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„So scheitern wir kläglich“

Abänderungsanträge wie am Fließband, unterschiedliche Interessensgruppen und Zoff ums Inkrafttreten des neuen Gesetzes: Warum die Urbanistikreform für Richard Theiner zur Schwergeburt wird.

Von Matthias Kofler

Die Abgeordneten haben sich am Montag „gnädig“ gezeigt: Da das zuständige Amt des Landtags faktisch außerstande war, die unzähligen, weil weit im Hunderter-Bereich liegenden Abänderungsanträge zum Gesetzentwurf für Raum und Landschaft rechtzeitig zu übersetzen, unterbrach Albert Wurzer schon am Vormittag die Sitzung des 2. Gesetzgebungsausschusses. Die Behandlung des 104 Artikel umfassenden Theiner-Gesetzentwurfs wird heute fortgesetzt. Allerdings nur bis Artikel 17. Denn allein zu diesem ersten Block lagen – Stand gestern Nachmittag – über Hundert Abänderungsanträge vor. Dieses Gesetz sei „ein Wahnsinnsapparat“, bringt es der Abgeordnete Bernhard Zimmerhofer auf den Punkt. Viel zu viele unterschiedliche Interessen – vom HGV über den Alpenverein bis hin zu den Umweltverbänden – würden hier unter einen Hut gebracht. Streit sei daher schon vorprogrammiert.

Wie weit die Meinungen über den Gesetzentwurf auseinandergehen, zeigte sich bei der gestrigen Generaldebatte des Gesetzgebungsausschusses. Schon die simpelsten Fragen – etwa jene nach dem Inkrafttreten der Reform – sorgten für hitzige Debatten. Landesrat Richard Theiner, der mit der Urbanistikreform sein politisches Lebenswerk krönen will, erklärte, dass die vorgesehenen Änderungen schon am 1. Januar 2019 greifen sollen. Dies sei viel zu früh, entgegnete ihm sein Parteikollege Sepp Noggler; die Reform könne frühestens im Jahr 2021 greifen.

Der Vinschger Bauern-Vertreter hob in seiner Wortmeldung hervor, dass die Gemeinden derzeit noch nicht ausreichend vorbereitet seien, um die neuen Bestimmungen praktisch umsetzen zu können. Auch die in Zukunft anfallenden Kosten seien zum jetzigen Zeitpunkt nicht quantifizierbar. Zudem, so erklärte Noggler weiten, müssten die Baubeamten, also die für das Bauamt Verantwortlichen, für ihre neue Aufgabe erst einmal ordentlich eingeschult werden. „Das geht nicht an einem einzigen Nachmittag“, sagte der SVP-Abgeordnete. „Wenn wir sagen, das Gesetz soll in einem halben Jahr schon greifen, dann werden wir kläglich scheitern“, prognostizierte Noggler und forderte eine Verschiebung des Termins auf Januar 2021. „Im Frühjahr 2020 werden die Gemeinderäte neu gewählt und im darauffolgenden Herbst die Kommissionen neu bestellt. Wenn wir erst 2021 starten, dann hätten die Kommissionen drei Monate Zeit, um sich auf die neuen Aufgaben vorzubereiten.“

Kritik am Theiner-Gesetz kam selbstredend auch vonseiten der Opposition. „Wir wollen ein lesbares und für alle – also auch für die einfachen Leute – verständliches Gesetz“, sagte Bernhard Zimmerhofer von der Süd-Tiroler Freiheit. Diese Voraussetzung erfülle das komplizierte Konglomerat der Landesregierung nicht.

Auch Zimmerhofer hat schon eine Reihe von Abänderungsanträgen vorbereitet: So fordert der Abgeordnete etwa, dass in jenen Gemeinden, in denen der Zweitwohnungsanteil bereits über zehn Prozent liege, die Neuausweisung für Konventionierungen zu Hundert Prozent an Einheimische gehen müsse. Zudem müssten leerstehende Wohnungen und Fabrikgebäude enteignet und dann neu genutzt werden. Der Abgeordnete der Süd-Tiroler Freiheit wies darauf hin, dass schon jetzt mehr als die Hälfte der bebaubaren Landfläche in Südtirol verbaut sei. Gleichzeitig wachse die Bevölkerung monatlich um 1.000 Menschen; einige Gemeinden wie Ritten oder Jenesien litten bereits unter Wasserknappheit. „Wo soll das hinführen?“, fragte sich Zimmerhofer.

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