gruppe ist, die den Unterschied macht. Mit Gruppe meine ich, dass man schwierige Phasen gemeinsam durchstehen muss. Gruppe heißt auch, dass die Spieler, die weniger zum Einsatz kommen, akzeptieren, dass sie weniger spielen, aber im entscheidenden Moment pronto sind.

Wie groß ist der Erfolgsanteil von Trainer Paolo Zanetti?

Er hat natürlich einen großen Anteil am Erfolg. Er ist ein Top-Trainer, der seinen Spielern Enthusiasmus vermittelt, er ist kompetent. Man darf aber auch seinen Stab nicht vergessen, Co-Trainer Alberto Bertolini, Fitnesscoach Fabio Trentin, Tormanntrainer Reinhold Harrasser, die Medizinabteilung. Wir hatten heuer kaum Verletzungen. Es muss alles passen. Es ist ähnlich wie in der Formel 1: Eine Mannschaft muss so abgestimmt sein wie ein Formel-1-Wagen, dann läuft es …

Trainer Paolo Zanetti steht nach diesen Erfolgen jetzt natürlich im Schaufenster. Wird er zu halten sein?

Zanetti war schon im Schaufenster, als wir mit ihm im Februar einen Zweijahresvertrag unterschrieben haben. Er hatte damals schon Angebote aus der Serie B, trotzdem hat er sich für uns entschieden. Wir wissen, was wir an ihm haben, er weiß, was er an uns hat. Erst recht jetzt, wo wir ein Top-Trainingszentrum haben.

Sannino, Tesser, Stroppa, Tedino, Vecchi: Für viele Trainer war der FCS das ideale Sprungbrett …

Das wird auch weiterhin so sein.

Dennoch ist mit Aladino Valoti heuer der Sportdirektor nach Palermo abgehauen …

Ja, er ist abgehauen in eine höhere Liga. Er hat eine gute Mannschaft zusammengestellt. Aber es war nicht so, dass sich bei uns nach seinem Abgang ein Vakuum aufgetan hätte. Zuerst hat Alessandro Barilli seine Aufgaben wahrgenommen, danach haben wir mit Paolo Bravo einen neuen Sportdirektor geholt. Das Projekt FCS steht und fällt nicht mit Einzelpersonen, sondern wir sind eine Gruppe, ein Team.

Sind die Spieler überrascht, dass sie so weit gekommen sind?

Nein. Das vorherrschende Gefühl in der Mannschaft ist: Es ist für jeden Gegner hart, uns zu schlagen.

Warum?

Weil die Mannschaft ungemein kompakt auftritt. Wir lassen relativ wenig zu, wir stehen gut. Und die Spieler können sich auf die Mitspieler verlassen und wissen, dass wir die Chancen, die sich uns bieten, irgendwann nutzen.

So einfach ist Fußball?

FCS-Torjäger Rocco Costantino

Ja. Dazu kommt, dass die Mannschaft ein Riesenselbstvertrauen und vor niemandem Angst hat. Es interessiert uns nicht, wer uns gegenübersteht, wir besinnen uns allein auf unsere Stärken.

Im Halbfinale wartet nun Cosenza …

Wir stehen vor einer neuen Herausforderung aber schauen nicht, wer auf der anderen Seite steht. Wir versuchen ganz einfach, unser Ding durchzuziehen.

Sie halten den Aufstieg in die Serie B für möglich?

Absolut!

Das neue Drususstadion

Mit dem Neubau des Stadions wird aber erst im Herbst begonnen …

Das ist richtig, aber es kann nicht sein, dass ein sportlicher Erfolg an den Infrastrukturen scheitert. Gesetzt den Fall, wir schafften den Aufstieg, dann müssten wird im Stadion einige Sachen sofort umsetzen – etwa die getrennten Zugänge und die provisorischen Kabinen –, damit wir spielen können.

Mit dem FCS, Cosenza, Catania und Siena sind noch vier Teams im Rennen. Catania wird allenthalben favorisiert …

Jetzt kann man nicht mehr von Favoriten reden, wir sind auf einer Ebene. Die Playoffs haben eigene Gesetze. Mit Alessandria und Pisa sind die zwei großen Favoriten schon früh ausgeschieden, aber man hat im Spiel Reggiana gegen Siena gesehen, wie schnell es gehen kann: Reggiana hat in der 98. Minute einen Elfmeter kassiert und ist heimgefahren. Auf diesem Niveau entscheiden Kleinigkeiten, Episoden. Wir müssen versuchen, dafür zu sorgen, dass diese Episoden zu unseren Gunsten ausgehen. Dass wir das können, haben wir gegen Viterbese gezeigt. Viterbese hat mit Pisa einen der Favoriten rausgehauen, und wir haben Viterbese rausgehauen. Es kann alles passieren.

In Cosenza erwartet den FCS ein Hexenkessel …

Ja, 15.000 Leute werden im Stadion sein. Aber ich bin überzeugt, dass sich die Mannschaft davon nicht beeindrucken lassen wird.

Welchen Eindruck hatten Sie am Sonntag im ausverkauften Drususstadion?

Das Spiel war bereits eine Stunde vor Anpfiff total ausverkauft. Der Enthusiasmus rund um den FCS ist groß. Das bedeutet, dass die Südtiroler das Angebot Profifußball annehmen.

Der Verlauf der FCS-Saison erinnert ein bisschen an den HCB Südtirol: Auch die Bozner Eishockeymannschaft wurde lange belächelt, nur Dieter Knoll glaubte immer an die Güte seiner Truppe – so wie Sie …

Die anderen Mannschaften haben inzwischen einen Riesenrespekt vor uns. Außerdem sind wir in einer angenehmen Situation, weil wir die sind, die am wenigsten zu verlieren haben.

Interview: Artur Oberhofer

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