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Tödliche Gülle 

Gar einige Bauern leiten Gülle oder Mist in Wasserläufe ein: Der Landesfischereiverband beklagt ein großes Problem. Mit welchen Strafen diese Landwirte rechnen müssen. 

von Erna Egger 

„Wir haben einige krasse Fälle“ und „das ist ein großes Problem.“ Diese Worte stammen von Rudi Messner. Allzu oft muss der Vizepräsident im Landesfischereiverband Südtirol den stechenden Geruch von Gülle nahe von Bächen wahrnehmen. „An manchen Tagen riecht das Wasser, in dem wir fischen, regelrecht nach Gülle. Das kann es nicht sein!“, poltert er. Jedes Mal steigt Zorn in ihm hoch. Er weiß: Wieder hat ein Bauer Jauche in den Bach geleitet oder die Abstände zum Gewässer nicht eingehalten, wieder wurden die frisch geschlüpften oder aufwendig nachgezüchteten Jungfische getötet. „Der Großteil der Bauern handelt vorbildlich. Leider gibt es aber auch einige schwarze Schafe, denen nicht bewusst ist, welchen Schaden sie verursachen, wenn sie leichtfertig Gülle oder Mist in die Gewässer einleiten“, so Messner.

Unter diesen schwarzen Schafen gibt aus auch einige unverbesserliche Bauern, die keine Einsicht zeigen.
Besonders die kleinen Gräben und Seitengewässer dienen den Fischen als Brutstätte und Kinderstube. Auch leben in hiesigen Bächen noch autochthone Fische, wie die Marmorierte Forelle, und geschützte, sehr selten gewordene Kleinfischarten, die es zu schützen gilt. „Durch intensive Gülle- oder Misteinleitungen wird dieser Lebensraum verseucht und die Jungfische verenden meist erbärmlich“, beklagt Messner.

Neben Gewässern nahe von Obstwiesen und Gemüseplantagen und allen Zonen, wo intensive Milchwirtschaft betrieben wird, kommt es regelmäßig zu ärgerlichen Verschmutzungen.

Letzthin haben sich im Wipptal und im unteren Pustertal die Vorfälle gehäuft: „Diese Bauern sind sich nicht bewusst, was ihnen blüht, wenn sie bei vorsätzlicher Tat ertappt werden. Die Sanktionen für solche Vergehen gehen, je nach Intensivität der Sachlage, von hohen Geldstrafen bis zur Strafanzeige“, warnt Messner.

Die Ausbringung von Gülle auf gefrorenem Boden oder Schnee, die verboten ist, wird mit 150 bis 450 Euro geahndet. Wird hingegen Jauche in ein Gewässer eingeleitet, droht eine Geldbuße zwischen 500 und 1.500 Euro. „Die  Strafanzeige ist die letzte von mehreren Maßnahmen. Außerdem wird zwischen reversible und irreversible Schäden unterschieden“, sagt Robert Faes, Direktor im Amt für Gewässerschutz.

Zuerst wird der Bauer verwarnt. Hat die Gülle jedoch bereits einen nicht wieder gut zu machenden Schaden angerichtet und/oder der Bauer zeigt sich nicht einsichtig, wird eine Verwaltungsstrafe ausgestellt. Wird er  abermals bei der Einleitung von Gülle erwischt, kommt es zur Strafanzeige und folglich zum Gerichtsverfahren.

Die Aufseher des Landesfischereiverbandes sind erst kürzlich tätig geworden: Sie haben in genannten Zonen einige Fälle über die Forstbehörde zur Anzeige gebracht, die nicht mehr akzeptabel waren.

Die Strafen stellen das Amt für Gewässerschutz und die Forststationen aus.

„2017  wurden im Bereich Landwirtschaft insgesamt 25 Verwaltungsstrafen ausgestellt. Diese betrafen vor allem Verstöße gegen die Bestimmungen der fachgerechten Lagerung von Mistlegen, Jauchegruben, usw. und die unsachgemäße Ausbringung von Wirtschaftsdüngern“, berichtet Faes.

Die Materie wird vom Dekret des Landeshauptmannes vom 21. Jänner 2008 geregelt: Beim Ausbringen von Gülle und Mist neben natürlichen Wasserläufen und künstlichen Abzugsgräben des Hauptabflussnetzes ohne Damm muss ein Mindestabstand von fünf Metern von der höchsten Wasserstandgrenze waagrecht zum angrenzenden Feld eingehalten werden. Neben Seen gilt ein Mindestabstand von zehn Metern. Verboten ist auch die Ausbringung von Jauche auf wassergesättigten und überschwemmten Böden sowie auf Böden mit anstehendem Grundwasser oder mit aktiven Rutschungen sowie in Hanglagen zum Gewässer ohne Damm. Die Ausbringung von Dünger auf geneigten landwirtschaftlichen Böden muss generell so durchgeführt werden, dass ein Abrinnen in Richtung Oberflächengewässer verhindert wird. „Diese Gefahr besteht vor allem bei der Ausbringung von Jauche oder Gülle auf Saatböden mit einer Neigung von mehr als 20 Prozent in Richtung Wasserlauf“, so Messner. Mist, der im Herbst in Hanglage und Ufernähe ausgebracht wurde, gefriert, taut im Frühjahr wieder auf und wird zusammen mit dem Tauwasser in den Bach geschwemmt. „Wer in Ufernähe unbedingt Gülle und Mist ausbringen muss, sollte danach zumindest sofort umpflügen, um die Konzentration zu verringern“, verlangt der Vizepräsident.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (27)

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  • heinz

    Es braucht endlich eine ordentliche Reduzierung der zugelassenen Viehstückzahl pro Flächeneinheit. Die Folgen der Überdüngung sind, dass immer weniger Wildblumen wachsen und das Grundwasser verschmutzt wird. Dies alles wirkt sich drastisch auf den Biokreislauf aus.

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