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Grapschender Hüttenwirt

Foto: 123rf

Am Bozner Landesgericht startet der Prozess gegen den ehemaligen Direktor einer Ski-Hütte in Innichen, dem inzwischen mehrere Kellnerinnen sexuelle Belästigung vorwerfen. Und die Version des mutmaßlichen Haupt-Opfers bestätigen.

Von Thomas Vikoler

Ein halbes Dutzend Frauen wartet vor Verhandlungssaal A des Bozner Landesgerichts: Zeuginnen im Hauptverfahren gegen H.W., 61, dem ehemaligen Direktor der Riese-Haunold-Hütte in Innichen.

Eine 32-jährige Kellnerin des Lokals, das der Liftgesellschaft Sextner Dolomiten gehört, hatte H.W. im Frühjahr 2015 wegen sexueller Gewalt und Belästigung angezeigt.

Laut Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Bozen hat der Direktor die Kellnerin mehrmals genötigt, „unter Androhung von Gewalt sexuelle Handlungen über sich ergehen zu lassen“.

Mehrere ehemalige Kolleginnen der aus der Dominikanischen Republik stammenden Frau haben die Darstellung des mutmaßlichen Opfers weitgehend bestätigt.

Nicht nur das:

Sie erklärten im Zeugenstand, selbst Opfer sexueller Übergriffe seitens des Direktors geworden zu sein, ohne allerdings deswegen Anzeige erstattet zu haben.

Die Zeuginnen zeichneten das Bild eines Chefs, der sich das Recht herausnahm, seine Untergebenen nach Lust und Laune zu begrapschen und mit Bemerkungen sexuellen Inhalts zu belästigen.

Ein kleiner Harvey Weinstein.

Die Anzeige des mutmaßlichen Haupt-Opfers ist äußerst umfangreich und detailliert. Demnach hatte sich der Angeklagte ihr gegenüber zunächst vergleichsweise normal verhalten. Bis er begann, der Kellnerin vor Kollegen wenig elegante sexuelle Avancen zu machen. „Wenn niemand anderes anwesend war, begann er mich zu befingern“, heißt es in der Strafanzeige. Dazu Sätze wie diese: „Zeige mir deinen Busen“. Es folgten anzügliche Postings auf Facebook und verbale Belästigungen „pornografischen Inhalts“.

H.W., inzwischen vom Chefkoch zum Direktor aufgestiegen, hat die 32-jährige Kellnerin, immer laut Anzeige, „unzählige Male“ am Hintern begrapscht. Sie sagt, sie habe sich jedes Mal wiedersetzt.

Bis es – am 12. März 2015 – zu einem Zwischenfall vor Zeugen kam.

Der Restaurant-Leiter versetzte der Servierkraft beim Eintritt in das Lokal einen kräftigen Klaps auf den Po. Der Zeuge ist ausgerechnet der Ehemann der Anzeige-Erstatterin, der H.W. am nächsten Tag zur Rede stellte.

Er bestritt den Vorwurf der Ehefrau, der Ehemann wandte sich später wegen der Causa an Mark Winkler, dem Direktor der Liftgesellschaft Sextner Dolomiten. Dieser habe versprochen, etwas zu unternehmen.

Die Kellnerin, die sich als Zivilpartei in das Verfahren eingelassen hat, berichtet, sie sexuelle Belästigung durch ihren Chef sei stets von der Ungewissheit begleitet gewesen, ob sie und ihr Mann weiter (auch in der nächsten Saison) in dem Betrieb Arbeit finden würden. Deshalb habe sie zunächst von einer Anzeige abgesehen.

Der Prozess am Landesgericht Bozen wird am 5. Februar mit der Anhörung von fünf Zeugen der Verteidigung fortgesetzt. H.W. bestreitet alle Vorwürfe, auch wenn er am Montag von einem Teil des damaligen Personals schwer belastet worden ist.

 

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