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„HeldInnen“

Elke Silvia Krystufek

Die Künstlerin Elke Silvia Krystufek, schreibt, malt, fotografiert, inszeniert Filmproduktionen und sieht sich selbst als Mensch, was den Kunstbetrieb zumeist in Entsetzen versetzt.

Das Medium Performance hat sie 2006 ad acta gelegt.

Sie war Teilnehmerin im Österreich Pavillon der Biennale 2009 und ihre Werke sind in internationalen Museen und Ausstellungen zu finden.

Wir haben die Künstlerin anlässlich ihrer Teilnahme an der Ausstellung „5 Positionen“ im Schloss Kastelbell zu einem Interview getroffen.

TAGESZEITUNG Online; Was wollen Sie in Ihrem Raum im Rahmen der Ausstellung „5 Positionen“ auf Schloss Kastelbell zum Ausdruck bringen?

Elke Silvia Krystufe: In meiner Präsentation „HeldInnen“ für das Schloss Kastelbell möchte ich zum Ausdruck bringen, dass Frauen politisch, sozial und ökonomisch weltweit immer noch als Menschen zweiter oder dritter Klasse gelten. Die Frauendarstellungen in diesem Raum illustrieren dieses Faktum. Von 9 Darstellungen sind nur zwei der Darstellungen Frauen gewidmet. Eine Frau wird verschleiert dargestellt: das Portrait einer Frau aus einer Tageszeitung 2017, die gegen das Kopftuchverbot der aktuellen Regierung auftritt. Die zweite Frau als Fotografie einer nackten bärtigen Frau, der zwei Christbaumkugeln vor die Brüste gehängt sind. Die ursprüngliche Schwarzweißfotografie stammt aus dem Bearded Woman Bildkalender von Zoe Leonard aus den 90 er Jahren. Damit wird sowohl die Verwertung der Frau als Aktbild, das bis in die aktuelle Bildende Kunst und Mediendarstellung reicht, subversiert, als auch die Frage nach heterosexuellen Charakteristika gestellt.

Die ausgestellten Werke umfassen eine Serie von verschiedenen Portraits, auf welchen diverse Personen dargestellt sind. Könnten Sie uns mehr über diese Gesichter und deren Geschichten erzählen?

Aufgrund des Umfanges der Präsentation greife ich ein Bild für die Personengeschichte heraus: Das 2018 entstandene Acrylbild mit dem Titel „AS“ zeigt den derzeit sehr erfolgreichen Schriftsteller Karl Ove Knausgård, der mit seinem autobiografischen Romanzyklus „Min Kamp“ („Mein Kampf“) international Aufsehen erregt hat. In das Bild unauffällig hinein collagiert ist ein Digitaldruck eines Fotos von Martin Ulm vor dem Denkmal von Rachel Whiteread auf dem Judenplatz in Wien, wo er seine Jacke, die Einladung zur Ausstellung in Kastelbell umschließend, fotografiert hat. Der Fotodruck geht mit dem Vorwissen zu dem vieldiskutieren Titel des Romanzyklus eine unheilige Allianz ein. Einerseits erinnert die auf das Denkmal hingelegte Jacke an die Vernichtung der Juden durch den Holocaust, deren Kleider stellvertretend für die Menschen zurückblieben, andererseits umschließt die Jacke auf dem Foto beinahe schützend die Abbildungen der 5 Künstlerinnen auf der Ausstellungseinladungskarte, als könnte diese Geste eine gefährdete Spezies bewahren: Frauen in der Bildenden Kunst.

Welche Bedeutung haben und in welchen Zusammenhang stehen Text und Malerei in Ihren Kunstwerken?

Die Texte auf den Bildern verweisen fast immer auf die Funktion von Text in der Literatur und in der Musik. Als Künstlerin interessiert mich der in der Kunstrezeption verwendete Begriff „Deutungshoheit“- es wird oft davon ausgegangen, dass Bildende KünstlerInnen sprachlose Wesen sind, denen eine Bedeutung übergestülpt werden muss- sei es durch die oft schlecht bis gar nicht recherchierten Inhalte von Kunstwerken in den Auktionsmärkten oder das textlastige Internet, das auch vordigitale Kunst instrumentalisiert. Die Texte auf meinen Kunstwerken sind im digitalen System widerständig, da sie oft auf den verkleinerten Onlineabbildungen nicht lesbar sind, frau/man also mit dem Original vorlieb nehmen muss, um etwas zu verstehen.

Sie waren mit Ihrem Werk bereits vor über 10 Jahren in Südtirol bei einer Ausstellung im Museion in Bozen präsent. Worum ging es damals?

Die Ausstellung in Bozen im Jahr 2004 war mit dem Begriff „Seven Sins“ betitelt und hat sich an den sogenannten sieben Todsünden (Wollust, Zorn, Neid, Völlerei, Hochmut, Trägheit und Habgier) orientiert. Mir wurde damals die sogenannte Luxuria (Wollust) zugeordnet, die ich mit einem vor Ort produzierten 16 teiligen Bildzyklus illustriert habe, der mit 16 verschiedenen Sprachen versehen war. Meine Wollust hat sich damals als Vielreisende in der Lust, die Welt mit möglichst vielen Sprachen zu erfassen, ausgedrückt.

Womit beschäftigen Sie sich aktuell?

Derzeit beschäftige ich mich mit dem der Demokratie entrissenen Justizsystem in Österreich, über das ich einen Fotoroman schreibe.

Interessiert Sie die Meinung der Betrachter oder geht es Ihnen schlichtweg nur darum sich selbst auszudrücken?

Die Meinung der BetrachterInnen interessiert mich nur, wenn sie sich auf demselben intellektuellen Level befinden, wie ich.

Wie definieren Sie Ihre Art der Kunst? Welche Werte formulieren Sie in Ihrer Kunst und ist eine prinzipielle Avantgarde in der Kunstwelt erforderlich?

Meine Kunst ist seit den 80Jahren aus einem Klima einer damals teilweise vorherrschenden Idee eines politischen Freiheitsbegriffes entstanden. Romane wie u.a. „1984“ und „Brave New World“ haben eine medienkritische Generation geprägt, deren Werte nun schon seit längerer Zeit durch Großkonzerne wie u.a. Facebook und Google und Monsanto zertrümmert werden. Werte in meiner Kunst sind außer der immer inhärenten kritischen Funktion auch die Langlebigkeit von haltbarer Bildender Kunst in einem sich an der Schnelligkeit der Modebranche orientierenden aktuellen Kunstbetrieb. Meine Kunst existiert in ihrer prägenden Form seit 1985 und ist somit länger andauernd als die meisten Kriege, was mich immer wieder fasziniert. Es ist derzeit eine Avantgarde erforderlich, die sich mit großem Fachwissen kritisch mit den internationalen Medienkonzernen auseinandersetzt und sich auf die ursprünglich militärisch ausgerichtete Funktion des Internets mit dem Ziel, einen totalen Überwachungsstaat zu kreieren, auseinandersetzt.

Die von Elisabeth Maireth kuratierte Ausstellung „5 Positionen“ ist der Kunst von fünf zeitgenössischen Künstlerinnen gewidmet: Ilse Abka Prandstetter, Marie-Cecile Boog, Gutta Lageder, Susanne Loewit und Elke Silvia Krystufek.

Jeder der fünf Künstlerinnen ist ein eigener Raum gewidmet.

Die Ausstellung ist noch bis zum 17.06.2018 im Schloss Kastelbell von DI-SA 14-18 Uhr und SO 11-18 Uhr für Besucher öffentlich zugänglich.

 

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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