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„Lasst uns in Ruhe“

Sven Knoll

Sven Knoll sorgt im Regionalrat mit einem Sager für einen Eklat. Die Trentiner Abgeordneten fühlen sich vom Frontmann der Süd-Tiroler Freiheit diskriminiert – und fordern eine Intervention von Präsident Thomas Widmann. Das Wortprotokoll.

Von Matthias Kofler

Mittwoch, 15:08 Uhr in Bozen: Der Regionalrat behandelt gerade einen Beschlussantrag der Trentiner Opposition, mit dem die Regionalregierung verpflichtet werden soll, den Vorschlag des Veneto hinsichtlich einer gemeinsamen Bewerbung für die Olympischen Winterspiele 2026 zu unterstützen. Nach Beratungen innerhalb der Mehrheit wird der Text neu formuliert. Präsident Thomas Widmann gibt die Abstimmung frei, unterbricht diese aber sofort wieder, weil mehrere Abgeordnete auf technische Probleme beim Abstimmungsgerät hinweisen. Zudem ist der Einbringer des Antrags, der Trentiner Giacomo Bezzi, noch nicht in die Aula zurückgekehrt. Präsident Widmann kündigt an, die Abstimmung zu wiederholen, sobald Bezzi den Abgeordneten die Änderungen am Text erläutert hat. Sven Knoll ist mit der Vorgehensweise des Präsidenten nicht einverstanden und ergreift das Wort.

 

Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit): Herr Präsident, wenn abgestimmt wird, dann hat keiner mehr etwas zu sagen! (Einige Trentiner protestieren lautstark) Ja, wenn ihr andere Dinge tut, liebe Kollegen aus dem Trentino … Das ist so! Ich erinnere daran, dass wir schon am Vormittag die Sitzung unterbrechen mussten, weil ihr irgendetwas regeln wolltet. Jetzt haben wir wieder unterbrochen. Regelt doch eure Dinge im Trentino und haltet uns hier nicht ständig damit auf! Wir müssen uns den ganzen Tag mit Dingen beschäftigen, die uns eigentlich nichts angehen. Macht das unten im Trentiner Landtag, aber lasst uns damit in Ruhe! Wir wollen arbeiten und nicht mit solchen Dingen die Zeit vergeuden!

 

Daraufhin nimmt Knoll wieder Platz. Thomas Widmann merkt sogleich, dass sich einige Trentiner Abgeordneten auf den Schlips getreten fühlen.

 

Der Präsident sagt: Herr Kollege Knoll, ich will Ihnen sagen, dass ich das nicht so sehe! Und es ist auch nicht so, dass alle Abgeordneten der Bozner Mehrheit pünktlich erschienen sind. Wir haben ausgemacht, dass wir die Sitzung um 14:45 Uhr wieder aufnehmen. Jetzt ist es 15:08 Uhr. Nicht jeder konnte wissen, dass wir erst um 08 beginnen, auch wenn ich schon lange geläutet habe. Deshalb ist es korrekt, dass wir dem Einbringer des Antrags zumindest die Möglichkeit geben, die Änderungen zu erläutern. Bitte, Herr Kollege Heiss, zum Fortgang der Arbeiten.

 

Hans Heiss (Grüne): Ich möchte schon sagen, dass ich es nicht für zielführend erachte, wenn wir mitten in einer Abstimmung wieder auf Los zurückgehen. Gleichzeitig möchte ich mich aber vom Kollegen Knoll distanzieren, weil ich solche Versuche der Intervention wie die des Kollegen Bezzi nicht als Trentiner Spezialität betrachte. Das, was Kollege Knoll gesagt hat, möchte ich schon ablehnen. Nicht dass sich die Trentiner hier diskriminiert wissen! Das geht wirklich nicht. Das ging über die Hutschnur, Kollege Knoll!

 

Auch die Trentiner Abgeordneten wollen auf den Knoll-Sager replizieren.

Rodolfo Borga (Civica Trentino): Ich möchte keine Polemiken gegen irgendjemanden machen, auch nicht gegen den Kollegen Knoll. Doch das ist nicht das erste Mal, dass ich als Trentiner hier in diese Aula komme und von einem Südtiroler Kollegen belehrt werde. Ich leide bestimmt nicht unter Minderwertigkeitsgefühlen gegenüber den Südtirolern. Ich fordere Sie, Herr Präsident, auf, ein für alle Mal klarzustellen, dass wir uns hier in einer Aula des Regionalrats befinden. Wir brauchen solche Belehrungen nicht – und ich fühle mich davon auch unterdrückt.

 

Thomas Widmann versucht, in der aufgeheizten Stimmung besänftigende Worte zu finden: Kollege Borga, ich kann Sie verstehen. Und ich würde auch nicht Trennungen zwischen Südtirolern, Trentinern oder sonst etwas machen. Jeder von uns hier weiß, wie die Geschäftsordnung aussieht und versucht, sich daran zu halten.

 

Alessandro Savoi will trotzdem das Wort ergreifen.

 

Der für Maurizio Fugatti in den Regionalrat nachgerückte Leghista sagt: Ich bin heute zum ersten Mal in dieser Aula, doch die Konfusion ist die gleiche wie vor fünf Jahren. Schlimmer als schlimm! Es war die Mehrheit, die eine Unterbrechung gefordert hat. Wenn ich Kollege Knöll (sic) hören rede, der sagt, dass ihn diese Dinge nicht interessieren: Jemand kann für oder gegen etwas sein! Aber zu sagen, die Probleme dieser Aula interessieren mich nicht, ist nicht akzeptabel. Damit wird diese Aula beleidigt.

 

Alessandro Urzì (Alto Adige nel Cuore): Herr Knoll, das hier ist der Regionalrat, der aus Abgeordneten aus Südtirol und dem Trentino besteht. Nehmen Sie das ein für alle Mal zur Kenntnis. Wir behandeln ein Thema, das die regionalen Interessen betrifft. Ich lade Sie, Herr Präsident ein, bei solchen Dingen einzuschreiten und den Respekt gegenüber dieser Aula zu verteidigen. Den Kollegen aus dem Trentino spreche ich die volle Solidarität aus. Wir arbeiten hier im Regionalrat, zu dem auch der Kollege Knolll gehört, im Interesse der Region.

 

Brigitte Foppa (Grüne): Auch ich möchte mich von den Versuchen distanzieren, den Südtiroler und den Trentiner Teil des Regionalrats auseinanderzudividieren. Ich erinnere den Kollegen Knoll daran, dass die Landtagsabgeordnete Eva Klotz in einer meiner ersten Sitzungen ganz deutlich gesagt hat, dass es zum demokratischen Respekt gehöre, alle Anliegen gleich zu behandeln. Deshalb geht es nicht zu sagen: Lasst uns arbeiten und lasst uns in Ruhe!

 

In der anschließenden Geheimabstimmung stimmen 27 Abgeordnete für den Olympia-Antrag und 25 dagegen.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (11)

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  • erich

    Da sagt der Knoll lasst uns arbeiten, genau derjenige der die Aula mit Träumereien und mit Anfragen aus der Mottenkiste beschäftigt.

  • andreas

    Es klingt als hätte der Regionalrat ein Problem mit der Disziplin.

    Die Sitzung beginnt zu spät, nicht mal der Antragsteller sieht es für notwendig an, pünktlich zu sein.

    Auch ist es unlogisch, wenn Widmann die Abstimmung freigibt, nach technischen Problemen dann aber zusätzlich noch auf die Erklärungen des Antragstellers warten will.

    Wenn ein Herr Borga sich unterdrückt fühlt, sollte er mal nachschlagen, was Unterdrückung bedeutet.

    Unabhängig davon, dass eine Olympiade auszurichten ein Unsinn ist, da die Kosten durch die Halsabschneider des IOC und dem Größenwahn mancher Veranstalter einfach zu hoch sind.

    Die Aussage von Foppa hat nebenbei nichts mit dem Vorfall zu tun. Knoll fordert nur Disziplin und einen üblichen Verlauf einer Abstimmung ein.

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