Du befindest dich hier: Home » News » Die eklatante Rettungspanne

Die eklatante Rettungspanne

Foto: Heli Tirol

Eklatante Rettungspanne nach dem Lawinenabgang am vergangenen Samstag auf der Timmelsalm: Die Südtiroler Leitstelle hat offenbar österreichische Hilfe abgelehnt, obwohl ein Hubschrauber von Heli Tirol nur drei Flugminuten vom Unglücksort entfernt war.

Nach dem Lawinenabgang am vergangenen Samstag oberhalb der Timmelsalm ist es offenbar zu einer eklatanten Panne gekommen.

Nach Darstellung von Heli Tirol hat die Landesleitstelle in Bozen ein Hilfsangebot der Innsbrucker Leitstelle abgelehnt – obwohl der österreichische Hubschrauber „Martin 8“ zur fraglichen Zeit nur drei Flugminuten von der Unglücksstelle entfernt war!

Von wegen grenzüberschreitende Zusammenarbeit, die erst vor wenigen Tagen von den politisch Verantwortlichen propagiert und inszeniert worden war!

Weil die Bozner Landesleitstelle das Angebot der Innsbrucker Leitstelle ausgeschlagen hat und der Südtiroler Rettungshubschrauber aufgrund der Witterungsbedingungen nicht sofort von Süden her zur Unglücksstelle vordringen konnte, musste eine lebensgefährlich verletzte Verschüttete – immer nach Darstellung von Heli Tirol – über eine Stunde lang auf Hilfe warten.

Die Firma Heli Tirol mit Sitz in Karres hat LH Arno Kompatscher eine detaillierte Sachverhaltsdarstellung zukommen lassen.

Der Brief, der TAGESZEITUNG Online vorliegt, im Wortlaut:

„Sehr geehrter Herr Landeshauptmann Dr. Kompatscher!

Am 2. Februar 2018 fand am Brenner eine sehr gute Veranstaltung statt, wo sich Südtiroler und Tiroler Rettungsorganisationen präsentierten und von der Politik das klare Statement kam, dass zukünftig die Rettungsorganisationen noch enger zusammen arbeiten.

Aus unserer Erfahrung gehen wir davon aus, dass sich die zuständigen Politiker ernsthaft um eine engere Zusammenarbeit bemühen (Vertreter beider Länder haben dies klar zum Ausdruck gebracht), um für die Patienten eine optimale Versorgung zu gewährleisten.

Die Praxis sieht leider etwas anders aus, bei den Systemen in Südtirol scheint diese Absicht noch nicht angekommen zu sein:

Am 31. März 2018 ging um 12.10 Uhr in Österreich ein Notruf über einen Lawinenabgang oberhalb der Timmelsalm ein, mit der Meldung ,Ganzkörperverschütteten‘ eventuell mehrere Verschüttete.

Da der Notfallsort eindeutig in Südtirol lag wurde der Einsatz um 12.15 Uhr an die Landesleitstelle Bozen übergeben, mit dem Hinweis, dass der ca. 3 Flugminuten entfernte Notarzthubschrauber ,Martin 8′ einsatzbereit sei und sofort entsendet werden könnte.

Brief von Heli Tirol an LH Kompatscher

Dieses Angebot wurde von der Landesleitstelle in Bozen abgelehnt und Südtiroler Rettungskräfte (Bergrettung und der Rettungshubschrauber Pelikan) alarmiert.

Um 13.05 Uhr meldete sich die Leitstelle Bozen in Innsbruck und teilte mit, dass die Südtiroler Rettungskräfte zwar in der Nähe sind, aber aufgrund des starken Nebels von Süden her nicht zum Unglücksort kommen – von Norden her sieht das Wetter wesentlich besser aus.

Die Leitstelle Innsbruck alarmierte um 13.07 Uhr Martin 8 – zu diesem Zeitpunkt waren seit dem Notruf bereits 57 Minuten verstrichen.

Um 13.11 Uhr wurde Martin 8 storniert, da die Südtiroler Einsatzkräfte doch noch zum Lawinenhang gelangen konnten.

Es wurde eine 4-köpfige Gruppe von einer Lawine mitgerissen, wovon 2 Personen verschüttet wurden. Eine verschüttete Person konnte sich selbst befreien. Eine deutsche Skitourengeherin war ca. eine halbe Stunde verschüttet, bis sie von ihren Begleitern befreit werden konnte. Ihre Körpertemperatur war bereits auf 33° gesunken, sie erlitt eine Lungenquetschung und Wirbelverletzungen – absolute Lebensgefahr!

Nach der Bergung und Erstversorgung wurde die Patientin in das Landeskrankenhaus Bozen geflogen und nach einer Erstbehandlung in ein deutsches Krankenhaus verlegt.

Aufgrund der näher zu hinterfragenden mangelnden Zusammenarbeit der Tiroler und Südtiroler Rettungseinheiten musste der Verschüttete zumindest 1 Stunde auf die lebensrettende Hilfe warten, obwohl hochprofessionelle Hilfe angeboten wurde und innerhalb von längstens 5 Minuten beim Verschütteten hätte eintreffen können.

Die Überlebenschancen bei einem Ganzkörperverschütteten sinken auf 34 % ab, wenn der Verschüttete für einen Zeitraum von 18 bis 35 Minuten unter der Lawine liegt. Beiden Leitstellen war die Lebensgefahr der deutschen Touristen bekannt/bewußt!

Es ist vollkommen unverständlich, warum die Leitstelle in Bozen das Angebot der Innsbrucker Leitstelle zur Entsendung des österreichischen Notarzthubschraubers trotz Lebensfahr ablehnte. Alle sprechen vom Wohl des Patienten, dieser fällt aber offenbar mangelhafter Zusammenarbeit zum Opfer bzw. muss über eine Stunde auf lebensrettende Hilfe warten.

Im Sinne der Patienten ersuchen wir Sie, auf die Verantwortlichen im Südtiroler Rettungswesen dahingehend einzuwirken, Ländergrenzen abzubauen und eine intensive Zusammenarbeit in der Praxis zu verwirklichen.

Für den Tourismus sind derartige Vorfälle mehr als kontraproduktiv – insbesondere dann, wenn in deutschen Medien über eine nichtfunktionierende Rettungskette in ,Tirol‘ berichtet wird – da wird dann kein Unterschied zwischen Nord- und Südtirol gemacht.“

 

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (24)

Lesen Sie die Netiquette und die Nutzerbedingungen

  • huggy

    Mir unverständlich diese Überheblichkeit der Rettungsleitstelle in Bozen

  • andreas

    Der Artikel stützt sich nur auf Aussagen der Österreicher.
    Warum kann TZ nicht endlich mal eine Gegenseite zu Wort kommen lassen, damit man auch deren Sicht lesen kann?

  • prof

    Bevor hier Blödsinn verzapft wird,sollen wohl alle froh sein wenn sie nie einen Rettungs-Heli brauchen.

  • saustall_kritiker

    Ich sehe das immer wieder, wie längst abgebaute Grenzbalken in manchen Köpfen, vor allem südlich des Brenners (die vor allem dem geldgierigeren Teil unserer Gesellschaft gehören) noch weiter existieren und auf diese Weise der tolle Gedanke der Europaregion Tirol und damit einhergehend die endlich fällige Abschaffung der Nationalstaaten in der EU de facto zur Sau gemacht wird. Selbst wenn es um Leben und Tod geht. Da wird, man stelle sich vor, sogar die wenige km entfernte Tirolmilch als ausländisch bezeichnet und Orangen aus Sizilien als einheimisch, wobei laut Hausverstand wohl nur die Km-Entfernung zählen sollte….so pervers sind einige unserer Zeitgenossen, eine Schande! Ich schäme mich bodenlos für so viel Dummheit! Von den Großverdienern der Handelskammer gar nicht zu reden, wenn sie alles tun, um die lobenswerten Inititativen der Nordtiroler bei dem Transit zu torpedieren, zum Glück ohne Erfolg. Ich muss da immer drei Stunden fasten, wenn ich dran denke, um mich nicht zu übernehmen….

Kommentar abgeben

Du musst dich EINLOGGEN um einen Kommentar abzugeben.

2024 ® © Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH/Srl Impressum | Privacy Policy | Netiquette & Nutzerbedingungen | AGB | Privacy-Einstellungen

Nach oben scrollen