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„Die Ehre des Staates“

Die Kassation hebt den zweitinstanzlichen Freispruch von Eva Klotz & Co. zum Besen-Plakat auf. Mit einer Begründung, an der das nun zuständige Oberlandesgericht Trient schwer vorbeikommen wird.

Von Thomas Vikoler

Es geht um einen Fall, der sich von den Betroffenen stets politisch ausgeschlachtet werden kann: Bei einem Freispruch – so wie im Jänner 2016 am Oberlandesgericht Bozen erfolgt – wird die Gesetzmäßigkeit der eigenen Handlungen ins Feld geführt werden. Ein Schuldspruch – so wie in der ersten Instanz am Landesgericht – ist hingegen für Ressentiments gegen einen vermeintlich rückständigen Staat (und dessen Justiz) gewertet werden, der seine Symbole verteidigt.

Das Endlos-Verfahren wegen Schmähung gegen drei Exponenten der Südtiroler Freiheit – Eva Klotz, Sven Knoll und Werner Thaler – in Gestalt des sogenannten Besenplakats aus dem Jahre 2010 geht das Hin und Her der Argumente nun weiter. Die Kassation hatte am 26. Oktober den überraschenden Freispruch durch das Oberlandesgericht aufgehoben.

Nun liegt die Urteilsbegründung vor, die nicht nur den früheren Bozner Oberstaatsanwalt Guido Rispoli, Ankläger in der ersten Instanz, freut. Die römischen Höchstrichter kommen zum Schluss, dass mit dem Kehraus-Plakat (begleitet vom Slogan „Auf Italien kann Südtirol verzichten“) die Grenze der Kritik überschritten wurde.

„Das Recht auf Kritik darf nicht in Ausdrücken der Beleidigung und der Verachtung ausarten, welche die Ehre des Staates und der Institutionen verletzen, also derben und brutalen Angriffen, die nichts mit einer objektiven Kritik zu tun haben“, heißt es abschließend in der zehnseitigen Begründung der Ersten Sektion der Kassation.

Diese stützt sich in dem Urteil auf einer Reihe von früheren Kassationsurteilen.

Das Besenplakat wird in der Begründung wörtlich als „objektiv beleidigend“ bezeichnet. Ein Besen sei ein „deutliches Symbol des Saubermachens“, das in diesem Fall etwas wegfege, was als Schmutz dargestellt werde: Den italienischen Trikolore. Dieser sei aber durch das Gesetz geschützt, ebenso wie die Meinungsfreiheit. Diese sei, wie die Kassationsrichter schreiben, durch das Besenplakat überstrapaziert worden. Die Bedeutung des Begriffs des „Kehrauses“, dem das Oberlandesgericht Bozen erheblichen Raum gegeben hatte, sei das unerheblich.

Erwähnt wird in der Begründung auch eine Aussage der Angeklagten, wonach sich das Plakat nicht gegen die Italiener in Südtirol richte, sondern gegen den italienischen Staat. Deshalb gehen die römischen Richter von einem „allgemeinen Vorsatz“ der zweitinstanzlich Freigesprochenen aus.

Der Rekurs gegen den Freispruch des Oberlandesgerichts, gegen den Generalstaatsanwältin Alessandra Burei Beschwerde eingelegt hatte, sei also begründet.

Nun geht der Fall zu einer neuerlichen Überprüfung an das Oberlandesgericht Trient, wo im Laufe dieses Jahres eine zweite Berufungsverhandlung stattfinden sollte. Die Trienter Richter dürften an der expliziten Begründung der Ersten Sektion der Kassation vorbeikommen. Diese stellt dem Oberlandesgericht Trient zwar frei, über den Fall „in voller Autonomie“ zu urteilen. Allerdings mit einer Begründung ohne „logische und rechtliche Mängel“ wie jene des Oberlandesgerichts Bozen.

 

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